Neue Westfälische - Bünder Tageblatt
Warum der Osterhase die Eier bringt
Dass es so ist, weiß jedes Kind. Aber woher diese Vorstellung kommt, ist schwierig zu klären. Eine Spurensuche.
Bünde. Der Osterhase bringt die Ostereier. Ist doch klar wie Eiklar, weiß doch jedes Kind – auch im Bünder Land. Aber warum eigentlich? So richtig lässt sich das womöglich nicht mehr herausfinden. An Erklärungsansätzen zur Herkunft des Hasen als Eier-verstecker mangelt es allerdings nicht.
Zunächst aber zum Ei: Selbiges war schon in vielen alten Kulturen ein Symbol für Fruchtbarkeit – und die Kirche hat es übernommen. Die Vermutung liegt nahe, dass im Frühling, also zur Zeit der wiedererwachenden Natur und Lebensfreude, aus diesem Grund schon früh Eier verschenkt wurden.
Die Vorstellung, dass verschiedene Tierarten – und keinesfalls nur der Osterhase – für das Färben und Verstecken von Eiern zur Osterzeit zuständig sind, reicht zurück bis ins 16. Jahrhundert. In Tirol legte lange Zeit die Osterhenne die Eier, in der Schweiz war’s der Kuckuck, in Thüringen der Storch – alles einigermaßen nachvollziehbar. Nicht ganz so plausibel: In Schleswig-holstein, Westfalen, Niedersachsen und Bayern kamen der Osterfuchs oder auch der Osterhahn.
Der erste Osterhase, so sagt eine Quelle im Internet, sei indes nichts anderes als ein misslungenes Stück Ostergebäck gewesen. Ursprünglich sei bekanntlich das Lamm das typische Symbol für Ostern gewesen. Bis heute habe sich die Tradition gehalten, Brot und Kuchen in Form eines Lammes zu backen. Und da habe sich eines Tages in grauer Vorzeit, so die Erklärung, ein Osterlamm beim Backen dermaßen verformt, dass es einem Hasen ähnelte. Der findige Bäcker machte aus der Not eine Tugend – der Osterhase war erfunden.
Ob Versehen oder nicht – im 17. Jahrhundert hatte das Fabeltier in Deutschland schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht: Der Heidelberger Arzt Johannes Richier stellt um 1682 in seiner Dissertation „De ovis paschalibus“(„Von Ostereiern“) mit einem gewissenargwohnfest,dass„in Oberdeutschland, in unserer Pfalzgrafschaft, im Elsass und in benachbarten Gemeinden sowie in Westfalen (. . .) der Osterhase solche Eier lege und in den Gärten im Grase verstecke, damit sie von den Knaben umso eifriger gesucht würden, zum Lachen und zur Freude der Älteren.“
Als gesichert gilt, dass der Osterhase ein ursprünglich protestantischer Brauch ist, der sich im 18. Jahrhundert vor allem in städtischen Regionen etablierte. Seinerzeit entstand in bürgerlichen Kreisen eine romantische und sentimentale Welt, in der die Ostereiersuche zu einem nicht-kirchlichen, familiären Festtagsbrauch wurde. Die Idee, Ostereier über die Feiertage an Kinder zu verschenken, setzte sich dauerhaft durch. Ab dem 19. Jahrhundert begannen auch katholische Familien mit der Eiersuche.
Dass der Feldhase zum ultimativen Ostersymbol und Eiertier wurde, so eine weitere Quelle, gehe vielleicht auch auf seine Fruchtbarkeit und sein Paarungsverhalten in der vorösterlichen Zeit zurück: Häsinnen können nicht nur mit einem Wurf fünf Junge zur Welt bringen, sondern sogar zeitgleich mit unterschiedlich weit entwickelten Föten trächtig sein.
Vielleicht, so heißt es an anderer Stelle, habe auch das Verhalten der Hasen in freier Flur seinen Teil zur Legende beigetragen: Feldhasen verharren still in einer Mulde, bis sie bei Gefahr in letzter Minute davon hoppeln. „Die manchmal nestähnliche Stelle, auf der die Tiere gelegen haben, wurde womöglich als Platz der Eiablage angesehen“, so die Mutmaßung.
Dass in der kollektiven Volksvorstellung gerade der Hase zum Eierbringer wurde, versuchte man im Laufe der
Geschichte auch schon damit zu erklären, dass die ausgehungerten Hasen im Frühjahr zur Nahrungssuche in die Dörfer und Bauerngärten kamen – obwohl die scheuen Tiere eigentlich die Nähe des Menschen meiden.
Auch bildhafte Deutungen mussten als Erklärung für den Osterhasen herhalten: Bereits seit dem 18. Jahrhundert war das Dreihasenbild ein beliebtes Motiv zum Bemalen von Ostereiern. Abgebildet sind drei Hasen mit insgesamt nur drei Ohren. Da die Tiere aber in Kreisform angeordnet sind, entsteht der Eindruck, dass jeweils zwei Ohren zu einem Hasen gehören.
Besagtes Dreihasenbild stand lange Zeit für die göttliche Trinität. Eine solche Abbildung, das sogenannte Dreihasenfenster, befindet sich übrigens im Kreuzgang des Paderborner Doms. Da das Bild als Ostereischmuck sehr häufig Verwendung fand, kam man womöglich irgendwann auf die Idee, dass die abgebildeten Hasen auch die Eier brächten.
Zugegeben: Das Gelbe vom Ei sind all diese Erklärungen nicht. Aber was soll’s? Für die Kinder zählt ohnehin nur eins: Hauptsache, der Osterhase hat auch an diesem Ostersonntag wieder Eier im Garten versteckt.