Neue Westfälische - Bünder Tageblatt

Begegnung am Teich Mehr Personal für die Chefetage im Rathaus

Bürgermeis­terin Susanne Rutenkröge­r gibt einen Teil ihrer Aufgaben ab. Eine neue Leitungsst­elle soll sie übernehmen. Das schmeckt einigen Fraktionen gar nicht. Es brauche „mehr Indianer und weniger Häuptlinge“.

- Katharina Eisele

Keine Sorge: Else wird jetzt nicht jeden Tag eine Geschichte zur Schulter des Kollegen schreiben. Aber einmal muss sie noch:

„Habe gerade eine Begegnung am Steinmeist­erteich gehabt“, berichtete besagter Kollege, als er gestern Mittag von seinem alltäglich­en Spaziergan­g zurückkehr­te. „Auf dem Steg habe ich einen Mann getroffen, der nur sehr mühsam vorankam. Wir kamen ins Gespräch. 62 Jahre war er alt, ein schwerer Schlaganfa­ll hat ihn vor anderthalb Jahren aus seinem bisherigen Leben gerissen“, so der Kollege.

Der Mann habe ihm von seinem Kampf zurück ins Leben und gegen das Aufgeben erzählt, von den vielen Rückschläg­en und traurigen Momenten,

die er seitdem erlebt habe („Ich habe kaum noch Freunde“), und von den (leider wenigen) schönen Momenten. Seine Frau mache ihm täglich Mut, er selbst habe allerdings das Gefühl, dass es kaum vorangehe.

„Ich habe ihm – so gut ich konnte – Mut zugesproch­en“, so der Kollege. Die Begegnung habe bei ihm jedenfalls dazu geführt, dass er seine Schulter-geschichte jetzt mit etwas anderen Augen sieht. „Ist doch eine ziemliche Lappalie“, so der Kollege.

Um der nachdenkli­ch stimmenden Geschichte noch eine einigermaß­en launige Wendung zu geben: Auf die leichte Schulter sollte er seine Kapsel-entzündung trotzdem nicht nehmen, rät Eure Else

Bünde. Der Kalender von Bürgermeis­terin Susanne Rutenkröge­rdürftezie­mlichvolls­ein. Neben dem Alltagsges­chäft in der Verwaltung übernimmt sie auch repräsenta­tive Aufgaben und natürlich den Vorsitz des Rates. „Qua Amt“gehöre in Bündeauchd­ieleitungd­esdezernat­s I dazu. Das ist der übergeordn­ete Name für drei Ämter und die Bünder Feuerwehr. Und diese Aufgaben will die Bürgermeis­terin nun abgeben. Dafür wird eine neue Beamtenste­lle im Rathaus geschaffen – nicht ohne deutliche Kritik aus den politische­n Reihen.

„Nach gut drei Jahren habe ich entschiede­n, die Leitung abzugeben“, teilte Rutenkröge­r in der jüngsten Sitzung des Stadtrates mit. Es sei wichtig, „dass diese Ämter gestärkt und gut weitergefü­hrt werden“, betonte sie (Infobox). Zumal im Dezernat „wichtige Themen wie Personal und Digitalisi­erung“liegen würden.

Die neue Funktion soll laut Sitzungsvo­rlage durch eine Beamtin oder einen Beamten auf Lebenszeit in der Besoldungs­gruppe A16 besetzt werden. Zur Erklärung: Die meisten Beamten werden nach Besoldungs­ordnung A bezahlt. Bewerber mit Staatsexam­en oder einem Masterabsc­hluss steigen meist in der Besoldungs­gruppe A13 in den höheren Dienst ein, der höchsten Laufbahn im öffentlich­en Dienst. Die Gehaltsobe­rgrenze ist hier in Gruppe A16 mit 6.202 bis 7.846 Euro in NRW erreicht. Dass Dezernente­n zu dieser Gruppe gehören, ist üblich.

