Neue Westfälische - Bünder Tageblatt
Begegnung am Teich Mehr Personal für die Chefetage im Rathaus
Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger gibt einen Teil ihrer Aufgaben ab. Eine neue Leitungsstelle soll sie übernehmen. Das schmeckt einigen Fraktionen gar nicht. Es brauche „mehr Indianer und weniger Häuptlinge“.
Keine Sorge: Else wird jetzt nicht jeden Tag eine Geschichte zur Schulter des Kollegen schreiben. Aber einmal muss sie noch:
„Habe gerade eine Begegnung am Steinmeisterteich gehabt“, berichtete besagter Kollege, als er gestern Mittag von seinem alltäglichen Spaziergang zurückkehrte. „Auf dem Steg habe ich einen Mann getroffen, der nur sehr mühsam vorankam. Wir kamen ins Gespräch. 62 Jahre war er alt, ein schwerer Schlaganfall hat ihn vor anderthalb Jahren aus seinem bisherigen Leben gerissen“, so der Kollege.
Der Mann habe ihm von seinem Kampf zurück ins Leben und gegen das Aufgeben erzählt, von den vielen Rückschlägen und traurigen Momenten,
die er seitdem erlebt habe („Ich habe kaum noch Freunde“), und von den (leider wenigen) schönen Momenten. Seine Frau mache ihm täglich Mut, er selbst habe allerdings das Gefühl, dass es kaum vorangehe.
„Ich habe ihm – so gut ich konnte – Mut zugesprochen“, so der Kollege. Die Begegnung habe bei ihm jedenfalls dazu geführt, dass er seine Schulter-geschichte jetzt mit etwas anderen Augen sieht. „Ist doch eine ziemliche Lappalie“, so der Kollege.
Um der nachdenklich stimmenden Geschichte noch eine einigermaßen launige Wendung zu geben: Auf die leichte Schulter sollte er seine Kapsel-entzündung trotzdem nicht nehmen, rät Eure Else
Bünde. Der Kalender von Bürgermeisterin Susanne Rutenkrögerdürfteziemlichvollsein. Neben dem Alltagsgeschäft in der Verwaltung übernimmt sie auch repräsentative Aufgaben und natürlich den Vorsitz des Rates. „Qua Amt“gehöre in Bündeauchdieleitungdesdezernats I dazu. Das ist der übergeordnete Name für drei Ämter und die Bünder Feuerwehr. Und diese Aufgaben will die Bürgermeisterin nun abgeben. Dafür wird eine neue Beamtenstelle im Rathaus geschaffen – nicht ohne deutliche Kritik aus den politischen Reihen.
„Nach gut drei Jahren habe ich entschieden, die Leitung abzugeben“, teilte Rutenkröger in der jüngsten Sitzung des Stadtrates mit. Es sei wichtig, „dass diese Ämter gestärkt und gut weitergeführt werden“, betonte sie (Infobox). Zumal im Dezernat „wichtige Themen wie Personal und Digitalisierung“liegen würden.
Die neue Funktion soll laut Sitzungsvorlage durch eine Beamtin oder einen Beamten auf Lebenszeit in der Besoldungsgruppe A16 besetzt werden. Zur Erklärung: Die meisten Beamten werden nach Besoldungsordnung A bezahlt. Bewerber mit Staatsexamen oder einem Masterabschluss steigen meist in der Besoldungsgruppe A13 in den höheren Dienst ein, der höchsten Laufbahn im öffentlichen Dienst. Die Gehaltsobergrenze ist hier in Gruppe A16 mit 6.202 bis 7.846 Euro in NRW erreicht. Dass Dezernenten zu dieser Gruppe gehören, ist üblich.
Für diese neu geschaffene Stelle beruft sich die Bürgermeisterin auf die Gemeindeordnung des Landes NRW, in der festgelegt ist, dass „der Bürgermeister verantwortlich ist für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung. Er leitet und verteilt die Geschäfte.“Heißt: Die Politik muss in diesem Fall nicht zustimmen.
Die neue Stelle soll zeitgleich mit einer Nachbesetzung der Stelle des Ersten Beigeordneten erfolgen. Wie berichtet, steht Günther Berg dafür nicht noch einmal zur Verfügung. „Das war für mich Anlass, Dinge insgesamt in den Blick zu nehmen und zu überdenken“,
erläuterte Susanne Rutenkröger. Es ist die zweite Stelle, die sie zu ihrer Entlastung einführt.
Wie berichtet, hatte die Bürgermeisterin schon im vergangenen Jahr eine neue Stelle in ihrem Vorzimmer geschaffen. Schon damals hatte sie in diesem Zuge die „immer weiter zunehmende Aufgabenmenge, -vielfalt und -komplexität“als Grund für eine Umstrukturierung angeführt. Die Stelle wurde mit der Besoldungsgruppe A12 eingerichtet.
Überwiegend kritisch ist die
neue Leitungsstelle von der Politik bewertet worden. Vor allem die kleineren Fraktionen zeigten sich unzufrieden. „Die Bürger beschweren sich, dass die Straßen in einem miserablen Zustand sind. Der städtische Bauhof ist total überlastet, aber es wird Personal zur Unterstützung der Verwaltungsspitze eingestellt“, monierte Guido Ronsiek von der FDP. „Das zusätzliche Personal im Rathaus sieht kein Bürger, aber die vielen Schlaglöcher in den Straßen sehen wir alle jeden Tag.“
Ein lautes Zähneknirschen war aus der Ecke der Uwgfraktion zu hören. „Begeisterung sieht anders aus“, sagte Jörn Döring. Eigentlich brauche die Verwaltung „mehr Indianer und weniger Häuptlinge.“
In den vergangenen Jahren seien die Personalkosten immer weiter gestiegen: „2021 hatten wir dafür im Haushaltsplan 375.000 Euro. Jetzt sind wir auf 640.000. Da satteln wir noch einen drauf.“
Die Argumentation, dass ein Bürgermeisteramt heutzutage mehr Arbeit ist als vor 30 Jahren, ließ die UWG so nicht gelten. „Jeder, der dafür kandidiert, weiß auch, worauf er sich einlässt. Der Verantwortung muss man sich bewusst sein“, so Döring weiter. Die UWG ziehe hier einen Strich: „Höher geht das an Verwaltungsführung nicht mehr.“
„Der Kuchen kann nur einmal verteilt werden“, mahnte Martin Schuster, Vorsitzer der Cdu-fraktion. „Bei der Prioritätensetzung haben Sie vor allem die Organisation der inneren Verwaltung im Blick. Das weicht von dem ab, was denleutenaufderstraßewichtig ist“, betonte er. Zugleich erkenne seine Fraktion aber an, dass es eine Organisationshoheit der Bürgermeisterin in Bezug auf die Stellen gibt.
Die SPD unterstützt die Stelle „vollumfänglich“, wie Fraktionssprecherin Andrea Kieper betonte. Man sehe die Problematik, dass die Arbeit deutlich zugenommen habe.
Der Politik wurde über die neue Stelle nur in Kenntnis gesetzt. Über den Stellenplan und den Haushalt wäre aber eine Einflussnahme möglich gewesen.