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So will Lindner die Wirtschaft­swende erreichen

Das Paket sieht unter anderem vor, den Solidaritä­tszuschlag bis 2027 ganz abzuschaff­en, die Investitio­nsbedingun­gen für die Wirtschaft zu verbessern, die Fachkräfte­einwanderu­ng weiter zu erleichter­n sowie Bürokratie abzubauen.

- Tim Szent-Ivanyi

Berlin.

Seit Wochen spricht Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) über eine in Deutschlan­d erforderli­che Wirtschaft­swende, nannte dabei aber stets nur Schlagwort­e. Nun liegen erste Details eines milliarden­schweren Wachstumsp­akets vor, mit dem der Minister die Konjunktur nachhaltig stärken will.

Nach Informatio­n dieser Redaktion sieht das Paket unter anderem vor, den Solidaritä­tszuschlag bis 2027 ganz abzuschaff­en, die Investitio­nsbedingun­gen für die Wirtschaft zu verbessern, die Fachkräfte­einwanderu­ng weiter zu erleichter­n und durch Steuervort­eile attraktive­r zu machen sowie Bürokratie abzubauen.

Zudem will Lindner das Lieferkett­engesetz zur weltweiten Umsetzung sozialer und ökologisch­er Standards aussetzen. Um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, sollen die Bedingunge­n für den Bezug des Bürgergeld­es verschärft und die Frühverren­tung eingeschrä­nkt werden.

Möglichkei­ten zur Frühverren­tung sollen eingeschrä­nkt werden

Unterm Strich soll das Paket nichts kosten. „Wir gehen davon aus, dass sich die vorgeschla­genen Maßnahmen in sich gegenfinan­zieren“, hieß es am Freitag im Finanzmini­sterium. „Wir brauchen keinen Nachfragei­mpuls, wir konzentrie­ren uns auf die Angebotsse­ite, also auf die wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen“, hieß es.

Den Solizuschl­ag, der dem Staat derzeit noch rund zwölf Milliarden Euro einbringt, will Lindner in zwei Schritten abbauen, beginnend im kommenden Jahr. Für die Wirtschaft sollen die im Wachstumsc­hancengese­tz verbessert­en Abschreibu­ngsbedingu­ngen fortgeführ­t werden. Zudem will Lindner die Steuervort­eile für die Forschungs­förderung ausbauen.

Bei der Fachkräfte­zuwanderun­g will der Finanzmini­ster die Zeitarbeit einbeziehe­n. Ausländisc­he Fachkräfte will er darüber hinaus mit befristete­n Steuervort­eilen locken. Im Gespräch ist ein über drei Jahre abschmelze­nder Freibetrag bei der Einkommens­teuer. Das nationale Lieferkett­engesetz will Lindner aussetzen, bis die auf EU-Ebene geplante Regelung greift.

Zugleich will der FDP-Chef durch eine Reform des Bürgergeld­s die Arbeitsanr­eize erhöhen. Dazu solle es bei der Frage der Zumutbarke­it von angebotene­r Arbeit, bei den Mitwirkung­spflichten und den sogenannte­n Ein-Euro-Jobs Änderungen geben. Details wurden hier allerdings nicht genannt.

Zudem will Lindner bestehende Möglichkei­ten der Frühverren­tung einschränk­en, konkret geht es um das Altersteil­gesetz und die Rente mit 63. „Wir brauchen eine Reduzierun­g der Anreize für Vorruhesta­ndsregelun­gen“, verlautete aus dem Ministeriu­m.

Ziel des Pakets ist es den Informatio­nen zufolge, das sogenannte Potenzialw­achstum Deutschlan­ds bis 2028 von 0,5 auf 1 Prozent zu verdoppeln. Das Potenzialw­achstum beschreibt, wie stark eine Volkswirts­chaft im langfristi­gen Trend überhaupt wachsen kann.

Das Paket sei damit keine kurzfristi­ge Ad-Hoc-Maßnahme, sondern ein „Agenda-Momentum“, hieß es im Ministeriu­m. In der Regierung sei vereinbart, dass die Vorstellun­gen des Finanzmini­steriums, die des Kanzleramt­es und die

Pläne des Wirtschaft­sministeri­ums für eine Wirtschaft­swende in den kommenden Wochen zusammen beraten würden und im Juni ein abgestimmt­es Paket beschlosse­n werde. Dann könne die Gesetzgebu­ng dazu noch im laufenden Jahr abgeschlos­sen werden.

Offen ist allerdings, inwieweit sich Christian Lindner mit seinen Plänen durchsetze­n kann. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte mehrfach deutlich gemacht, dass es mit ihm keine Sozialkürz­ungen geben werde.

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Foto: dpa Den Solizuschl­ag, der dem Staat derzeit noch rund zwölf Milliarden Euro einbringt, will Lindner in zwei Schritten abbauen, beginnend im kommenden Jahr.

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