Neue Westfälische - Bünder Tageblatt
Warum der Gartenbauverein so viel Zulauf hat
Die meisten Vereine beklagen sich über Mitgliederschwund. Das war beim „Gartenbauverein Südlengern“nicht anders. Doch seit einigen Jahren wächst der Verein wieder. Warum?
Kirchlengern/bünde. „Gartenbauverein“. Ein bisschen angestaubt klingt das schon. Andererseits: Der Verein geht auf die 90 zu – so alt werden andere gar nicht. Und tatsächlich kämpfte auch dieser Verein mal um sein Bestehen. Es ist noch gar nicht lange her, da war eine Auflösung fast schon beschlossene Sache. Aber dann passierte etwas. Und seit einiger Zeit freut sich der Verein fast jeden Monat über neue Mitglieder. Wie konnte das gelingen?
Burkhard Scheiding zuckt mit den Schultern und lächelt dabei ein wenig verschmitzt. Der 64-Jährige ist noch nicht lange Vorsitzender. Hängt der Aufschwung vielleicht mit ihm zusammen? Das würde Scheiding so natürlich nicht sagen.
Zur besseren Einordnung erst mal ein kleiner Blick in die Geschichte: Die Gründung des Gartenbauvereins im Jahre 1937, so ist einer Chronik zu entnehmen, fiel in eine ungünstige Zeit. Der Zweite Weltkriegstandvordertür–dasgerade erst aufkeimende Pflänzchen Vereinsleben verkümmerte da bereits wieder. Und auch in den Jahren danach hatten die Menschen zunächst andere Sorgen. Einen Gemüsegarten zur Selbstversorgung hatte zu jener Zeit zwar so ziemlich jeder Hausbesitzer, aber deswegen extra einem Verein beitreten? Die „Gartenbauer“hielten sich gerade so über Wasser. Erst ab den 60er Jahren ging es mit den Mitgliederzahlen mehr oder weniger beständig nach oben – was wohl auch damit zusammenhing, dass dem Aspekt Geselligkeit nun ein größerer Stellenwert eingeräumt wurde.
Die höchste Mitgliederzahl in der Vereinsgeschichte, so weiß Scheiding zu berichten, lag bei 158. Dass es irgendwann trotzdem wieder abwärts ging, hing vor allem mit dem steigenden Alter der Mitglieder zusammen. „Und neue kamen zuletzt kaum hinzu“, sagt Sabine Detzmeier, die schon seit gut 34 Jahren dabei ist. Man sei „so ein bisschen unter sich geblieben“und habe am Ende nur noch recht wenig Werbung in eigener Sache betrieben.2021warmit80mitgliedern ein Tiefpunkt erreicht. Und niemand wollte mehr den Vorsitz übernehmen – es drohte die Auflösung.
Aber so ganz wollte man noch nicht aufgeben: Burkhard Scheiding war dem Verein als eines der ganz wenigen
Neumitglieder erst im Jahr 2019 beigetreten. Nun versuchte ihn der damalige Vorsitzende Manfred Breitenkötter, davon zu überzeugen, gleich den Vorsitz zu übernehmen. „Ich hab’ das dann mit meiner Frau besprochen. Und nach kurzer Zeit haben wir gesagt: Okay, wir probieren’s. Wenn’s nicht klappt, können wir uns später immer noch auflösen.“
Von Auflösungserscheinungen war dann aber plötzlich keine Rede mehr. Im Gegenteil: Schon nach relativ kurzer Zeit bekam der Verein sogar wieder Zulauf. Zurzeit habe man 113 Mitglieder, Tendenz steigend. Und was Scheiding fast noch wichtiger findet: Der Altersdurchschnitt ist zwischen 2022 und 2024 von 77,6 auf 72,2 Jahre heruntergegangen. „Wir haben sogar ein paar neue Leute hinzubekommen, die sind erst knapp über 30“, freut sich Scheiding. Sein Ziel: „Beim Altersdurchschnitt soll vorne mal eine 6 stehen.“
Okay. Und jetzt mal Butter bei die Fische: Woran liegt’s? Wieso läuft es auf einmal wieder? Haben die Leute seit Corona vielleicht wieder mehr Lust auf Garten? „Möglich“, sagt Scheiding. „Aber das Entscheidende sind wahrscheinlich eher die Events, die geselligen Zusammenkünfte.“Da kämen auch Leute hin, die nochnichtimvereinseien,sagt er. Und da unterhalte man sich dann am Grill oder bei einem
Bier. Nicht nur übers Gärtnern, sondern über Gott und die Welt – „und dann fragt man halt irgendwann direkt nach, wie’s denn mit einer Mitgliedschaft aussieht“. Fast bei jedem kleinen Fest, das der Verein durchführe, so Scheiding, bekäme man auf diese Weise Neuanmeldungen.
Christian Voigt ist eine dieser Neuanmeldungen. „Dieses Jahr im Januar war’s so weit, beim Grünkohlessen“, sagt der Mann, der sich selbst als „Dorfschmied“bezeichnet und deshalb auch gleich mal ein schickes Vereinslogo schmiedete. „Wir haben hier in Südlengern nicht mehr viele Vereine“, sagt der 57-Jährige, der auch bei „Südlengern aktiv“mitmischt. „Aber die, die wir noch haben, müssen wir erhalten.“Im Gartenbauverein sind sie auf einem guten Weg. Ob der Name nun angestaubt ist oder nicht.