Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Mal Wein, mal wild
Das Land ist abwechslungsreich: Man geht auf Game Drive, erprobt Weine, erlebt Kapstadts bunte Seiten, knattert im Tuk-tuk durch Johannesburg – und entdeckt die Kontraste von Fluss und Wüste.
Das „schönste Ende der Welt“, so vermarktet sich Südafrika. Vielfältig ist das Land am Kap der Guten Hoffnung in jedem Fall. Es bietet weit mehr als die Garden Route, bekannte Panoramastrecke nahe der Südspitze des Kontinents, oder den Kruger-nationalpark. Wir stellen fünf Stationen und Ideen vor, die eine Reise in das Land facettenreich machen:
Kapstadt: Die bunten Seiten der Stadt am Tafelberg
Es ist, als hätten Maler dick aufgetragen und ganze Tuschkästen geleert: Bo-kaap wirkt wie ein Großgemälde. Bo-kaap ist Kapstadts historisches Viertel der Kapmalaien, deren Vorfahren die niederländischen Kolonialherrscher im 17./18. Jahrhundert aus Asien ins Land holten, oft als Sklaven. Der Stadtteil steht für Südafrikas Vielfalt der Völker, Kulturen und Religionen, untermauert durch Moscheen.
Die herausgeputzten Häuschen trotzen, wenn man so will, der dunklen Geschichte. Sie zählen zum Kulturerbe und tragen pastellfarbende Anstriche. Gelb. Grün. Rosa. Türkis. Hibiskushecken ergänzen die Farbenflut in Rot und Orange. Stille steht über den Gassen, die teils kopfsteingepflastert sind. Im Hintergrund erhebt sich der Tafelberg, falls er sich nicht gerade hinter seinem weißen „Tafeltuch“aus Wolken versteckt. Zusatztipps für Bo-kaap: Das Atelier Nathan Chikoto in der Chiappini Street präsentiert bunte Recycling-kunst, der Gewürzladen Atlas in der Wale Street ist bestens sortiert.
Wildlife: Es müssen nicht immer die „Big Five“sein
Der Wecker kennt keine Gnade. Viertel nach fünf. Raus aus den Federn, rein ins Fahrzeug. Noch versteckt sich die Sonne. Die Spannung steigt, ob in Nationalparks wie dem weltberühmten Kruger oder privaten Naturschutzgebieten. Wird man die sagenhaften „Big Five“erleben? Die „großen Fünf“, also Elefant, Nashorn, Kaffernbüffel, Löwe und Leopard? Am besten, man bucht einen Game Drive, eine organisierte Wildtierfahrt. Obgleichmeterhoch, fällt die Giraffe nicht unter die „Großen“.
Bei einer motorisierten Pirsch in der Provinz Nordkap beobachten wir die eleganten Tiere, die an Bäumen ihre Fressorgien feiern und schon ein indigenes Volk faszinierten, lange bevor die Europäer das Land kolonisierten. „Giraffen waren bei den Khoikhoi auf Felsmalereien abgebildet. Sie konnten den Himmel berühren und Regenauslösen“, sagt Führer Humphrey Javangwe, der das Allradfahrzeug steuert. Unterwegs bekommen wir zudem Gnus, Springböcke, Klippspringer und Köcherbäume mit Riesennestern von Webervögeln zu sehen. Es müssen nicht immer die „Big Five“sein.
Weinwelten: Edle Tropfen seit 1685
Sitzt man bei der Probe auf Südafrikas ältestem Weingut Groot
Constantia auf der Terrasse, fühlt man sich wie im Paradies. Hier fließt die Produktion seit 1685 – und Kennerin Phumela Bangani serviert den nächsten Tropfen. Höhepunkte sind die Roten mit Aromen von Pflaumen, dunkler
Schokolade, Muskatnuss, Tabak. „Ein Pinotage ist bei uns in Südafrika richtig happy“, urteilt sie über das Gedeihen der bekannten Rotweinsorte. Wer es rot und richtig körperreich mag, wählt Tropfen aus Stellenbosch und Franschhoek.
Bei frischen Rosés und Weißen ist man in der Provinz Nordkap etwaaufdemfamiliär geführtenbetrieb Die Mas van Kakamas richtig. Winzer André Landman ist stolz, dass er auf seiner Farm 17
Rebsorten anbaut. Zu seinem Portfolio zählen außerdem Brandys, die jahrelang in Eichenfässern reifen.
Johannesburg: Stadttour im Tuk-tuk
Es knattert und stinkt. Der Plastikschutz an den Seiten des TukTuks ist hochgezogen, die gepolsterte Rückbank bequem. Am Lenker sitzt Sharon Miricale, die vor zwei Jahren aus Uganda hierherkam, angetrieben vom Wunsch nach einem besseren Leben. Johannesburg ist eine Flüchtlings- undzuzugsstadt. Die Tour startet im Viertel Maboneng, das als sicher gilt. Miricale steuert volle Kraft voraus durch den ungeschminkten Alltag. Obstkarrenschieber sind unterwegs. Ein Schuhflicker klebt am Straßenrand Sohlen zusammen. Schönheitssalonsundder Finanzdistrikt stehen in krassem Widerspruch zu Armutsgestalten, die Säcke voller Dosen und Plastik zu Recyclingfirmen schleppen. Auf dem Markt Kwa Mai Mai gerät man als europäischer Besucher im knallgelben Tuk-tuk rasch zur Attraktion. Rauchsäulen steigen von Grills auf. Klänge wummern aus Boxen. Auf Tischen kreist am Morgen der Fusel.
Man fühlt sich von neugierigen, freundlichen Augen umkreist – aber nicht unsicher. Im Bezirk Jewel City liegt eine der kuriosesten Adressen Südafrikas. Collectors Treasury spannt sich über mehrere Stockwerke, gefüllt mit antiken Schätzchen, Schallplatten und zwei Millionen Secondhand-büchern, die sich an Treppen und in Räumen übereinander stapeln. Herrenüber das herrliche Durcheinander in einem der größten Antiquariate des ganzen Kontinents sind die Brüder Geoff und Jonathan Klass. Bei der Suche kann der kauzige Geoff, 75 Jahre alt, nur eingeschränkt helfen. „Manchmal findet ein Buch zu einem selbst“, sagt er und lacht. Weitere Stopps sind eine hippe Jazzlounge und die Dachterrasse im 15. Stock des Hallmark House, wo man über Südafrikas einwohnerstärksten Metropole thront. Im Großraum leben rund fünf Millionen Menschen.
Der Orange River: Paddeln auf dem Grenzfluss
Für Lodgebesitzer Danie van Zyl ist der Orange, mit knapp 2.200 Kilometern der zweitlängste Fluss im südlichen Afrika, Segen und Fluch zugleich. „Wir leben im Paradies, aber das Paradies hat seinen Preis“, sagt er und meint damit gelegentliche Überflutungen seiner unweit von Augrabies gelegenen Unterkunft.
Er bietet kurze Paddeltrips an, dochdas Nonplusultra sindmehrtagestouren diverser Veranstalter. Der Orange – auch Oranje genannt – trennt Südafrika von Namibia, bewässert Trauben- und Melonenfelder und setzt einen Schnitt, denmanbereits beim Anflug nach Upington sieht. Größer könnte der Kontrast zwischen dem grüngesäumten Flussband und dem anstoßenden Braun der Halbwüste der Kalahari kaum sein. Im Nationalpark Augrabies Falls stürzt der Orange spektakulär in eine Schlucht. Das Schild an der Zufahrt bereitet auf die donnernde Geräuschkulisse vor. „Platz großen Lärms“, steht dort.