Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Ruwe verabschie­det sich vom TUS 97

Handball: Der Trainer der Drittliga-frauen hört zum Saisonende auf. Insbesonde­re über das Tempo beim Schaffen neuer Strukturen herrscht in Jöllenbeck Uneinigkei­t.

- Von Uwe Kleinschmi­dt

Bielefeld. Die Drittliga-handballer­innen des TUS 97 Bielefeld-jöllenbeck sind kurz vor dem Ziel. Sportlich läuft’s mit dem Ausgleich des Punktekont­os auf 20:20 prächtig. Alle Zeichen stehen auf Klassenerh­alt. Der würde dann auch noch mit dem Trainer Heiko Ruwe gefeiert werden – weiter geht es mit ihm aber nicht. Am Montagaben­d informiert­e Ruwe die Mannschaft nach dem Training darüber, dass die letzten beiden Saisonspie­le auch seine beiden letzten am Spielfeldr­and sein werden.

„Es war jetzt höchste Zeit, die Entscheidu­ng zu treffen und dann auch zu verkünden“, sagt Ruwe. „Der Grund liegt ein bisschen tiefer. Mir fehlt rund um die Mannschaft, dass der Verein einen Plan, eine Philosophi­e entwickelt, die die nächsten drei bis fünf Jahre betrifft. Um das klar zu sagen: Mein Verhältnis zu allen handelnden Personen ist sehr gut. Ich kritisiere nicht, was zurzeit möglich ist und was nicht. Aber ich kann festlegen, welche Dinge für mich persönlich wichtig sind. Dazu gehört eine konzeption­elle Ausrichtun­g mit dem Bekenntnis zum leistungso­rientierte­n Handball mit mutigen Entscheidu­ngen.“Dabei sei nicht seine Person oder Position wichtig, sondern die klare Vision.

Offensicht­lich wird mit solch einem Statement die Kluft zwischen einer rein ehrenamtli­ch geführten Abteilung (mit einer herausrage­nden Jugendarbe­it) und der Einführung von profession­elleren Strukturen rund um das Spitzentea­m. Das kann physiother­apeutische Betreuung betreffen, Trainings-hallenzeit­en, Besuche im FitnessStu­dio oder eben auch Entschädig­ungen für den hohen Aufwand der Spielerinn­en. Eine enorm große Herausford­erung für die Mannschaft um Frauenwart­in Tanja Höner und den Vorsitzend­en Dirk Rabeneick. Der sagt: „Man kann durchaus unterschie­dlicher Meinung darüber sein, was das Tempo beim Schaffen von neuen Strukturen anbelangt. Ich meine, dass wir schon viel auf den Weg gebracht haben. Was mir Heiko Ruwe auch bestätigt hat. Aber wir können das auch nicht von Null auf Hundert hinbekomme­n.“Schließlic­h sei der Aufstieg in die 3. Liga vor nur einemjahr so nicht planbar gewesen. Und es habe bereits eine Verschiebu­ng der Budgets von den Männern zu den Frauen hin zu einem Gleichverh­ältnis gegeben.

Ruwe hatte die DamenManns­chaft vor zwei Jahren als Oberligist­en übernommen. In diese Klasse war sie 2020 als Dritter der Verbandsli­ga im Zuge der coronabedi­ngten Quotienten-regelung gespült worden. Der damalige erste Vorsitzend­e Christian Heidemann sagte im April 2020: „Der Verein prüft nun die wirtschaft­liche Machbarkei­t des Projektes Oberliga – sehr wohlwollen­d.“Unter Trainer Kai Bierbaum gelang in der Folge der Klassenerh­alt, zuletzt zum Abschluss der Serie 2021/22 über eine gemeistert­e Abstiegsru­nde. Ruwe löste Bierbaum zum Sommer 2022 ab und erklärte: „Wenn ich so eine Aufgabe übernehme, dann mit einem gewissen Anspruch und einer guten Perspektiv­e.“Tatsächlic­h führte er die Mannschaft über eine Aufstiegsr­unde direkt in die 3. Liga. Die erste Drittliga-saison in der Jöllenbeck­er Vereinsges­chichte wollte Ruwe von Beginn an „nicht als Abenteuer“sehen: „Wir treten an, um uns zu etablieren.“Mit fünf externen Zugängensc­heint sich– nach Verletzung­spech zum Saisonbegi­nn – nun alles zu finden.

Weiter geht es ohne Ruwe: „Ich kann das nur machen, wenn ich einhundert­prozentig davon überzeugt bin und ich dafür brenne. Das war jetzt nicht mehr der Fall.“Das Binnenverh­ältnis zu den Spielerinn­en sei „super intakt“, wie Ruwe meint. „Jedenfalls macht es mir – und ich denke auch den Spielerinn­en – viel Spaß. Es hat ,gematcht’, wie man so sagt.“

Vor dem Abschied sind noch zwei Spiele zu spielen. Am

14. April die letzte Heimpartie gegen Recklingha­usen, am

20. April in Holzhausen gegen LIT Tribe 1912. „Darum bin ich jetzt überhaupt nicht in Abschiedss­timmung“, sagt Ruwe, „wir wollen schließlic­h noch vier Punkte holen.“

Frank Brennecke, selbst ernanntes „Mädchen für Alles“in der Abteilung und rund um das Frauen-team, hatte bei Kai Bierbaums Abschied 2022 gesagt:„manchmal trenntman sich, um etwas Neues zu beginnen.“

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Foto: Dieckmann Coach Heiko Ruwe justiert das Spiel seines Teams bei einer Auszeit neu. Er wird dies nur noch in zwei Partien tun.
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Foto: BTG Für die Btg-aktiven Marlene Spilker (v. l.), Ella Best und Irma Leuthardt gab es Medaillen bei der Nrw-meistersch­aft.

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