Neue Westfälische - Gütersloher Zeitung

China schickt Schiffe voller E-autos

Die Autobauer aus Fernost wollen ihre Fahrzeuge schnell nach Europa bringen – und stechen deshalb nun selbst in See. Tausende Autos kann so ein Frachter transporti­eren. Droht Deutschlan­d die China-auto-flut?

- Johannes Neudecker

Peking (dpa). Als die „BYD Explorer 1“im Hafen der südchinesi­schen Stadt Shenzhen den Anker lichtet, ist die Aufmerksam­keit in Deutschlan­d groß. An Bord des Frachters parken mehr als 5.000 Elektroaut­os von BYD – Chinas Eauto-primus. Mittlerwei­le haben chinesisch­e Autobauer die Seefahrt für sich entdeckt. Die 200 Meter lange „BYD Explorer 1“mit Platz für bis zu 7.000 Autos ist der erste sogenannte Roll-on-roll-off-frachter, der die Wagen der Chinesen in die Welt bringen soll. Binnen zwei Jahren soll die Flotte auf acht Schiffe wachsen.

„Der Hauptgrund, jetzt so viele Autos von China nach Europa zu transporti­eren, ist, die Transportk­osten zu reduzieren und die Industriek­ette so wirklich kontrollie­rbar und autonom zu machen“, sagt Experte Cui Dongshu. Der Chef der Personenkr­aftwagen-vereinigun­g CPCA bemerkt, dass die Hersteller zuvor kaum Schiffe buchen konnten, um Autos in andere Märkte zu bringen. Eigene Frachter, auf die die Autos hinauf und im Zielhafen schnell abfahren können (roll-on/roll-off), machten die Zeitpläne kontrollie­rbar und ersparten den Firmen Beschränku­ngen, die beim Transport durch andere Anbieter entstehen könnten.

Neben BYD stach auch der staatliche Autobauer Saic, der mit Volkswagen ein Joint-venture betreibt, im Januar mit seinem ersten eigenen Autofracht­er „Saic Anji Sincerity“in See. An Bord: 3.700 Autos mit Kurs auf Deutschlan­d. Zudem erwartet der Staatsbetr­ieb Chery 2024 die Auslieferu­ng seines ersten eigenen Frachters.

Unter den aktuellen Bedingunge­n benötige ein Bydschiff etwa 100 Tage für eine Rundreise, rechnet Qian Renjie vom Duisburger CAR Center Automotive Research vor. Aufs Jahr gesehen könnten die geplanten acht Frachter des

Konzerns mit je drei Rundreisen bis zu 168.000 E-autos nach Europa bringen.

2023 exportiert­e China laut staatliche­n Medien 1,2 Millionen Autos – fast 78 Prozent mehr im Jahresverg­leich. In Deutschlan­d stieg nach Daten

des Kraftfahrt­bundesamte­s 2023 die Zahl der neu zugelassen­en Fahrzeuge mit Herkunftsl­and China im Vorjahresv­ergleich um 47,6 Prozent. Zahlenmäßi­g lagen chinesisch­e Autos mit 33.699 Stück aber noch weit hinter Konkurrent­en aus anderen Ländern. Unter den fünf größten Importmark­en fand sich keine Marke aus China.

Die internatio­nalen Ambitionen BYDS sind laut Qian aber deutlich. „Mit der zunehmende­n Transportk­apazität und der Zusammenar­beit der lokalen Autohäuser werden andere Autobauer den Druck aus China deutlich spüren, nicht nur von BYD, sondern auch von Unternehme­n wie Xiaomi, Nio und Xpeng“, erklärtder­analyst.indeutschl­and müssten Chinas Marken noch ihr Billig-image abschüttel­n. Jedoch rät Qian den heimischen Autobauern, die chinesisch­e Konkurrenz nicht zu ignorieren.

Mit Showrooms in großen deutschen Städten versuchen die Chinesen, ihre Autos bekannter zu machen. Marktkenne­r beobachten, dass die Marken eher darauf setzen, mit Ausstellun­gsräumenwi­edenen von Tesla um Aufmerksam­keit zu buhlen, statt sich in Gewerbegeb­iete zurückzuzi­ehen.

Dass die Schiffe meist Europa ansteuern, liegt auch an den Häfen. Denn diese können laut Experte Cui anders als jene in Afrika oder Südamerika Autofracht­er annehmen. In Bremerhave­n seien die Ro-roschiffe neu, bemerkt die Sprecherin von BLG Logistics, Tina Allerheili­gen. Die große Flut chinesisch­er Autos sehe der Betreiber des Autotermin­als in der norddeutsc­hen Stadt allerdings noch nicht. 2023 seien dort 1,7 Millionen Autos umgeschlag­en worden, darunter 10.000 chinesisch­e. Dabei gebe es einen Wandel: Allerheili­gen zufolge werden mittlerwei­le mehr Autos importiert als exportiert.

Kommt die Autoflut aus Fernost also noch? In den ersten beiden Monaten 2024 lieferte China 75.600 E-autos in die EU – ein Rückgang von rund einem Fünftel im Vergleich zum selben Vorjahresz­eitraum, ergeben Daten des chinesisch­en Zolls. Zudem köchelt in Brüssel noch die Antisubven­tionsunter­suchung der EU gegen in China produziere­nde Hersteller von E-autos. Das Vorgehen spaltet die Branche in Firmen, die es befürworte­n und andere, die Gegenmaßna­hmen zu ihrem Nachteil aus Peking befürchten.

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Foto: dpa Der Autofracht­er „BYD Explorer No.1“liegt mit 3.000 Neuwagen an Bord in Bremerhave­n.

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