Neue Westfälische - Gütersloher Zeitung
Förderstopp bedroht Aufforstung
Völlig unerwartet erreichte Waldbauern die Botschaft über das Aussetzen von Förderprogrammen. Dahinter steckt ein Problem der Landesregierung.
Bielefeld.demwaldgehtesoffensichtlich nicht gut: Wer beispielsweise Richtung Bielefeld über den Ostwestfalendamm fährt, sieht in den Wäldern auf dem Johannisberg häufig kahle und ausgetrocknete Stellen. Dürre und Borkenkäfer haben vielen Bäumen zu schaffen gemacht. Und mit Blick auf den Klimawandel ist auch keine Besserung in Sicht.
Für Heidrun Buß-schöne, Geschäftsführerin des Waldbauernverbandes NRW, war es daher völlig überraschend, als die Landesregierung alle Förderprogramme für die Wiederbewaldung stoppte. Der Grund: ein Kassensturz. Das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MLV) wisse gar nicht, was es bisher ausgegeben hat. Auf Nachfrage erklärt Pressesprecher Matthias Kowalski: „Wie vielinsgesamtimjahr2024verausgabt wurde, steht erst nach Abschluss des aktuell anstehenden Kassensturzes fest.“
Was bereits feststeht: Die Ausgaben sind höher als die geplanten Landesmittel in Höhe von 10,6 Millionen Euro. Deswegen gebe es jetzt einen Bewilligungsstopp bis mindestens Ende April. So lange kann der Wald jedoch nicht warten. Die Pflanzsaison dauert nur noch sechs bis acht Wochen an. Selbst wenn die Waldbauern Widerspruch einlegen,
würde eine Einigung über weitere Fördermittel voraussichtlich länger dauern.
Besonders zwischen 2019 und 2021 sind durch Extremwetter viele Schäden entstanden. „In NRW gibt es 150.000 Hektar Waldschadflächen“, sagt Buß-schöne. Das sind 16 Prozent aller Waldflächen. Zum Vergleich: Die beschädigten Gebiete sind zweimal so groß wie die Stadtfläche Hamburgs (circa 75.000 Hektar). Es müsste also viel getan werden, auch um noch gesunde Flächen zu schützen. Der Landesbetrieb Wald und Holz sieht das ebenfalls so. In Mitteilungen verweist er auf die zerstörten Waldstücke und titelte auf der eigenen Webseite wenige Tage vor dem Förderstopp:
„Gute Zeit für die Wiederbewaldung in NRW“. „Auf unserer Mitgliederversammlung vor drei Wochen wurde uns vom Landwirtschaftsministerium noch vermittelt: ’Krempelt die Ärmel hoch und pflanzt, was das Zeug hält. Das Geld ist da’“, so Buß-schöne.
Wie passt das zusammen? Wald und Holz wollte sich dazu nicht äußern. Pressesprecher Friedrich Louen sagt: „Die Kommunikation zur Förderung liegt beim Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz.“Eine solche Antwort verwundert nicht. Buß-schöne nimmt den Verband in Schutz und erklärt, dass er nur ein ausführendes Organ und nicht für Haushaltsfragen zuständig sei.
Auf die Frage nach der Misskommunikation und dem Widerspruch zwischen Wald und Holz sowie dem Ministerium antwortet Pressesprecher Matthias Kowalski nicht. Auch nicht, warum der Kassensturz ausgerechnet jetzt erfolgen musste und nicht in einigen Wochen, um die Pflanzsaison noch zu Ende zu führen.
Buß-schöne vermutet: „Wahrscheinlich ist das Ministerium selbst über die Menge der Förderanträge erstaunt gewesen.“Stand März liegen allein zur Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen Anträge in Höhe von rund 17 Millionen Euro bei den Regionalforstämtern vor, erklärt das Ministerium. Knapp sieben Millionen mehr, als für die gesamte Förderung eingeplant war. Wie geht es nun weiter? Heidrun Buß-schöne hofft weiter auf eine Einigung. Sie betont, dass die Zusammenarbeit mit dem Land in der Vergangenheit positiv gewesen sei. Jetzt brauche es Tempo: „Das Land muss schnellstmöglich sein Geld zählen, Förderungen freistellen und wieder genehmigen lassen.“Ansonsten würden viele Flächen in diesem Frühjahr nicht mehr aufgeforstet. Einen Lichtblick gibt es für die Waldbauern: Sie können weiterhin Anträge einreichen und erhalten Auszahlungen, zu denen schon ein Zuwendungsbescheid vorliegt.