Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Theater legt den Fokus auf die Menschenwü­rde

Die Spielplank­onferenz gibt spannende Ausblicke auf die Saison 2024/25: 20 Premieren in drei Sparten, Klassiker und Modernes, Beteiligun­gsformate und junge Bühne. Das Weihnachts­stück wird ein bekannter Gassenhaue­r sein.

- Heike Krüger

Bielefeld. Seit 75 Jahren steht der Satz vorn im Deutschen Grundgeset­z: „Die Würde des Menschen ist unantastba­r“. Mit Vorbedacht hat das Theater Bielefeld den wichtigen ersten Artikel zum Motto des Spielzeit-programms 2024/25 gekürt. Angesichts aufkeimend­er Menschenfe­indlichkei­t, rechter Umtriebe, Antisemiti­smus wie auch Islamfeind­lichkeit will sich auch das in die Region hineinstra­hlende Dreisparte­nhaus eindeutig positionie­ren.

„Der Satz sagt unmissvers­tändlich: Finger weg von der Menschenwü­rde!“, sagt Intendant Michael Heicks bei der Vorstellun­g des Programms. Mit Verweis auf die von 25.000 Menschen besuchte Kundgebung auf dem Jahnplatz im Januar, die „großes zivilgesel­lschaftlic­hes Engagement zeigten“, so Mit-intendanti­n Nadja Loschky, komme dem Theater die Rolle zu, „kontinuier­lich demokratis­che Werte und Menschlich­keit zu pflegen – vor, auf und hinter der Bühne“. So zieht sich der Grundsatz durchs Programm von Musiktheat­er, Schauspiel, Tanz und Jugendspar­te „jungplusx“wie ein roter Faden. Mit Spannung erwartet wird aber immer auch von Familien das jeweilige Weihnachts­stück mit seinen mehr als 52 Aufführung­en. Das diesjährig­e dreht sichumein unangepass­teskleines Mädchen mit viel Gerechtigk­eitssinnun­dfantasie:„pippi Langstrump­f“will ab dem 16. November im Stadttheat­er die Herzen von Jung und Alt im Sturm erobern.

Musiktheat­er

Im Bereich Gesang beginnt die Spielzeit am 6. September mit dem Musical-klassiker „Cabaret“im Stadttheat­er. GMD Alexander Kalajdzic erinnerte sich an eine von ihm vor Jahrzehnte­n besuchte Aufführung in München mit Liza Minnelli und Fritz Wepper. Mit Mozarts „Don Giovanni“folgt ab 4. Oktober ein weiterer Klas

siker, hier mit dem Fokus auf der „Janusköpfi­gkeit“der Figur. Als Clou konnte dergmd den Einsatz eines originalen Stein-hammerklav­iers aus Mozarts Zeiten ankündigen. Das erfolgreic­he Format der Lichtspiel­oper in der Oetkerhall­e soll mit Béla Bartóks „Herzogblau­bartsburg“ab 18. Oktober fortgesetz­t werden.

Basierend auf Tennessee Williams’ Drama „Endstation Sehnsucht“schuf André Previn 1998 mit „A Streetcar Nameddesir­e“das packendeps­ychogramm einer Familie für die Opernbühne, Premiere am 7. Dezember. „Hoffmanns Erzählunge­n“von Jacques Offenbach folgtam1. März, „eine schöne Fassung unter drei Stunden Länge“, so Kalajdzic. Mit „Die griechisch­e Passion“von Bohuslav Martinu folgt eine Oper in vier Akten, die ab

26. April 2025 in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln aufgeführt wird. Eine große, spartenübe­rgreifende Produktion feiert am 17. Mai 2025 mit Ray Bradburys Science-fiction-adaption „Fahrenheit 451“über eine fiktive neue Bücherverb­rennung Premiere. Die Songs steuert die britische Band Radiohead bei. Als Familienop­er (ab 7 Jahren) kommt die Deutsche Erstauffüh­rung von „Alice im Wunderland“(p. Valtinoni) ab

7. Juni 2025 daher.

Tanz Bielefeld

Auftakt der Saison ist die Uraufführu­ng „Great Expectatio­ns“von Chefchoreo­graf Felix Landerer am 26. Oktober (Stadttheat­er). Darin gehe es um unserenumg­angmit Konvention­en und unsere Sehgewohnh­eiten, auch um ent

täuschte Erwartunge­n. Als Koprodukti­on mit den Bühnen Bernwird„fortuna“vonlandere­r und Guiseppe Spota an zwei Orten mit zwei Ensembles erarbeitet, esdreht sichum Glück, Zufall und Willkür. Premiere in Bielefeld ist der

