Neue Westfälische - Gütersloher Zeitung
„Auch die kleineren Dinge sind wichtig“
Seit 100 Tagen ist Robin Rieksneuwöhner Bürgermeister in Verl. Im Interview erklärt er, welche seiner Ideen bereits umgesetzt wurden und warum manche Projekte hinter verschlossenen Türen von der Politik vorberaten werden.
Herr Rieksneuwöhner, seit 100 Tagen sind Sie Bürgermeister der Stadt Verl. Sind Sie im Rathaus und im neuen Job angekommen?
Ich kann wirklich sagen, ich fühle mich angekommen und sehr wohl. Es macht Spaß, die Zusammenarbeit in der Verwaltung ist sehr gut und konstruktiv. Ich bin auf eine gut aufstellte und motivierte Mannschaft gestoßen.
Wie begegnen Ihnen nach der Wahl die Menschen im Ort? Hat sich da etwas verändert? Natürlich werde ich jetzt häufiger angesprochen als früher. Es war stets sehr angenehm. Es gab nicht eine Situation, in der jemand unfreundlich gewesen ist, ganz im Gegenteil. Die Gespräche waren sehr offen, sehr freundlich.
Sie können noch in Ruhe einkaufen gehen und müssen nicht zum Aldi nach Steinhagen ausweichen?
Nein. Das gehört ehrlicherweise ein Stück weit dazu. Ich möchte ja ansprechbar sein, und dann ist es auch in Ordnung, wenn die Leute das in Anspruch nehmen. Es passiert nicht in einer Größenordnung, woes unangenehmwird. Der Supermarkt ist aber ein schönes Beispiel. Eine solche Situation hatte ich gerade noch am Wochenende. Ich war dabei, meinen Einkauf im Kofferraum des Autos zu verstauen, als mich jemand ansprach und zu einer Veranstaltung einlud.
Hat sich durch die neue Rolle Ihr Verhältnis zur CDUFraktion verändert?
Das Verhältnis ist genauso vertrauensvoll wie vor der Wahl, als ich deren Mitglied war.
Sind Sie noch bei den Fraktionssitzungen dabei?
Die CDU lädt mich nach wie vor zu den Sitzungen ein, und ich gehenachwie vor gerne hin. Ich denke, das ist auch in der Sache wichtig. Wir wollen weiterhin eng im Austausch bleiben, und deswegen behalten wir das so bei.
Werden Sie von den anderen Fraktionen im Stadtrat jetzt als Bürgermeister ebenfalls eingeladen?
Bis jetzt gab es das noch nicht. Ich habe es in der Ratssitzung, in der ich vereidigt wurde, in meiner Antrittsrede ausdrücklich betont, dass ich mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit allen Fraktionen freue. Aber auch ohne Einladungen zu Fraktionssitzungen nehme ich es im Rat und in den Ausschüssen so wahr, dass das bis jetzt gelingt.
Robin Rieksneuwöhner fühlt sich im Verler Rathaus angekommen.
War es insgesamt ein reibungsloser Übergang von Ihrem Vorgänger Michael Esken zu Ihnen? Sie haben ja selbst seine Facebook-gruppe übernommen . . .
Das war schon im Vorfeld der Wahl. Das Informations- und Gesprächsangebot dort wird von den Bürgerinnen und Bürgern nach wie vor rege angenommen.
Sie hatten vor der Wahl angekündigt, es gehe darum, zuerst die begonnenen Projekte zu Ende zu führen, ehe weitere hinzukommen.
Das sage ich selbstverständlich auch noch nach der Wahl.
Die Landesgartenschau haben die Bürger für Sie erledigt, die Sanierung der Ostwestfalenhalle Kaunitz und der Bau eines Feuerwehrgerätehauses in Sürenheide stehen kurz vor dem Abschluss. Wannist es für Sie an der Zeit, eigene Ideen voranzutreiben?
Das tue ich jeden Tag, auch wenn es dabei nicht immer um große Millionen-projekte geht. Da stehe ich zu meinem Wort und zu dem, was ich vor der Wahl gesagt habe: Zunächst sind diese Dinge sauber abzuarbeiten. Aber es gibt ja nicht
nur die großen prestigeträchtigen Bauten, sondern auch die kleineren Dinge sind wichtig. Es hat mich sehr gefreut, dass wir jetzt beispielsweise rasch die Ehrenamtskarte einführen konnten. Mittlerweile haben wir knapp 200 dieser Karten ausgeben können, zusätzlich zwei Jubiläumsehrenamtskarten; die gibt es, wenn man sich seit mindestens 25 Jahren engagiert. Den Antrag zur Ehrenamtskarte habe ich seinerzeit noch aus der Politik heraus formuliert. Dann ist es natürlich umso schöner, sie als Bürgermeister einführen zu können.
Oder die sogenannten Waldsofas am Verler See: Das habe ich im Wahlkampf ebenfalls betont, dass wir uns um das Umfeld des Sees kümmern wollen, auch wenn an der Landesgartenschau mittlerweile der Haken dran ist. Dies ist jetzt ein erster Baustein. Ein drittes Beispiel: Viele Bürger pflegen öffentliche Straßenbeete vor ihrer Haustür. Diese werden wir demnächst mit einheitlichen kleinen Dankeschön-schildern kennzeichnen, denn dieses Engagement ist nicht selbstverständlich. Im Übrigen ist die Digitalisierung der Verwaltung aus meiner Sicht ein zentrales Thema, an dem wir intern tagtäglich intensiv arbeiten.
Trotzdem stehen auch größere Projekte zur Umsetzung an. Als Bürgermeisterkandidat haben Sie angekündigt, sich zunächst der Zukunft der Alten Dorfmühle an der Hauptstraße widmen zu wollen. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?
Damit befasst sich eine eigens geschaffene Lenkungsgruppe, der Vertreterinnen und Vertreter der Ratsfraktionen angehören, aber auch Matthias Holzmeier als Ortsheimatpfleger. Diese soll einen Beschlussvorschlag erarbeiten, sobald sie die Dinge für sich bewertet hat. Dem möchte ich nicht vorgreifen. Ich kann mir aber vorstellen, dass dieser Vorschlag noch im Laufe des Jahres auf dem Tisch liegen wird.
Für den Marktplatz gibt es ebenfalls ein solches Gremium.
Genau, das hat bereits zweimal getagt. Dort wird übrigens ausgesprochen konstruktiv beraten.
Aber die Lenkungskreise tagen hinter verschlossenentüren ...
Vielleicht hat Ihre konstruktive Arbeit genau damit zu tun, dass die Beratungen nicht öffentlich und damit in einer Art geschütztem Raum stattfinden. Der Vorteil ist, dass dort mal Ideen ausgetauscht werden können, die nicht sofort zerredet werden. Am Ende findet das Ergebnis natürlich Eingang in die öffentlichen Ausschussberatungen und wird schlussendlich vom Rat zu verabschieden sein.
Ein Thema, das noch das eine oder andere größere Bauprojekt nach sich ziehen kann, ist nebender Rückkehrdesgymnasiums zum Abitur nach neun Jahren der Rechtsanspruch für Grundschüler auf einen Platz im Offenen Ganztag. Bis dieser greift, haben Sie noch zwei Jahre Zeit. Wie weit ist die Planung gediehen, hier neue Raumkapazitäten zu schaffen?
Wir beschäftigen uns mit allen Standorten. Wir sind in der Phase der Konzeptionierung.
Ist denn die Umsetzung noch bis 2026 zu schaffen?
Es wird sportlich. Land und Bund stellen uns da wirklich vor eine große Aufgabe.
Das Gespräch führte Roland Thöring