Neue Westfälische - Bünder Tageblatt
Unangenehm schrill
Zeichentrick gilt hierzulande als Kinderkram. Diese Serie ist daher umso bemerkenswerter, denn sie richtet sich an junge Erwachsene, eine Zielgruppe also, die mit ARD und ZDF nicht viel am Hut hat. Deshalb sind die zehn Folgen auch in erster Linie für die Auswertung in der Mediathek entstanden.
Der Bayerische Rundfunk (BR) bewirbt „Friedefeld“als „erste deutsche Animated Sitcom“. Die Dialoglastigkeit entspricht in der Tat den Regeln
Leipzig. Mit einem experimentellen Horror-comic-roman hat Barbi Markovic den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik gewonnen. Die 1980 in Belgrad geborene Autorin wurde am Donnerstag für ihr Buch „Minihorror“ausgezeichnet. „Barbi Markovic erzählt hinreißend komisch und bitterernst von unserer Gegenwart, der Mensch im Spätkapitalismus wird dabei notgedrungen zur Witzfigur“, sagte Jury-mitglied Shirin Sojitrawalla bei der Verleihung.
In ihrem Buch beschreibt Markovic in Anlehnung an den beliebten Micky-maus-comic den Alltag der Protagonisten Mini und Miki – der vor allem
Die Autorin Barbi Markovic.
Die Übersetzerin Ki-hyang Lee. des Genres: Es wird ziemlich viel gequasselt. Thematisch streift die Serie dabei alles, was zumindest die älteren Mitglieder der sogenannten Generation Z (aufgewachsen in den Nullerjahren) umtreibt: Veganismus, Klimawandel, Binge-watching.
Gewöhnungsbedürftig sind allerdings das wenig ansprechende Design, die sparsame Animation und vor allem die Akustik: Die Stimmen sind oft überdreht und daher unangenehm schrill.
Tilmann P. Gangloff durch zahlreiche Horrorszenarien geprägt ist. Auch in ihrer Dankesrede, die sie – wie sie sagt – kurz vorher in der Kantine vorbereitet hat, erzählt die Autorin eine Horrorgeschichte, in der sich Mini verschluckt und auf der Bühne stirbt.
Die Belletristik-preisträgerin hat Germanistik studiert und lebt seit 2006 in Wien. Ihr Buch ist im Residenz Verlag erschienen. Es geht um die albtraumhaften Erlebnisse von Mini und Miki, im Urlaub, auf Familienbesuch und auch – so scheint es – überall sonst. Groteske Formulierungen lassen den Lesenden immer wieder stolpern. So wird etwa an einer Stelle die Fratze einer familienfressenden Cousine auf gruselig detaillierte Weise beschrieben, dann kommt eine sprachliche Unterbrechung, dann eine unerwartete, witzige Bemerkung. Horror des Alltags, Kapitalismuskritik und Witz stehen nebeneinander.
In der Kategorie Sachbuch/essayistik wurde der Berliner Kunsthistoriker Tom Holert ausgezeichnet. Sein Buch „“ca. 1972“Gewalt – Umwelt – Identität – Methode“stellt die Zeit nach der revolutionären Euphorie von 1968 in den Mittelpunkt. In der Übersetzungs-sparte gewann Ki-hyang Lee für ihre Übertragung von „Der Fluch des Hasen“von Bora Chung aus dem Koreanischen.
Die Buchmesse hat den Preis in diesem Jahr zum 20. Mal vergeben. Laut Veranstaltern sind 486 Neuerscheinungen aus 177 Verlagen eingereicht und von einer siebenköpfigen Jury gesichtet worden.
Inihrereingangsredesprach die Jury-vorsitzende Insa Wilke über die Bedeutung des Buchpreises in politischen Krisenzeiten. „In den vergangenen sechs Monaten hieß ein zentraler Vorwurf Schweigen“, sagte sie in Bezug auf die Zeit seit dem Hamas-massaker am 7. Oktober. „Er wurde von verschiedenen Seiten und in unterschiedliche Richtungen ausgesprochen. Es ging um das Verschweigen von Leid, das Schweigenzutraumaundzum fundamentalen Verlust einer denk- und lebbaren Zukunft für viele Menschen in Israel, in Gaza und dem Westjordanland, aber eben auch hier bei uns haben jüdische, muslimische und arabisch gelesene Menschen geäußert, das Schweigen der anderen und oftmals auch das Schweigen von Freundinnen und Kolleginnen seit dem 7. Oktober als fundamentale Ablehnung und als existenziell bedrohlich erfahren zu haben.“Bücher gingen aus diesem Schweigen hervor und könnten eine Sprache finden.
