Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Kampf ums Rathaus hat längst begonnen
■ 2025 steht die nächste Kommunalwahl an.
■ Schon jetzt suchen die Parteien nach geeigneten Kandidaten für den Chefposten im Rathaus.
In der ersten Etage von Bielefelds ehrwürdigen Altem Rathaus befindet sich das Dienstzimmer des Oberbürgermeisters. Bis September 2025 ist das für Pit Clausen reserviert. Ob der Sozialdemokrat dann noch einmal zur Wahl antritt, will er in den kommenden Monaten bekanntgeben. Doch schon seit geraumer Zeit macht man sich in den Parteizentralen der Stadt Gedanken, wer denn als möglicher Nachnutzer ins Chefbüro einziehen könnte.
Auch bei den Sozialdemokraten. Dreimal hat Clausen den wichtigsten Posten der Stadt für die SPD gesichert, kommt 2025 auf 16 Dienstjahre und spielt, was die Amtszeit angeht, dann in einer Liga mit Helmut Kohl oder Angela Merkel. Eine beachtliche Leistung. Die Sozialdemokraten sind in der komfortablen Position, neben ihm noch mindestens zwei weitere Interessenten für den Spitzenjob zu besitzen. Sozialdezernent Ingo Nürnberger absolviert in jüngster Zeit auffällig viele öffentliche Termine. Und Ratsfraktionschef Riza Öztürk hat im Interview mit dieser Zeitung nicht ausgeschlossen, dass auch er ins Rennen gehen könnte. Bei der SPD soll es auch schon einen Zeitplan geben, wie die Kandidatenfindung im Zweifel vonstattengehen könnte. Für die Sozialdemokraten geht es um einiges. Einer ihrer Granden, der viel zu früh verstorbene langjährige Fraktionsgeschäftsführer Hans Hamann, hat das mal auf den Punkt gebracht: „Bielefeld ist tendenziell rot und bleibt es auch.“Ob das noch gilt, da sich die Umfragewerte für die Partei landauf, landab eher im unteren zweistelligen Prozentbereich und im Osten noch darunter bewegen, hängt auch von der Performance des OBKandidaten ab, ganz gleich, ob
bewährt oder neu am Start.
Meine Güte, mögen Sie denken, muss man denn mehr als ein Jahr im Voraus über OBKandidaturen spekulieren? Ja, muss man. Denn spätestens nach den Sommerferien sollte für die einzelnen Parteien feststehen, wer antritt. Bewerber müssen sich bekannt machen, sollten möglichst schon Themen setzen.
Das weiß man auch bei der CDU. Hier hätte qua Amt die Vorsitzende Christiana Bauer das erste Zugriffsrecht. Die promovierte Juristin könnte aber auch ein Bundestagsmandat reizen. Die Mitglieder des Hohen Hauses werden wohl am selben Tag gewählt, an dem auch die Kommunalwahl stattfindet. Ob Fraktionschef Ralf Nettelstroth noch einmal als OB-Bewerber antritt, ist offen. Rein fachlich wäre Rathaus-Chef für ihn kein Problem, ist er doch seit Jahren in den kommunalpolitischen Themen zu Hause wie kaum ein anderer. Über andere potenzielle Bewerber schweigt man sich bei der Union aus.
Abgefahren ist wohl der Zug einer gemeinsamen OB-Kandidatur mit der FDP. CDU und Liberale zankten sich zuletzt wie die Kesselflicker, wer denn die bessere Oppositionsarbeit mache. Da wächst wohl nicht mehr zusammen, was inhaltlich eigentlich ganz gut zusammenpassen könnte.
Aus dem Umfeld der Grünen ist derweil immer häufiger der Name von Umweltund Verkehrsdezernent Martin Adamski als möglicher Kandidat zu hören. Nicht noch einmal will man bei der Partei den Fehler begehen und eine Kandidatin berufen, der der Bielefelder Stallgeruch in Gänze fehlt. Das war bei der Paderbornerin Kerstin Haarmann der Fall. Okay, Adamski kam erst vor zwei Jahren aus Cuxhaven. In Köln nennt man solche Leute Immis, Zugezogene. Aber in den Augen der Grünen hat sich Adamski als Vorkämpfer der von ihnen propagierten Klima- und Verkehrswende wacker geschlagen.
Was die ganze Spekuliererei soll? Schauen Sie sich die Personen schon mal gut an, die in den kommenden Monaten als Kandidaten in Erscheinung treten werden. Als mächtige Verwaltungschefs hängt von ihnen entscheidend ab, wie in der Stadt Verkehrswege geplant werden, wo neu gebaut werden kann, wie es mit der Wärmewende klappt, ob es genügend Schulplätze gibt und Steuern erhöht werden. Sie haben am Ende die Wahl.
Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung unter michael.schlaeger@nw.de