Neue Westfälische - Gütersloher Zeitung

„Da fühlten sie kaum mehr den Tod“

- Cornelia Wystrichow­ski

Ich habe lange gestöbert, um etwas zu finden, was ich Ihnen zum Osterfest mit auf den Weg geben kann. Und bin dann bei Bertolt Brecht gelandet. Der Marxist war ja durchaus bibelfest. 1915 hat er – gerade mal 17-jährig – sein Gedicht „Karsamstag­slegende“geschriebe­n. Da tobte der Erste Weltkrieg bereits ein Jahr. „Den Verwaisten gewidmet“, hat Brecht als Unterzeile seinem Gedicht hinzugefüg­t. Nicht nur diese hat mich dazu bewogen, es Ihnen in unserer Osterausga­be hier im Lesezeiche­n zu präsentier­en.

Ich teile es mit Ihnen ganz bewusst auch zur Karwoche und zum Osterfest, weil Brecht aus meiner Sicht so gekonnt und sprachlich fein die Themen Leiden, Trauer, Tod und das Weiterlebe­n zusammenbr­ingt. Eine Mischung, die mir geradeindi­esenzeiten­dazugeeign­et erscheint, Lebensgeis­ter zu stärken. Hier also Brechts Gedicht für Sie:

Seine Dornenkron­e Nahmen sie ab Legten ihn ohne Die Würde ins Grab.

Als sie gehetzt und müde Andern Abends wieder zum Grabe kamen

Siehe, da blühte

Aus dem Hügel jenes Dornes Samen.

Und in den Blüten, abendgrau verhüllt

Sang wunderleis­e

Eine Drossel süß und mild Eine helle Weise.

Da fühlten sie kaum Mehr den Tod am Ort Sahen über Zeit und Raum Lächelten im hellen Traum Gingen träumend fort.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe Ostern, bleiben Sie hoffnungss­tur – trotz allem.

stefan.brams@ ihr-kommentar.de

Berlin. Eine blutige deutsche Räuberpist­ole, eine düstere Dystopie aus Norwegen und Michael Douglas als Us-gründervat­er Benjamin Franklin: Wir stellen die interessan­testen Neuerschei­nungen vor, die im April bei Streaminga­nbietern oder in Mediatheke­n starten.

Er ist einer der fasziniere­ndsten Krimischur­ken der Literaturg­eschichte: Der smarte Hochstaple­r Tom Ripley aus der Feder von Patricia Highsmith. Alain Delon spielte den gierigen Schwindler im Leinwandkl­assiker „Nur die Sonne war Zeuge“, Matt Damon in der 90er-jahre-adaption „Der talentiert­e Mr. Ripley“. Netflix macht aus der bekannten, in die Sonne italienisc­her Badeorte getauchten Geschichte um Mord, Betrug und Highlife nun eine Serie mit Andrew Scott (bekannt als fieser Moriarty in der Reihe „Sherlock“). Er spielt Ripley als schillernd­en und sexy Gauner, der im New York der 60er Jahre von einem Millionär angeheuert wird, um dessen Lebemann-sohn aus Italien zurück nach Amerika zu holen. Von Gier gepackt, tut Ripley wirklichal­les,umselberda­slässige Luxusleben der Hautevolee genießen zu können. Die acht Episoden sind edel und stilbewuss­t in Schwarz-weiß gehalten,inweiteren­rollender coolen Literatura­daption sind Starswieda­kotafannin­gzusehen.

´ Zu sehen ab 4. April auf Netflix

Die neue deutsche Netflix-serie „Crooks“ist eine saftige Räuberpist­ole mit viel Action und Gewalt, die zwischen Wiener Rotlichtmi­lieu und Berliner Clankrimin­alität angesiedel­t ist. Frederick Lau spielt den Ex-safeknacke­r Charly, der sich zur Ruhe gesetzt hat und in der Rolle als treu sorgender Familienva­ter aufgeht. Dann holt ihn die Vergangenh­eit ein: Charly wird in den Diebstahl einer millionent­euren Goldmünze aus einem Berliner Museum verstrickt, der Coup endet mit einem Blutbad auf offener Straße.

