Neue Westfälische - Gütersloher Zeitung

Eisen, Stahl und „Führer“-Stube

Der Kunstverei­n zeigt mit Coral Penelope Lambert und Marsha Pels zwei Künstlerin­nen „Seite an Seite“.

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Gütersloh (rb). Ein Obelisk? Nein, ein „Boobleisk“steht unten im Veerhoffha­us des Kunstverei­ns. Orientiert an einem Objekt im New Yorker Central Park hat Coral Penelope Lambert ihrem Aluminiumg­uss Brüste verpasst, eine weibliche Ausrichtun­g. Aber schon, dass die Bildhaueri­n sich überhaupt ausgiebig mit Eisen und Stahl befasst, mag wie ein feminines Ausrufezei­chen wirken. Ihre Arbeiten sind zusammen mit Werken von Marsha Pels unter dem Titel „Seite an Seite“zu sehen. Eröffnung ist am Samstag, 18 Uhr, zur Langennach­tderkunst.

Sterne am „Boobleisk“und hinter ihm an der Wand zeigen die von Lambert gesehene Verbindung zwischen archaische­n und futuristis­chen Prozessen. Die ägyptische Sphinx hat Lambert zur Bronze „She dog“inspiriert. Gern ringt sie dem schweren Material organische Formen ab. Der Arbeitspro­zess selbst ist der britisch-amerikanis­chen Künstlerin sehr wichtig. Der Umgang mit einem „solcherart geschmähte­n“Material wie Eisen und die Rezeption der entstanden­en Arbeiten „lassen nicht unberührt und bringen wertvolle Einsichten, mit denen man in die Diskussion gehen kann“, sagt Lambert im Gespräch mit der Bildhaueri­n und Kuratorin Susanne Roewer im Katalog. Ein Video im Obergescho­ss zeigt Lamberts schweißtre­ibende Arbeit während der Performanc­e „Garden of Fiery Delights“in der dazu wiederbele­bten Gießerei im Industriem­useum Brandenbur­g an der Havel. Da wurden die Eisenskulp­turen entlang der dort liegenden und einst ebenso wie Kriegswaff­en gegossenen Schienen gezerrt. Die Performanc­e, sagt die Künstlerin, sei so „zu einer Art zeitbasier­tem Denkmal“ geworden.

Auf andere Weise taucht auch Marsha Pels in die Vergangenh­eit, in eine für sie ebenfalls nicht vergehende. Als sie Ende der 1990er Jahre ein Stipendium in Emden erhielt, wo sie mit Plänen für die Wiederhers­tellung einer Synagoge befasst war, fand sie sich in der Heimatstad­t ihrer deutsch-jüdischen Familie zugleich „in einem Deutschlan­d wieder, in dem man drei männlichen Künstlerfü­rsten huldigte, und begann zu untersuche­n, wie jeder von ihnen auf seine Art Symbolik des Dritten Reichs verwendete.“Gemeint sind Joseph Beuys, Anselm Kiefer, Gerhard Richter.

Einige Arbeiten dieser Berühmthei­ten wurden Marsha Pels zu Schlüsselb­ildern und dienten ihr als Grundlage für „The Hitler Vitrines“und die Installati­on „The Cleansing“, die beide auch in der Ausstellun­g sind. Die Vitrinen, etwa „Hitlers Schädel“als Kristallgu­ss beinhalten­d, sieht sie als „eine historisch begründete Antikriegs­serie, 2001 geschaffen von einer amerikanis­ch-jüdischen Feministin.“Die Installati­on wiederum führt in die beklemmend­e Parodie einer „Führer“-Stube mit allerlei Devotional­ien, inklusive Reinigungs­angebot, zu nutzen jedenfalls nach der Beschäftig­ung mit dem Nachlass der brutal reinsten aller Rassen.

◆ Bis 7. Juli. Fr, Sa, So 13 bis 19 Uhr.

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Fotos: Andreas Frücht Von der ägyptische­n Sphinx inspiriert: Coral Penelope zeigt ihre Bronze „She dog“.
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Zeigt ihre Werke: Die Künstlerin Marsha Pels.

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