Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
Rechte Junge Alternativeauch in OWL aktiv
Die Organisation wird vom Verfassungsschutz beobachtet. In der Region finden sich Argumente für die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall.
Bielefeld. Die Junge Alternative (JA) gilt innrwals rechtsextremer Verdachtsfall. Auf Grundlage dieser Einstufung darf der Verfassungsschutz die Gruppe mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen, also zum Beispiel Informanten anwerben oder Personen observieren. Mitglieder der Afd-jugendorganisation in OWL dürften bei der folgenreicheneinstufung einebedeutende Rolle gespielt haben.
Es ist beispielsweise gut ein Jahr her, da sorgten Enthüllungen aus einem internen Chat der JA Bielefeld für Aufsehen: „Ich wünsche euch jedenfalls ein nächtliches ,Sieg heil!’“, soll der ehemalige Vorsitzende damals geschrieben haben. In der Folge trat der Bielefelder, der mindestens zeitweise in einer rechten Burschenschaft aktiv war, zurück.
Vorfälle wie diese dürften den Verfassungsschutz in NRW interessieren – und bei der Einstufung Ende 2023 berücksichtigt worden sein. Damals hieß es, dem Nachrichtendienst liegen Hinweise für den Verdacht vor, dass die JA Bestrebungen verfolge, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. In anderen Bundesländern sowie dem Bund erfolgte eine entsprechende Einschätzung– teilssogarnocheine Stufe höher als „gesichert rechtsextrem“– schon zuvor.
Das Innenministerium NRW führte eine Vielzahl von Gründen auf. „In den vergangenen Jahren sind rechtsextremistische Positionen in der JA NRW dominierend geworden und es findet eine umfassende Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteuren der rechtsextremistischen Strömung der Neuen Rechten statt“, hieß es.
Die JA verfolge einen politischen Kurs, der sich durch völkisch-ethnisches Volksverständnis und Fremdenfeindlichkeit auszeichne. Zudem seien Personen mit „rechtsextremistischen Biografien“in der Gruppe aktiv. Es bestünden Kontakte zu rechtsextremen Organisationen wie der „Identitären Bewegung“oder dem „Institut für Staatspolitik“. Und: Die JA NRW suche die Nähe zum rechtsextremen, formal aufgelösten „Flügel“der AFD um Björn Höcke und Co.
„Tendenzen, die wir auch in Ostwestfalen-lippe beobachten und belegen können“, sagt ein Mitarbeiter der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in OWL (MBR). „Zum Teil ziehen sich diese Tendenzen wie eine rote Linie durch die Geschichte der JA in der Region.“Er nennt ein Beispiel: Bei dergründungdes Paderborner Ja-kreisverbandes vor etwa zehn Jahren wurden zwei Personen aufgeführt, die für die „Identitäre Bewegung“aktiv gewesen seien. „Es gibt in der Region weitere Kontakte zu dem rechtsextremen Verein oder ins extrem rechte burschenschaftliche Milieu“, so der Mbr-mitarbeiter.
Für den Verfassungsschutz in NRW gehört der Ja-ableger in der Region zu den „aktiven Bezirksverbänden“. Zwei Mitglieder sitzen zudem im Landesvorstand. „Die Junge Alternative OWL trägt die rechtsextremistische Agenda der Jungen Alternative NRW vollumfänglich mit“, betont eine Sprecherin des Verfassungsschutzes. „Aussagen von Funktionärenund Vereinsgliederungen der Jungen Alternative OWL lassen Anhaltspunkte für eine Ausrichtung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung erkennen und trugen zur Einstufung der Jungen Alternativenrwmit bei.“
Vor allem der Vorsitzende der JA in OWL, Marvin Weber, sticht hervor. „Viele seiner Inhalte, die er in sozialen Medien verbreitet, sind mindestens als populistisch zu beschreiben“, urteilt die MBR. So richtet er sich in seinen Beiträgen bei Facebook, Telegram und Co. regelmäßig gegen Geflüchtete und Ausländer. In anderen Beiträgen schreibt er mal von „bunten
Deutschlandvernichtern der Altparteien“, mal von „mafiösen Strukturen der Altparteien“.
Kurz nachdem das sogenannte „Geheimtreffen von Potsdam“bekannt wurde, bei dem der Rechtsextremist Martin Sellner auftratundübereine massenhafte Remigration referierte, lud Weber ein neues Profilbild in sozialen Medien hoch: Ein Porträt, versehen mit der Aufschrift „Team Remigration“.
Eine Sprecherin des NRWVerfassungsschutzes berichtet zudem: „Auffällig ist die Nähe der Jungen Alternative OWL zum ideologischen Kopf des formal aufgelösten ,Flügel’, Björn Höckes.“Tatsächlich tauchen immer wieder Fotos von Ja-mitgliedern aus OWL mit dem Faschisten auf. Auch weitere Politiker des extrem rechten Randes der AFD werden regelmäßig in die Region eingeladen oder von Personen aus OWL besucht – wie zum
Beispiel Matthias Helferich. Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete bezeichnete sich in Chat einst als das „freundliche Gesicht des NS“.
Der Mbr-mitarbeiter berichtet zudem: „Personen aus der JA inowlhaben teils auch wichtige Rollen innerhalb der Partei.“So sitzt beispielsweise der regionale Ja-vorsitzende Weber im Paderborner Rat und ist zugleich Vorstandssprecher des Stadt- und Kreisverbandes, Seite an Seite mit weiteren Ja-funktionären. „Das ist in anderen Kreisen, auch in OWL, durchaus anders. Unsere Beobachtung: In denkreisen, wodiejaeine größere Rolle spielt, scheint es einen deutlichen ’Flügel’-kurs zu geben.“Dermbr-mitarbeiter urteilt: „Die JA ist eine zentrale Triebfeder der Radikalisierung in der AFD.“
Diese Redaktion stellte der JA OWL eine umfangreiche schriftliche Anfrage. Diese blieb bisher unbeantwortet.