Bielefeld. Käthe Kollwitz (1867-1945) ist eine der berühmtesten Künstlerinnen Deutschlands. Und die Kunst der gebürtigen Königsbergerin hat Konjunktur, ist derzeit in verschiedenen Museen präsent. So widmet das Frankfurter Städel Museum ihr seit Mittwoch unter dem schlichten Titel „Kollwitz“eine umfassende Retrospektive mit mehr als 110 Werken aus allen Schaffensperioden. Nichts weniger als den „Mythos Kollwitz“wollen die Ausstellungsmacher dort am Main ergründen. Und in knapp zwei Wochen eröffnet dann das Museum of Modern Art in New York seine Kollwitz-ausstellung, die, wie sie dort schreiben, „größte Kollwitz-schau seit 30 Jahren in den USA“.
Doch bis es am Hudson am 28. März soweit ist, ist erst mal die Bielefelder Kunsthalle am Zug. Dort wird am Freitag, 22. März, die umfangreiche Schau „Stellung beziehen“eröffnet, die 80 Zeichnungen, Druckgrafiken und Plastiken der Kollwitz ins Zentrum rückt; diese dabei in Beziehung setzt zu Arbeiten der libanesischen Künstlerin Mona Hatoum. Titel der fulminanten, facettenreichen Schau: „Stellung beziehen“.
Christina Végh, Direktorin der Kunsthalle, betont: „In unserem Haus begegnen sich zwei Künstlerinnen – eine historische und eine zeitgenössische Position –, die mit ihrer Kunst ein Mahnmal gegen Leid und Unterdrückung setzen und für mehr Menschlichkeit eintreten.“Werke, die sich beziehungsreich ergänzten.
„Ich will wirken in dieser Zeit“. Dieser Satz gehört zu den berühmtesten Aussprüchen von Käthe Kollwitz. Wie wenige andere habe sie ihre Kunst mit einem sozialpolitischen, humanitären und pazifistischen Engagement verbunden, sagt Végh, und ihre Mitkuratorin Henrike Mund betont: „Mit Empathie nahm sie sich des durch Industrialisierung, Landflucht und Arbeitslosigkeit von Armut und Elend bedrängten Menschen am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts an.“Zudem spiegelten sich Kollwitz‘ Erfahrungen zweier Weltkriege und deren Folgen, darunter der Verlust des eigenen Sohnes, der 1914 fiel, und ihres Enkels im Zweiten Weltkrieg, in ihrem Werk wider.“
„Der Krieg begleitet mich bis zum Ende“, notierte Kollwitz dennaucheinst.dermit„krieg und Frieden“überschriebene Ausstellungssaal im zweiten Obergeschoss spiegelt diesen Ausspruch in fesselnden Arbeiten wider, die das Leid des Einzelnen
Höxter (epd). Die Welterbestätte Corvey startet am Samstag mit einer neu konzipierten Dauerausstellung, die antike Schätze und moderne Technik zusammenbringt. Unter dem Titel „Das Jahrtausend der Mönche – Von der Gründung Corveys bis ins Goldene Zeitalter“erhalten Besucherinnen und Besucher bei einem Rundgang in den
ins Zentrum rücken. Hier ist auch ihr prominentes Plakat „Nie wieder Krieg“von 1924 zu entdecken. Das wohl bekannteste deutsche Antikriegsplakat. Schlicht ergreifend, klar in der Aussage. Immer noch aktuell.
Nur spärlich beleuchtet sind die Räume hier oben. Eine eher düstere Atmosphäre macht sich breit. Das gedämpfte Licht passt zu den Arbeiten, die den aufbegehrenden Menschen genauso zeigen, wie den niedergedrückten, den leidenden, den sterbenden, den trauernden und den toten Menschen. Zusehensindhierauchihreberühmten Zyklen „Weber“und „Bauernkrieg“. Tief berührende Arbeiten. Aber auch harte, ungeschminkte Bilder der Wirklichkeit fordern den Besucher.
Dem gegenüber stehen fünf Werke der im Jahr 1952 in Beirut geborenen Künstlerin Mona Hatoum, die der Ausbruch des Bürgerkriegs im Libanon 1975 daran hinderte, aus England in ihre Heimat zurückzukehren. „Sie erweitern die
Mona Hatoums Arbeit „Cellules“. Käfige, in denen Glaskörper eingeschlossen sind.
