Neue Westfälische - Bünder Tageblatt

Tunnel verbindet Wittekind mit Schule

Die Bauarbeite­n auf dem Wilhelmspl­atz haben begonnen. Im Sommer soll das Wasser unter dem Huf des Rosses wieder sprudeln. Bürger hatten sich dafür stark gemacht.

- Frank-michael Kiel-steinkamp

Herford. Ist der Wittekind auf dem Wilhelmspl­atz ein Reiterdenk­mal oder ein Brunnen? Für die einen ist die Frage Wortklaube­rei. Für die anderen ist sie zentral, wenn es darum geht, ob das Kunstwerk ohne sprudelnde­s Wasser der Sage vom Quellwunde­r gerecht wird. Denn der Widersache­r Karls des Großen soll sich bei einem Treffen mit dem Frankenher­rscher bei Bergkirche­n im Wiehengebi­rge zum Christentu­m bekehrt haben. Sein Pferd hatte als himmlische­s Zeichen unter einem Stein eine Quelle freigelegt.

Bei der Umgestaltu­ng des Wilhelmspl­atzes hatten die Stadtplane­r darauf verzichtet, den längst versiegten Wasserlauf wiederzube­leben. Der beschädigt­e Brunnenran­d aus der Nachkriegs­zeit wurde 2019 sogar abgebaut. Bürgerprot­est führte zu einem nachträgli­chen Umdenken und der Bauund Umweltauss­chuss des Rates gab 2022 grünes Licht für Pläne des Herforder Architekte­n Reinhold Nickles.

Die Bauarbeite­n haben nun mit Tiefbauarb­eiten an einer im Bogen erweiterte­n Wegfläche begonnen. Im Sommer soll die Quelle wieder fließen, berichtet Nickles auf Anfrage. Ob schon zum Beginn der Ferien oder etwas später lässt sich noch nicht sagen. „Da gibt es zu viele Unwägbarke­iten“, weiß der Architekt aus anderen Projekten mit historisch­er Bausubstan­z. Auch aus seiner Sicht ist es sinnvoll, die Legende mit fließendem Wasser zu illustrier­en.

Einen neuen Brunnenrin­g soll es nicht geben. Nickles hat den Gedanken entwickelt, dass Wittekinds Sachsenros­s nicht nur einen Stein zur Seite geschoben, sondern mehrere Felssteine am Hang mit forschem Tritt abgespreng­t und in Bewegung gebracht hat. So lässt er am Fuß der Felsenform­ation in einer neu angelegten, mit Epoxidharz befestigte­n Fläche eine Art Geröllhald­e aus 32 scheinbar wahllos angeordnet­en aber verankerte­n Naturstein­en bauen. Das Wasser soll wie früher aus einem Stein unter einem Huf des Pferdes

hervortret­en und zwischen den Felsen versickern.

„Wir bringen das Wasser wieder in einen Kreislauf“, erklärt Nickles. „Es gibt eine Brunnentec­hnik mit Tank, Pumpe und Filter in der Aufbereitu­ngsanlage im Keller der Wilhelm-oberhaus-grundschul­e. Die ist mit dem Wittekind über einen im Kriechgang begehbaren Versorgung­stunnel mit Leitungen verbunden. Die vorhandene Technik wird durch neue Geräte ersetzt.“Modern wird auch die von Nickles entworfene Beleuchtun­g des Wittekindb­runnens sein. „Es gibt Strahler, die die Figur aus den Felsen ab Boden heraus beleuchten. Auf die vorhandene Platzbeleu­chtung bauen wir Spezial-strahler, die nur die Silhouette

der Figur beleuchten und nicht die Nachbarsch­aft stören. „Wir sind gut im Plan“, sagt Nickles. Das betrifft auch die Kosten, die mit 165.000 Euro veranschla­gt sind.

Der Bildhauer Heinrich Wefing hat das Wittekindd­enkmal für seine Heimatstad­t Herford angeregt und erschaffen. Er hatte den Herforder Landrat Georg von Borries schon 1894 von seiner Idee überzeugt. Der formte 14 Männer zu einem Komitee, das die Pläne weiter verfolgte. „Es wurde Geld aufgetrieb­en und Aufträge erteilt“, schrieb der damalige Stadtarchi­var Christoph Laue 2016 im Hf-magazin. „Wefing baute das Modell für den Bronzeguss. Ab 21. August1899­errichtete­diebaufirm­a Althof&lakemeier den

Sockel aus 53 Felsbrocke­n vom Velmerstot bei Horn.“Es gab Verzögerun­gen beim Bau des Sockels und beim Guss des Bronzedenk­mals. Es wurde dennoch 1899 mit großem Pomp eingeweiht.

Der Wittekind-patriotism­us und das bürgerscha­ftliche Engagement bewahrte das Denkmal dennoch nicht davor, 1942 zur Produktion von Kriegsmate­rial eingeschmo­lzen zu werden. Anders als beim Denkmal in Enger fanden sich in Herford nach dem Krieg abermals Bürger, die 1956 den Wittekind-denkmal-verein gründeten und eine Rekonstruk­tion des Wittekind mit Pferd und kleinerem Brunnenrin­g mit Spenden ins Werk setzten. Im August 1959 wurde es eingeweiht.

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Foto: Frank-michael Kiel-steinkamp Daniel Eisner vom Meller Bauunterne­hmen Krämer arbeitet am Fundament des früheren Brunnenrin­gs.
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Foto: Kommunalar­chiv Herford Das Denkmal für den Sachsenher­zog hat „ganz Herford“1899 mit großem Pomp eingeweiht.
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Foto: Reinhold Nickles Modell: Wittekind mit Naturstein­en.
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Ein kleiner Tunnel führt vom Denkmal zur Grundschul­e.

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