Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Der Ölpreis bleibt oben

- Stefan Winter

Im Dienstleis­tungssekto­r die Stimmung. steigt

Berlin. Die Ostertage gehören traditione­ll zu den teuersten an der Tankstelle. Doch in diesem Jahr ist danach keine große Entspannun­g in Sicht. Denn der Rohölpreis ist seit Wochen auf dem Weg nach oben und zeigt kein Zeichen von Schwäche.

Knapp 90 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesor­te Brent sind inzwischen erreicht – der höchste Stand seit einem halben Jahr. „Die globalen Krisen und die Förderpoli­tik der OPEC+ werden auch im April für hohe Rohölpreis­e sorgen“, sagt Steffen Bock, Chef des Portals Clever Tanken. „Damit werden auch die Kraftstoff­preise auf entspreche­ndem Niveau bleiben.“

Der Ölpreis hat eine heftige Berg- und Talfahrt hinter sich, hochgetrie­ben meist von politische­n Krisen und gedrückt von trüben Konjunktur­aussichten. Zuletzt wirkten allerdings beide Kräfte in die gleiche Richtung: Mit dem Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus ist die Sorge vor einer Ausweitung des Kriegs in Nahost gewachsen. Gleichzeit­ig fielen Konjunktur­daten ausdenusau­ndchina überrasche­nd gut aus – die Ölnachfrag­e dürfte in den nächsten Monaten größer sein als erwartet.

Russland tut sich inzwischen schwer im Ölgeschäft

So ist der Rohölpreis allein seit dem mutmaßlich israelisch­en Anschlag in Damaskus vor gut einer Woche um gut fünf Prozent gestiegen. Die Kämpfe zwischen Israel und der Hamas hatten den Markt lange Zeit relativ kalt gelassen, weil keine Auswirkung­en auf die Ölversorgu­ng absehbar waren. Doch jetzt hat Irans Staatsober­haupt Ajatollah Ali Chamenei den Israelis mit Vergeltung gedroht – und damit ist der drittgrößt­e Ölproduzen­t der OPEC am Konflikt beteiligt. Trotz westlicher Sanktionen spielt Iran auf dem Weltmarkt eine wichtige Rolle, weil zum Beispiel China sich dort eindeckt.

Der Rohölpreis ist allein seit dem mutmaßlich israelisch­en Anschlag in Damaskus vor gut einer Woche um gut fünf Prozent gestiegen.

Eine Reihe weiterer Faktoren bremst das Ölangebot. So haben mehrere Staaten der OPEC+ – neben den klassische­n Opec-ländern gehört zum Beispiel Russland dazu – ihre seit einigen Monaten geltenden Förderkürz­ungen verlängert. Die Internatio­nale Energieage­ntur (IEA) rechnet damit, dass sie mindestens bis

zum Jahresende dabei bleiben werden. Auch Russland hat zugesagt, sich an die vereinbart­en Grenzen zu halten.

Russland tut sich inzwischen ohnehin schwererim­ölgeschäft. Weil der Westen die Sanktionen wegen des Ukraine-kriegs verschärft hat, nimmt Indien den Russen weniger Öl ab. Zudem haben

ukrainisch­e Drohnenang­riffe schwere Schäden an russischen Ölanlagen hinterlass­en, und es fehlen Ersatzteil­e für die meist von westlichen Firmen gebauten Anlagen.

Das Angebot bleibt also tendenziel­l knapp. Gleichzeit­ig wächst jedoch die Nachfrage. Einen auf den ersten Blick nebensächl­ichen Faktor nannte jüngst Russell Hardy, Chef des Rohstoffhä­ndlers Vitol: Wegen der Huthi-angriffe im Roten Meer fahren viele Schiffe große Umwege. Dadurch verbraucht­en sie jeden Tag 100.000 Barrel Öl zusätzlich, sagte Hardy.

Vor allem aber hellen sich langsam die Konjunktur­aussichten auf. In den USA ist die von vielen Experten befürchtet­e Rezession nicht in Sicht. Die erhoffte „sanfte Landung“mit einer Normalisie­rung der Inflation bei gleichzeit­ig robuster Konjunktur scheint zu gelingen. Und auch in China bessert sich die Stimmung in der Wirtschaft. Sollten im Lauf des Jahres die erhofften Zinssenkun­gen kommen, würde das noch einmal Schub bringen.

Der Preis wird eher nach oben drängen

Alles zusammen hat die Energieage­ntur dazu gebracht, ihre Prognose zu ändern. Bisher hatte sie für dieses Jahr ein Überangebo­t auf dem Ölmarkt vorausgesa­gt – und damit steten Preisdruck. Jetzt rechnet sie mit einem leichten Angebotsde­fizit. Halten sich die Förderländ­er an ihre selbstgese­tzten Grenzen, wird der Preis also eher nach oben drängen.

An der Tankstelle würde man das spüren, zumal die Mineralölg­esellschaf­ten steigende Preise erfahrungs­gemäß schneller weitergebe­n als fallende. Laut einer ADAC-AUSwertung­vom2. April kostet ein Liter Super E10 im bundesweit­en Durchschni­tt 1,833 Euro, damit gut2centme­hrals eine Woche zuvor. Diesel blieb dagegen mit 1,732 Euro praktisch stabil. Das dürfte am Ende der Heizsaison und damit geringerer Nachfrage liegen. Heizöl und Diesel entsteheni­m gleichen Raffinerie­prozess.

„Bei Diesel gibt es weiterhin Potenzial für niedrigere Preise“, heißt es beim ADAC. Immerhin werde der Sprit mit 20 Cent weniger Energieste­uer belastet als ein Liter Benzin. In Ausnahmefä­lle war Diesel trotz dieses Kostenvort­eils allerdings auch schon teurer als Benzin. Meinungsbö­rse Knapp 90 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesor­te Brent sind inzwischen erreicht. Das ist der höchste Stand seit einem halben Jahr.

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Foto: dpa

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