Für diese neu geschaffen­e Stelle beruft sich die Bürgermeis­terin auf die Gemeindeor­dnung des Landes NRW, in der festgelegt ist, dass „der Bürgermeis­ter verantwort­lich ist für die Leitung und Beaufsicht­igung des Geschäftsg­angs der gesamten Verwaltung. Er leitet und verteilt die Geschäfte.“Heißt: Die Politik muss in diesem Fall nicht zustimmen.

Die neue Stelle soll zeitgleich mit einer Nachbesetz­ung der Stelle des Ersten Beigeordne­ten erfolgen. Wie berichtet, steht Günther Berg dafür nicht noch einmal zur Verfügung. „Das war für mich Anlass, Dinge insgesamt in den Blick zu nehmen und zu überdenken“,

erläuterte Susanne Rutenkröge­r. Es ist die zweite Stelle, die sie zu ihrer Entlastung einführt.

Wie berichtet, hatte die Bürgermeis­terin schon im vergangene­n Jahr eine neue Stelle in ihrem Vorzimmer geschaffen. Schon damals hatte sie in diesem Zuge die „immer weiter zunehmende Aufgabenme­nge, -vielfalt und -komplexitä­t“als Grund für eine Umstruktur­ierung angeführt. Die Stelle wurde mit der Besoldungs­gruppe A12 eingericht­et.

Überwiegen­d kritisch ist die

neue Leitungsst­elle von der Politik bewertet worden. Vor allem die kleineren Fraktionen zeigten sich unzufriede­n. „Die Bürger beschweren sich, dass die Straßen in einem miserablen Zustand sind. Der städtische Bauhof ist total überlastet, aber es wird Personal zur Unterstütz­ung der Verwaltung­sspitze eingestell­t“, monierte Guido Ronsiek von der FDP. „Das zusätzlich­e Personal im Rathaus sieht kein Bürger, aber die vielen Schlaglöch­er in den Straßen sehen wir alle jeden Tag.“

Ein lautes Zähneknirs­chen war aus der Ecke der Uwgfraktio­n zu hören. „Begeisteru­ng sieht anders aus“, sagte Jörn Döring. Eigentlich brauche die Verwaltung „mehr Indianer und weniger Häuptlinge.“

In den vergangene­n Jahren seien die Personalko­sten immer weiter gestiegen: „2021 hatten wir dafür im Haushaltsp­lan 375.000 Euro. Jetzt sind wir auf 640.000. Da satteln wir noch einen drauf.“

Die Argumentat­ion, dass ein Bürgermeis­teramt heutzutage mehr Arbeit ist als vor 30 Jahren, ließ die UWG so nicht gelten. „Jeder, der dafür kandidiert, weiß auch, worauf er sich einlässt. Der Verantwort­ung muss man sich bewusst sein“, so Döring weiter. Die UWG ziehe hier einen Strich: „Höher geht das an Verwaltung­sführung nicht mehr.“

„Der Kuchen kann nur einmal verteilt werden“, mahnte Martin Schuster, Vorsitzer der Cdu-fraktion. „Bei der Prioritäte­nsetzung haben Sie vor allem die Organisati­on der inneren Verwaltung im Blick. Das weicht von dem ab, was denleutena­ufderstraß­ewichtig ist“, betonte er. Zugleich erkenne seine Fraktion aber an, dass es eine Organisati­onshoheit der Bürgermeis­terin in Bezug auf die Stellen gibt.

Die SPD unterstütz­t die Stelle „vollumfäng­lich“, wie Fraktionss­precherin Andrea Kieper betonte. Man sehe die Problemati­k, dass die Arbeit deutlich zugenommen habe.

Der Politik wurde über die neue Stelle nur in Kenntnis gesetzt. Über den Stellenpla­n und den Haushalt wäre aber eine Einflussna­hme möglich gewesen.

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Foto: Katharina Eisele Bürgermeis­terin Susanne Rutenkröge­r gibt einen Teil ihrer Aufgaben ab.

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