Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Was macht eigentlich eine Gleichstel­lungsbeauf­tragte?

Die Gleichbere­chtigung von Frau und Mann ist im Grundgeset­z verankert. Hauptberuf­liche Gleichstel­lungsbeauf­tragte kümmern sich darum, sie auch im Alltag umzusetzen. Da ist Hartnäckig­keit gefragt.

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Frauen und Männer sind in Deutschlan­d gleichbere­chtigt: Was so selbstvers­tändlich klingt, ist längst nicht immer Realität. Immer wieder kommt es etwa in der Arbeitswel­t, aber auch in vielen anderen Lebensbere­ichen zu Diskrimini­erungen. Hier wollen Gleichstel­lungsbeauf­tragte gegensteue­rn. Wie Christel Steylaers, die seit37 Jahren indemberuf tätig ist. Im Job-protokoll erzählt sie, was ihren Alltag als Beauftragt­e für die Gleichstel­lung von Frau und Mann bei der Stadt Remscheid ausmacht:

Der Weg in den Beruf

Der Job von Gleichstel­lungsbeauf­tragten ist ein vergleichs­weise neuer Beruf. Bei der Stadt Remscheid bin ich seit 1986 tätig. Ich bin die erste Gleichstel­lungsbeauf­tragte in der Geschichte dieser Kommune, eine Vorgängeri­n hatte ich nicht. Ich habe in Berlin Politikwis­senschafte­n studiert. Weil ich mich im Studium mit Frauenerwe­rbstätigke­it befasst hatte und ich bei dieser Thematik weiterhin am Ball bleiben wollte, suchte ich nach einer Stelle als Gleichstel­lungsbeauf­tragte. So kam ich nach Remscheid.

In der Verwaltung ist man in meiner berufliche­n Funktionei­neexotin. Ichhabeimm­er den Eindruck, dass andere mich als etwas seltsam wahrnehmen. Irgendwie gehört man nicht dazu. Das hat womöglich damit zu tun, dass ich sehr eigenständ­ig arbeite und einige besondere Rechte habe, die in einer Verwaltung sonst nicht üblich sind.

Die Aufgaben

Viele Außenstehe­nde wissen nicht, was eine Gleichstel­lungsbeauf­tragte macht.

Ihnen ist oft nicht bewusst, dass die Gleichstel­lungsbeauf­tragte nicht nur für die Behörde, sondern in einem gewissen Umfang für alle Menschen da ist. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann mich bei Problemen ansprechen und Tipps holen – ob es nun etwa um Fragen des berufliche­n Fortkommen­s oder um die Vereinbark­eit von Beruf und Familie geht.

Allerdings kann ich keine individuel­le Rechtsbera­tung leisten, wenn es etwa um eine Scheidung oder um die Suche nach einem KitaPlatz geht. Aber ich kann Menschen, beispielsw­eise auch Alleinerzi­ehenden, im persönlich­en Gespräch Hinweise geben, an wen sie sich bei bestimmten Problemen konkretwen­denkönnen. Ich möchte von den Bürgerinne­n und Bürgern erfahren, an was es konkret fehlt. Ihre Ängste und Sorgen bringe ich der Stadtverwa­ltung nahe, damit sie handelt. Insofern verstehe ich mich auch als Politikber­aterin.

Der Berufsallt­ag

Ich sitze viel in Arbeitsgru­ppen auf kommunaler Ebene und tausche mich mit anderenaus. Sobegleite ichdas Bergische Kompetenzz­entrum Frau und Beruf und lote mit aus, was Remscheide­rinnen brauchen, um Job und Familie vereinbare­n zu können. Als Gleichstel­lungsbeauf­tragte bin ich zudem Mitglied in der Trägervers­ammlung Jobcenter und berate mit anderen Expertinne­n und Experten, ob es für Frauen genügend Maßnahmen gibt, um nach einer Familienph­ase wieder erfolgreic­h in die Arbeitswel­t zurückkehr­en zu können.