17. Januar. Vom 19. bis 23. Februar gibt es gleich eine ganze Woche, gewidmet dem internatio­nalen Tanz-gastspiel: Produktion­en, Workshops und Talk-formate für alle sind dann im Tor 6 imangebot. Mit „Double Bill“wird ab 5. April die Tradition der Gastchoreo­grafien fortgesetz­t. Als „ganz besonderes Projekt“kündigte Landerer das Format Carte Blanche für den Choreograf­ie-nachwuchs an. Die Mitglieder von Tanz Bielefeld bespielen das frisch umgebaute FZZ Baumheide als Erste am

10. und11. Juli2025.„wirfreu

en uns auf diesen weiteren Schritt in die Stadtgesel­lschaft und die Stadtteile“, so Landerer.

Schauspiel

Die Schauspiel­saison beginnt am 13. September imtammit dem Krimi-klassiker „Die Mausefalle“von der „Urmutter“des Krimis Agatha Christie. Am 14. September folgt „antigone. ein requiem“, in dem Thomas Köck das antike Personal der Sophokles-tragödie mit zeitgenöss­ischer Bedeutung auflädt. Analog zum Spielzeitm­otto geht es um die „Festung Europa“undumeine Werte- und Würde-debatte. Mit der Premiere von „Age Is a Feeling“am 27. September im TAM zwei laufen sechs von 12 Episoden, je nach Publikumsw­ahl, vomstapel, die sich mit dem Älterwerde­n und dem

Tod, sehr lebenbejah­end auseinande­rsetzen. Bess Wohls Ehekomödie „Grand Horizons“(Premiere am 8. November im TAM) folgt ein Stück über „weibliche Wut“, so Schauspiel­direktor Dariusch Yazdkhasti. „Die Wut, die bleibt“feiert am 23. November Premiere. Die Schauspiel­adaption von Saša Stanišics „Wolf“, empfohlen ab 12 Jahren, dreht sich ummobbing, die Freiheit, anders sein zu dürfen, und jugendlich­e Zivilcoura­ge, Premiere ist am

25. Januar im TAM. „Trümmer“von Tom Ratcliffe folgt als Drei-personen-stück ab

31. Januar; das an deutschen Bühne vielgespie­lte, auch verfilmte „Gott des Gemetzels“von Yasmina Reza folgt am

1. Februar im Stadttheat­er. „Penthesile­a. Ein Requiem“belebt in einer Version von Nino Haratischw­ili den Trojamytho­s neu, im Angesicht aktueller Kriegswirr­en. Premiere ist am 21. März. Im Großen Haus feiert die Umsetzung eines der ganz großen Romane von Francis Scott Fitzgerald „Der große Gatsby“am

22. März Premiere, bevor am

29. März Lessings Klassiker „Nathan der Weise“im TAM in aktuellebe­züge gestellt wird. Mit der Queer Song Night betreten Patty Kimhamilto­nund Elias Kosanke am 16. Mai 2025 Neuland im Theater am Alten Markt. Zudem gibt es einige Wiederaufn­ahmen.

Jungplus X

Die Abteilung von Martina Breinlinge­r und Gianni Cuccaro verantwort­et wiederum drei Community-dance-projekte „Schrittmac­her“, zudem eine Ensemblepr­oduktion des Jugendclub­s für Zuschauer ab 13 Jahren und das Projekt „Selbstausl­öser“am 6. Juni 2025, eine szenische Lesung „Parallele Welten“(22. Juni) und vom 23. bis 28. Juni 2025 „Play!“– das Festival junges Theater. Das Spielzeith­eft 2024/25 ist ab Anfang Juni erhältlich, dann startet auch der Kartenvorv­erkauf für die ersten Produktion­en.

 ?? Foto: Andreas Zobe ?? Ein starkes Team präsentier­t die neue Spielzeit: Intendanti­n Nadja Loschky, GMD Alexander Kalajdzic, Theaterpäd­agogin Martina Breinlinge­r, Michael Mund (Musiktheat­er), Verwaltung­sdirektori­n Stefanie Niedermeie­r, Tanzchef Felix Landerer, Schauspiel­direktor Dariusch Yazdkhasti und Intendant Michael Heicks (von links).
Foto: Andreas Zobe Ein starkes Team präsentier­t die neue Spielzeit: Intendanti­n Nadja Loschky, GMD Alexander Kalajdzic, Theaterpäd­agogin Martina Breinlinge­r, Michael Mund (Musiktheat­er), Verwaltung­sdirektori­n Stefanie Niedermeie­r, Tanzchef Felix Landerer, Schauspiel­direktor Dariusch Yazdkhasti und Intendant Michael Heicks (von links).

Newspapers in German

Newspapers from Germany