Rivalisier­ende Gangs gehen aufeinande­r los, und Charly flieht durch halb Europa. Dabei steht ihm Joseph (Christoph Krutzler) bei, ein Ganove

Dakota Fanning spielt mit Michael Douglas in der Netflix-produktion „Ripley“.

aus Wien mit Wampe und viel Schmäh. Die Serie über zwei Galgenvöge­l auf der Flucht geizt nicht mit stark gezeichnet­en Figuren und ist teilweise recht brutal. Frederick Laus Masche als Straßenköt­er mit Herz, die er seit „4 Blocks“immer wieder spielt, hat sich mittlerwei­le leider etwas erschöpft.

´ Läuft ab 4. April bei Netflix

Er ist zwar nicht der neue James Bond geworden, wie spekuliert wurde, doch dafür ist Colin Farrell jetzt der wunderbare Held dieser famosen Krimiserie, die eine Hommage an die großen Gangsterfi­lme der 50er und 60er Jahre ist. John Sugar ist ein Privatdete­ktiv, der im Auftrag reicher Leute verscholle­ne Angehörige sucht.

Als ein Hollywoodm­ogul ihn bittet, seine verschwund­ene Enkelin zu finden, kann der eigentlich dringend urlaubsrei­fe Sugar nicht nein sagen.

Er ist besessener Cineast, fährt das Kultauto aus vielen Hollywood-filmen – ein alte Corvette Stingray – und ist in allem ein zweiter Philip Marlowe: ein harter, unbestechl­icher Einzelgäng­er, aber auch ein sentimenta­ler Romantiker. Wie der Achtteiler mit Schwarz-weiß-sequenzen, anderen Stilelemen­ten und vielen Filmzitate­n den Charme von Leinwandkl­assikern aus den Zeiten von Glenn Ford oder Humphrey Bogart heraufbesc­hwört, ist extrem charmant. Wer die coole Krimiserie „Bosch“liebt, der wird auch „Sugar“mögen.

´ Startet am 5. April bei Appletv+

Früher war es für die meisten Kinostars unter ihrer Würde, in Serien mitzuspiel­en, doch das hat sich mit dem Streamingb­oom längst geändert. In der Historiens­aga „Franklin“schlüpft Oscar-preisträge­r Michael Douglas mit Gehrock und Dreispitz auf dem ergrauten Haupt in die Rolle von Benjamin Franklin (1706 – 1790), einen der Gründervät­er der Vereinigte­n Staaten.

Das Kostümepos basiert auf dem Buch „A Great Improvisat­ion“von Stacy Schiff, die darin mit viel Witz und Anekdotenr­eichtum über ein kaum bekanntes Kapitel in der Geschichte schreibt: Es geht um jene Zeit ab 1776, als der Staatsmann für mehrere Jahre

Wenn es das Wort „cringe“nicht schon gäbe, müsste man es für ihn erfinden: Lehrer Frank Stimpel (unnachahml­ich: Phil Laude) ist ein Musterbeis­piel für jemanden, der bei seinen Mitmensche­n Fremdscham auslöst. In der zweiten Staffel der Comedyseri­e muss sich Stimpel erneut mit den pädagogisc­hen Härtefälle­n an einer Gesamtschu­le in Stuttgart auseinande­rsetzen – dabei merkt der laktoseint­olerante, komplett naive Pädagoge und Hobbytänze­r gar nicht, wie sehr seine Schüler die Augen über ihn verdrehen.

Mit viel Wortwitz und Komik werden der Alltag an einer Multikulti-schule beleuchtet und Klischees aufs Korn genommen: nett.

´ Läuft ab 19. Ard-mediathek

April in der

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