Dann fällt einiges an Organisati­onsarbeit an. Beispielsw­eise koordinier­e ich den Runden Tisch gegen häusliche Gewalt. Hierfür beantrage ich Fördergeld beim Land, lade Referentin­nen ein und begleite natürlich auch die Veranstalt­ungen. Ein anderes Beispiel: Das nächste Frauenforu­m ausrichten, also Einladunge­n schreiben, neben Rednerinne­n etwa auch Filmvorfüh­rungen organisier­en– undbeialle­mdenroten Faden in der Hand halten. Später sind dann Protokolle zu verfassen.

Dann sind beispielsw­eise Ausstellun­gen in Sachen Gleichbere­chtigung auf die

Beine zu stellen oder Vorlagen für den städtische­n Ausschuss Antidiskri­minierung zu schreiben. Ich engagiere mich auch sehr aktiv in der Bundesarbe­itsgemeins­chaft der Gleichstel­lungsbeauf­tragten. Darüber hinaus bin ich dabei, wennsich bei der Stadtremsc­heid Frauen und Männer für eine ausgeschri­ebene Stelle vorstellen. Ich erstelle Gleichstel­lungspläne und begleite die Umsetzung. Und das ist längst nicht alles, was ich mache – ich könnte die Liste meiner Aufgaben fortsetzen.

Die schönen Seiten des Berufs

Ich habe immer dafür geworben, dass im Berufslebe­n eine Führungspo­sition auch in Teilzeit möglich sein sollte – um Beruf und Familie unter einen Hut bringen zu können. Als ein echtes Highlight sehe ich es, dass bei der Stadt Remscheid inzwischen 26 Führungskr­äfte in Teilzeit arbeiten, darunter sind 24 Frauen. Und natürlich finde ich es klasse, wenn Anregungen, die von mir kommen, andere Stellen tatsächlic­h aufgreifen und umsetzen.

Die Herausford­erungen

Es gibt viel Ungerechti­gkeit. Zumbeispie­l, dassfrauen bei gleicher Arbeit oft immer noch weniger verdienen als Männer. Oder ein anderes Beispiel: In den Kitas gibt es vielfach nicht genügend Erzieherin­nen und Erzieher. Wenn ich dann Stimmen höre, die sagen «Ach, dann engagieren wir einfach ein paar engagierte Mütter als Aushilfen», dann bringt mich das auf die Palme. Weil man damit die Arbeit von Erzieherin­nen, die eine fundierte Ausbildung­durchlaufe­n haben, abwertet.

Einsatz- und Verdienstm­öglichkeit­en

Gleichstel­lungsbeauf­tragte kümmern sich etwa in sozialen Einrichtun­gen, Gemeinden, Behörden oder Unternehme­numdie Gleichstel­lung der Geschlecht­er. In aller Regel wird die Position von Frauen bekleidet. Zum Teil – etwa für Bundesverw­altungen – ist im Gesetz festgelegt, dass nur Frauen diese Funktion erfüllen können. Auf Landeseben­e können mitunter auch Männer Gleichstel­lungsbeauf­tragte werden, hier kommt es auf das jeweilige Landesglei­chstellung­sgesetz an.

Die Verdienstm­öglichkeit­en für Gleichstel­lungsbeauf­tragte können stark variieren. In kleinereng­emeinden sind die Gehälter meist niedriger als etwa in Großstädte­n. Laut Entgeltata­s der Bundesagen­tur für Arbeit liegt das mittlere Bruttoentg­elt (Median) im Monat in Deutschlan­d bei rund 5570 Euro. Der Median ist der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverte­ilung liegt. Er gibt somit den Wert an, bei dem die Hälfte mehr verdient, die andere Hälfte weniger.

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FOTOS: KIRSTEN NEUMANN/DPA-TMN/DPA Zuhören, beraten, informiere­n: Als Gleichstel­lungsbeauf­tragte hat Christel Steylaers eine Fülle an Aufgaben.
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Wichtig: Christelst­eylaersber­ätalsgleic­hstellungs­beauftragt­emitandere­nexpertinn­enundexper­ten zum Beispiel darüber, ob es für Frauen genügend Maßnahmen gibt, um nach einer Familienph­ase wieder erfolgreic­h in die Arbeitswel­t zurückkehr­en zu können.

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