Neue Westfälische - Bünder Tageblatt
Tunnel verbindet Wittekind mit Schule
Die Bauarbeiten auf dem Wilhelmsplatz haben begonnen. Im Sommer soll das Wasser unter dem Huf des Rosses wieder sprudeln. Bürger hatten sich dafür stark gemacht.
Herford. Ist der Wittekind auf dem Wilhelmsplatz ein Reiterdenkmal oder ein Brunnen? Für die einen ist die Frage Wortklauberei. Für die anderen ist sie zentral, wenn es darum geht, ob das Kunstwerk ohne sprudelndes Wasser der Sage vom Quellwunder gerecht wird. Denn der Widersacher Karls des Großen soll sich bei einem Treffen mit dem Frankenherrscher bei Bergkirchen im Wiehengebirge zum Christentum bekehrt haben. Sein Pferd hatte als himmlisches Zeichen unter einem Stein eine Quelle freigelegt.
Bei der Umgestaltung des Wilhelmsplatzes hatten die Stadtplaner darauf verzichtet, den längst versiegten Wasserlauf wiederzubeleben. Der beschädigte Brunnenrand aus der Nachkriegszeit wurde 2019 sogar abgebaut. Bürgerprotest führte zu einem nachträglichen Umdenken und der Bauund Umweltausschuss des Rates gab 2022 grünes Licht für Pläne des Herforder Architekten Reinhold Nickles.
Die Bauarbeiten haben nun mit Tiefbauarbeiten an einer im Bogen erweiterten Wegfläche begonnen. Im Sommer soll die Quelle wieder fließen, berichtet Nickles auf Anfrage. Ob schon zum Beginn der Ferien oder etwas später lässt sich noch nicht sagen. „Da gibt es zu viele Unwägbarkeiten“, weiß der Architekt aus anderen Projekten mit historischer Bausubstanz. Auch aus seiner Sicht ist es sinnvoll, die Legende mit fließendem Wasser zu illustrieren.
Einen neuen Brunnenring soll es nicht geben. Nickles hat den Gedanken entwickelt, dass Wittekinds Sachsenross nicht nur einen Stein zur Seite geschoben, sondern mehrere Felssteine am Hang mit forschem Tritt abgesprengt und in Bewegung gebracht hat. So lässt er am Fuß der Felsenformation in einer neu angelegten, mit Epoxidharz befestigten Fläche eine Art Geröllhalde aus 32 scheinbar wahllos angeordneten aber verankerten Natursteinen bauen. Das Wasser soll wie früher aus einem Stein unter einem Huf des Pferdes
hervortreten und zwischen den Felsen versickern.
„Wir bringen das Wasser wieder in einen Kreislauf“, erklärt Nickles. „Es gibt eine Brunnentechnik mit Tank, Pumpe und Filter in der Aufbereitungsanlage im Keller der Wilhelm-oberhaus-grundschule. Die ist mit dem Wittekind über einen im Kriechgang begehbaren Versorgungstunnel mit Leitungen verbunden. Die vorhandene Technik wird durch neue Geräte ersetzt.“Modern wird auch die von Nickles entworfene Beleuchtung des Wittekindbrunnens sein. „Es gibt Strahler, die die Figur aus den Felsen ab Boden heraus beleuchten. Auf die vorhandene Platzbeleuchtung bauen wir Spezial-strahler, die nur die Silhouette
der Figur beleuchten und nicht die Nachbarschaft stören. „Wir sind gut im Plan“, sagt Nickles. Das betrifft auch die Kosten, die mit 165.000 Euro veranschlagt sind.
Der Bildhauer Heinrich Wefing hat das Wittekinddenkmal für seine Heimatstadt Herford angeregt und erschaffen. Er hatte den Herforder Landrat Georg von Borries schon 1894 von seiner Idee überzeugt. Der formte 14 Männer zu einem Komitee, das die Pläne weiter verfolgte. „Es wurde Geld aufgetrieben und Aufträge erteilt“, schrieb der damalige Stadtarchivar Christoph Laue 2016 im Hf-magazin. „Wefing baute das Modell für den Bronzeguss. Ab 21. August1899errichtetediebaufirma Althof&lakemeier den
Sockel aus 53 Felsbrocken vom Velmerstot bei Horn.“Es gab Verzögerungen beim Bau des Sockels und beim Guss des Bronzedenkmals. Es wurde dennoch 1899 mit großem Pomp eingeweiht.
Der Wittekind-patriotismus und das bürgerschaftliche Engagement bewahrte das Denkmal dennoch nicht davor, 1942 zur Produktion von Kriegsmaterial eingeschmolzen zu werden. Anders als beim Denkmal in Enger fanden sich in Herford nach dem Krieg abermals Bürger, die 1956 den Wittekind-denkmal-verein gründeten und eine Rekonstruktion des Wittekind mit Pferd und kleinerem Brunnenring mit Spenden ins Werk setzten. Im August 1959 wurde es eingeweiht.