Schlossräumen Einblicke in die wechselvolle Geschichte der ehemaligen Reichsabtei von der ersten Kirchengründung 844 bis zur Säkularisierung, so die Veranstalter.
Gezeigt würden kirchliche Exponate und archäologische Funde. Die Gäste könnten zudem anhand verschiedener Medien- und Digitalstationen Corveys monastisches Erbe
Ausstellung um eine globale Perspektive“, sagt Végh. Wie Kollwitz thematisiere auch die weltweit ausgestellte Hatoum, Trägerin des Käthe-kollwitzpreises von 2010, menschliche Grunderfahrungen. „Schmerz, Leid und Verletzlichkeit, Verlust der Heimat, aber auch das Vertraute und Häusliche, das durch institutionelle Gewalt undmachtsystemezerstört,gefährdet oder verfremdet wird, stehen bei ihr im Zentrum“, stellt Végh heraus.
Hatoum spiegelt diese Erfahrungen des Verlorenseins in packenden, eher minimalistischen Arbeiten wie „Cellules“(körperliche Zellen). Acht stählerne, leicht geneigte, enge Käfige, in denen mundgeblasene rote Glasobjekte eingesperrt sind, lassen gruseln, stehen für Folter, Eingesperrtsein ebenso wie ein transparenter Quader aus Stahl und Stacheldraht, den sie „Cube“(Würfel) nennt. Und auch die auf dem Boden vor Werken von Kollwitz liegende Gebetskette – eigentlich ein Symbol der Meditation – wird durch
Reliquienbüste Ansgar. des
Heiligen
Hatoums riesige Vergrößerung und den Einsatz von dunklen, schweren Metallkugeln, eher zu einer Fessel, denn zu etwas Befreiendem.
Kunst, die den Betrachter packt, bisweilen das Gefühl erzeugt, der Mensch hat kaum mehr eine Chance, sich zu entfalten. Végh sieht das anders, betont: „Wenngleich sich beide Künstlerinnen mit ernsten Themen befassen, sind ihre Arbeiten kein Ausdruck von Resignation. Im Gegenteil: Mit ihrer jeweiligen aktiven Mahnung gegen Leid und Unterdrückung zeugen sie von positivem Engagement.“Stellung beziehen eben.
Doch in der Kunsthalle begegnen sich nicht nur die Werke der beiden Künstlerinnen, sondern die Ausstellungsmacherinnen werfen auch einen neuen Blick auf die eigene Sammlung. „Wir stellen Arbeiten aus, die als Standpunkte gelesen werden können“, betonen Mund und Végh. Diesen sei gemeinsam, „dass sie widerständig gegenüber dem Bestehenden sind. Gegenbildern sinnlich erfahren. Die Multimedia-schau löst die alte Corveyer Ausstellung im ehemaligen Konventsgebäude auf dem barocken Schlossgelände ab, die 1985 aus Mitteln des damaligen Museumsvereins aufgebaut worden war. „Die Präsentation war stark in die Jahre gekommen“, sagte der Kunsthistoriker Christoph Stiegemann, der mit einem zum Hier und Jetzt stehen Arbeiten direkter Kritik am aktuellen Zustand gegenüber.“Auch werde die Frage verhandelt, wie wir im medialen Zeitalter Standpunkte einnehmen. Zu sehen sind Werke von Georg Baselitz, Max Beckmann, Monica Bonvicini, Robert Longo, Otto Mueller, Emil Nolde, Germaine Richier, Katharina Sieverding und weiteren Künstlern.
Auch Karl Haendels beeindruckende, große, gewollt unvollendete Bleistift-zeichnung „Unfinished Obama“(Unvollendeter Obama), die der Kunsthalle 2016 als Dauerleihgabe der Staff-stiftung Lemgo überlassen wurde, ist wieder einmal zu sehen. Erneut Kunst, die Stellung bezieht, sich einmischt oder zum Stellung beziehen einlädt und womöglich auch dazu anregt, darüber nachzudenken, ob ich immer gleich Stellung beziehen muss in diesen aufgeladenen Zeiten. Eine Ausstellung zur rechten Zeit. Höchst aktuelle Fragen stellend und sehens- und diskutierenswert. wissenschaftlichen Team das neue Konzept erarbeitet hat. Gemeinsame Idee der örtlichen katholischen Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus sowie des Herzöglichen Hauses sei es, die vorhandenen Exponate in einen relevanten Kontext zu stellen und so eine Geschichte erzählen zu lassen, so der Ex-leiter des Paderborner Diözesanmuseums.