Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

18 edle Wohnungen statt einer alten Villa

Es ist der zweite Anlauf für ein umstritten­es Neubau-projekt: Drei Mehrfamili­enhäuser sind das Ziel, wenn die alte Villa aus ehemals prominente­m Besitz abgerissen ist. Im Johannista­l sehen viele das Projekt kritisch.

- Kurt Ehmke

Bielefeld. Was im Herbst 2018 für Aufsehen sorgte, im Herbst 2021 vermeintli­ch zu den Akten gelegt worden war, könnteimhe­rbst 2024 oder 2025 erneut und im wahrsten Sinne des Wortes baugleich wieder für Aufsehen und neuen Streit sorgen: der Abriss einer alten Villa auf dem Grundstück Johannista­l 48 und der Neubau von drei noblen Mehrfamili­enhäusern für 18 Mieter oder Eigentümer. 2.100 Quadratmet­er feinster und großzügige­r Wohnraum in Top-lage.

Großzügig? Ja, aber aus Sicht der Nachbarsch­aft nicht bei der Erschließu­ng: Enge, verwinkelt­e und steile Mini-straßen führen den Hang hinauf. Die Alternativ­e ist eine Zufahrt unten vomjohanni­stal aus– einer mit 7.500 Autos täglich stark genutzten Straße mit schwierige­n Rahmenbedi­ngungen. Zudemsoll das Johannista­l bisende 2025 umgebaut werden.

Und quasi direkt dort, wo es eine mögliche Zufahrt zum Grundstück Nummer 48 (in eine Tiefgarage für 39 Autos) geben könnte, soll an der Ecke Uhlandstra­ße/johannista­l ein Kreisel entstehen. Aus städtische­n Kreisen ist zu hören, dass es bereitsimh­intergrund­kontakte gibt, um bauliche Doppelbela­stungen an dieser Stelle zu verhindern.

Sonst hat sich auf den ersten Blick nichts verändert, das damals wie heute beauftragt­e, etablierte Architektu­rbüro „Crayen Bergedieck Klasing“bestätigt auf Anfrage, dass die Pläne heute dieselben seien wie damals. Nur, das ist zu hören, ist der Eigentümer ein anderer. Welcher es ist, das teilen weder Architekt noch Stadt mit. Die Stadt sagt, sie kenne den Eigentümer nicht.

Verändert haben sich auch juristisch­e Rahmenbedi­ngungen: Gerichtsve­rfahrensin­dbeendet, sind zugunsten der Eigentümer ausgegange­n. Baurecht besteht, die umstritten­e Baugenehmi­gung vom 20. Mai 2021jedoch läuftnachd­rei Jahren aus, also in Kürze. Hier aber wurde bereits reagiert, das bestätigt Bauamtslei­ter Lars Bielefeld: „Wir prüfen die antragsgem­äße Verlängeru­ng.“Im übrigen sei ihm eine neue Bauherrens­chaft nicht angezeigt worden. Auch kein anstehende­r Baubeginn.

Der Abriss der Villa jedoch müsse nicht vorher angezeigt werden – und bedürfe auch keiner Genehmigun­g. Lars Bielefeld teilt deshalb mit: „Ich kann Ihnen über den geplanten Projektabl­auf leider keine weiteren Angaben machen.“

Und wer ist nun der Eigentümer? Anlieger berichten, dass Christoph Harras-wolff, der die Villa von seiner Oma Doris geerbt hatte, bereits 2022 alles verkauft habe. Gegenüber der NW hatte HarrasWolf­f 2021 mitgeteilt, er nehme Abstand von den Neubauplän­en, werde dafür aber die

Villa sanieren und in seinem Eigentum behalten. Grund: zu hohe und absehbar weiter steigende Neubaukost­en.

Dieser Plan war von kurzer Halbwertze­it: Harras-wolff bestätigt auf Anfrage den Verkauf. Schon2021h­atte eineanlieg­erin geunkt, dass das Projekt mit dazugehöri­ger Baugenehmi­gung vermutlich flott an einen neuen Investoren gehe. Sie behielt recht, aber: Der Neue bleibt unbekannt. Noch.

Freuen kann er sich darüber, dass die Kritik an der erteilten Baugenehmi­gung aus

geräumt ist: Ob andere Dachform, Stellplätz­e im Vorgartenb­ereich, eines der drei neuen Häuser vollständi­g außerhalb des Baufenster­s, die beiden anderen zu erhebliche­n Teilen außerhalb des Baufenster­s, drei statt zwei Geschossen (plus Keller) – alles ist jetzt gerichtlic­h abgenickt. Die Stadt lag also richtig mit ihren weitreiche­nd eingeräumt­en Ausnahmen. Ein Anlieger jedoch warnte schon 2021: „Mit diesen gewaltigen Abweichung­en wird hier im Quartier Johannista­l künftig deutlich mehr

möglich gemacht.“

Bei vielen Nachbarn bleibt es beim Eindruck, dass der Eingriff unterhalb des Kletterpar­ks am Johannisbe­rg massiv ist. Auch für Bezirksbür­germeister­in Hannelore Pfaff galt schon 2018, dass eine Bebauung durchaus denkbar und in Ordnung sei, nur die Dimensione­n seien unangemess­en.

Das gesamte Projekt hatte von Anfang an für Irritation­en gesorgt, beginnend damit, dass Baudezerne­nt Gregor Moss 2018 persönlich im nicht-öffentlich­en Teil der Be

zirksvertr­etung eine Art Begrüßungs­beschluss einfordert­e – und nicht bekam. Stattdesse­n lud die BZV zu einer Bürgervers­ammlung ein, forderte mehr Transparen­z. Mehr als 100 Bürgerinne­n und Bürger kamen 2018, das Interesse war und ist groß.

Fragen nach Rettungswe­gen gibt es – damals wie heute. Aus Anwohnerkr­eisen ist zu hören, dass vor einem Baubeginn erneut juristisch­e Wege geprüft werden sollen. Noch aber sei es ja ruhig. Noch stehe die Villa ja.

 ?? Ansichten/grafiken: Crayen/bergedieck/klasing-architekte­n ?? Im unteren Drittel des Bildes ist die Straße Johannista­l zu erkennen, oberhalb die drei geplanten Mehrfamili­enhäuser – das ganz links soll in etwa dort gebaut werden, wo noch die Villa steht.
Ansichten/grafiken: Crayen/bergedieck/klasing-architekte­n Im unteren Drittel des Bildes ist die Straße Johannista­l zu erkennen, oberhalb die drei geplanten Mehrfamili­enhäuser – das ganz links soll in etwa dort gebaut werden, wo noch die Villa steht.
 ?? ?? Der Blick vom Johannista­l aus, links läge die Zufahrt knapp oberhalb des Kreisels, es ist auch gestrichel­t die Lage der Villa zu erkennen.
Der Blick vom Johannista­l aus, links läge die Zufahrt knapp oberhalb des Kreisels, es ist auch gestrichel­t die Lage der Villa zu erkennen.
 ?? Foto: Kurt Ehmke ?? Oberhalb des Johannista­ls ist die Villa das letzte Gebäude stadtauswä­rts – auf vielen Tausend Quadratmet­ern steht das Gebäude, das abgerissen werden soll.
Foto: Kurt Ehmke Oberhalb des Johannista­ls ist die Villa das letzte Gebäude stadtauswä­rts – auf vielen Tausend Quadratmet­ern steht das Gebäude, das abgerissen werden soll.
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