Neue Westfälische - Bünder Tageblatt

Vulkanausb­ruch im Bvb-stadion

Borussia Dortmund stürmt in einer magischen Nacht ins Champions-league-halbfinale – und will zurück nach Wembley. In den Weg stellt sich Paris mit Superstar Mbappé, aber auch die Westfalen haben neue Helden.

- Thomas Nowag

Dortmund. In einer berauschen­den Ballnacht voller schwarz-gelber Magie feierten die Helden von Borussia Dortmund wie verrückt – und Hans-joachim Watzke starrte nur noch fassungslo­s an seine Zimmerdeck­e. „Ich war um vier Uhr im Bett“, sagte der Boss von Borussia Dortmund nach einer „unfassbare­n Eruption der Gefühle“: Er habe „vor lauter Adrenalin in den Adern noch eine Stunde gebraucht, um einzuschla­fen“.

Sie alle hatten sich im Königssaal des deutschen Fußballs in den Armen gelegen, kunterbunt vom Finale geträumt, in der Kabine gegrölt, „auch mal ein Radler“auf die Rückkehr in den europäisch­enhochadel­getrunken,wie Torhüter Gregor Kobel verriet. Der sagenhaft starke Marcel Sabitzer, Mats Hummels nach seiner wilden Achterbahn­fahrt, der herausrage­nde Julian Brandt. Niclas Füllkrug zeigte energisch die Richtung an: „Jetzt gibt es nur noch ein Ziel – Wembley!“

Tatsächlic­h: Der BVB kann in einer höchst kuriosen Saison, in der er unter den besten vier Mannschaft­en Europas, aber nur unter den besten fünf Mannschaft­en Deutschlan­ds steht, das Champions-league-finale am 1. Juni erreichen. In der Londoner Kathedrale des Fußballspo­rts, ganz wie 2013 im (verlorenen) „German Endspiel“gegen Bayern München. Er habe „selten eine solch überschäum­ende Freude in den Gesichtern der Menschen gesehen“, berichtete Watzke am Mittwoch, „für die Visitenkar­te des Klubs ist das außergewöh­nlich“.

Nur Paris St. Germain und Kylian Mbappé stehen Anfang Mai noch im Weg. Der Booster fürs Selbstbewu­sstsein und eine 100-Millionen-eurospritz­e fürs Bankkonto helfen dem BVB auf allen Ebenen. „Ich versuche immer, nicht so euphorisie­rt in Interviews zu sein, aber das war magisch. Das Stadion hat gebrannt“, sagte

Füllkrug, dem seine vorherige Neun-spiele-torflaute „scheißegal“war: Dieser Treffer zum 3:2 war wichtiger als allesander­e.beisabitze­rs4:2versank das Stadion in einer Ekstase, die an die besten Tage unter Jürgen Klopp erinnerte.

An der legendären Getränkebu­de „Steffi’s Anstoß“tranken die Fans ihr Bier aus dem Becher mit leuchtende­n Augen. „Es war ein geiles Spiel für alle Menschen, die zugeschaut haben“, sagte Brandt, die kleine Trophäe für den Spieler des Abends reichte er verbal an Sabitzer weiter: „Er hatte einen brutalen Impact.“

Als es ganz bitter dahin zu gehen schien, hatte der Österreich­er das Duell beim Stand von 2:2 nach 2:0 ein zweites Mal herumgeris­sen. Der BVB entzündet also eine neue Euphorie, er reißt die Menschen endlich wieder richtig mit – das macht Mut für die Bundesliga,inderdiedo­rtmunderno­ch den erneuten Einzug in die Champions League schaffen müssen. Oder: Sie gewinnen sie einfach.

Im Rennen mit England um den Bonusplatz für Deutschlan­d hat der BVB der Liga und sich selbst zudem einen großen Gefallen getan. Im Maximalfal­l könnten 2024/25 sechs deutsche Mannschaft­en in der reformiert­en Königsklas­se spielen. Aber: Langsam, laaaangsam, sagt Hans-joachim Watzke. „Paris geht favorisier­t in dieses Halbfinale, aber das ging Real Madrid 2013 auch.“Bis der BVB die Königliche­n mit vier Toren von Robert Lewandowsk­i 4:1 aus dem Stadion fegte. Sogar an die sensatione­lle Zaubernach­t gegen den FC Malaga, beim BVB seitdem die 10,0 auf der Ausflipp-skala, fühlte sich der Vereinsbos­s erinnert. Hummels schrieb bei Instagram: „Sowas gibt es nur hier, das vergisst man nie. NIE!“

Als Watzke letztlich doch sanft schlummert­e, tat er dies nicht ohne Genugtuung. In schwierige­n Zeiten hatte er an seinem Trainer Edin Terzic eisern festgehalt­en, gegen alle Widerständ­e. „Das ist ein stolzer Tag für alle Borussen“, sagte er: „Manchmal ist es schon richtig, sich als Verantwort­licher nicht mitreißen zu lassen, sondern kühl und analytisch zu bleiben. Wir sind sehr froh, dass wir unseren Weg gegangen sind.“

Diese urwestfäli­sche Gradlinigk­eit beginnt sich auszuzahle­n. Auch wenn es für Watzkes Schlaf-management sicher nicht das Beste ist.

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Der überragend­e Dortmunder Marcel Sabitzer rutscht nach seinem Tor zum 4:2 ins Glück.

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