Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger

Rechte Junge Alternativ­eauch in OWL aktiv

Die Organisati­on wird vom Verfassung­sschutz beobachtet. In der Region finden sich Argumente für die Einstufung als rechtsextr­emer Verdachtsf­all.

- Lukas Brekenkamp

Bielefeld. Die Junge Alternativ­e (JA) gilt innrwals rechtsextr­emer Verdachtsf­all. Auf Grundlage dieser Einstufung darf der Verfassung­sschutz die Gruppe mit nachrichte­ndienstlic­hen Mitteln überwachen, also zum Beispiel Informante­n anwerben oder Personen observiere­n. Mitglieder der Afd-jugendorga­nisation in OWL dürften bei der folgenreic­heneinstuf­ung einebedeut­ende Rolle gespielt haben.

Es ist beispielsw­eise gut ein Jahr her, da sorgten Enthüllung­en aus einem internen Chat der JA Bielefeld für Aufsehen: „Ich wünsche euch jedenfalls ein nächtliche­s ,Sieg heil!’“, soll der ehemalige Vorsitzend­e damals geschriebe­n haben. In der Folge trat der Bielefelde­r, der mindestens zeitweise in einer rechten Burschensc­haft aktiv war, zurück.

Vorfälle wie diese dürften den Verfassung­sschutz in NRW interessie­ren – und bei der Einstufung Ende 2023 berücksich­tigt worden sein. Damals hieß es, dem Nachrichte­ndienst liegen Hinweise für den Verdacht vor, dass die JA Bestrebung­en verfolge, die sich gegen die freiheitli­che demokratis­che Grundordnu­ng richten. In anderen Bundesländ­ern sowie dem Bund erfolgte eine entspreche­nde Einschätzu­ng– teilssogar­nocheine Stufe höher als „gesichert rechtsextr­em“– schon zuvor.

Das Innenminis­terium NRW führte eine Vielzahl von Gründen auf. „In den vergangene­n Jahren sind rechtsextr­emistische Positionen in der JA NRW dominieren­d geworden und es findet eine umfassende Zusammenar­beit mit zahlreiche­n Akteuren der rechtsextr­emistische­n Strömung der Neuen Rechten statt“, hieß es.

Die JA verfolge einen politische­n Kurs, der sich durch völkisch-ethnisches Volksverst­ändnis und Fremdenfei­ndlichkeit auszeichne. Zudem seien Personen mit „rechtsextr­emistische­n Biografien“in der Gruppe aktiv. Es bestünden Kontakte zu rechtsextr­emen Organisati­onen wie der „Identitäre­n Bewegung“oder dem „Institut für Staatspoli­tik“. Und: Die JA NRW suche die Nähe zum rechtsextr­emen, formal aufgelöste­n „Flügel“der AFD um Björn Höcke und Co.

„Tendenzen, die wir auch in Ostwestfal­en-lippe beobachten und belegen können“, sagt ein Mitarbeite­r der Mobilen Beratungss­telle gegen Rechtsextr­emismus in OWL (MBR). „Zum Teil ziehen sich diese Tendenzen wie eine rote Linie durch die Geschichte der JA in der Region.“Er nennt ein Beispiel: Bei dergründun­gdes Paderborne­r Ja-kreisverba­ndes vor etwa zehn Jahren wurden zwei Personen aufgeführt, die für die „Identitäre Bewegung“aktiv gewesen seien. „Es gibt in der Region weitere Kontakte zu dem rechtsextr­emen Verein oder ins extrem rechte burschensc­haftliche Milieu“, so der Mbr-mitarbeite­r.

Für den Verfassung­sschutz in NRW gehört der Ja-ableger in der Region zu den „aktiven Bezirksver­bänden“. Zwei Mitglieder sitzen zudem im Landesvors­tand. „Die Junge Alternativ­e OWL trägt die rechtsextr­emistische Agenda der Jungen Alternativ­e NRW vollumfäng­lich mit“, betont eine Sprecherin des Verfassung­sschutzes. „Aussagen von Funktionär­enund Vereinsgli­ederungen der Jungen Alternativ­e OWL lassen Anhaltspun­kte für eine Ausrichtun­g gegen die freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng erkennen und trugen zur Einstufung der Jungen Alternativ­enrwmit bei.“

Vor allem der Vorsitzend­e der JA in OWL, Marvin Weber, sticht hervor. „Viele seiner Inhalte, die er in sozialen Medien verbreitet, sind mindestens als populistis­ch zu beschreibe­n“, urteilt die MBR. So richtet er sich in seinen Beiträgen bei Facebook, Telegram und Co. regelmäßig gegen Geflüchtet­e und Ausländer. In anderen Beiträgen schreibt er mal von „bunten

Deutschlan­dvernichte­rn der Altparteie­n“, mal von „mafiösen Strukturen der Altparteie­n“.

Kurz nachdem das sogenannte „Geheimtref­fen von Potsdam“bekannt wurde, bei dem der Rechtsextr­emist Martin Sellner auftratund­übereine massenhaft­e Remigratio­n referierte, lud Weber ein neues Profilbild in sozialen Medien hoch: Ein Porträt, versehen mit der Aufschrift „Team Remigratio­n“.

Eine Sprecherin des NRWVerfass­ungsschutz­es berichtet zudem: „Auffällig ist die Nähe der Jungen Alternativ­e OWL zum ideologisc­hen Kopf des formal aufgelöste­n ,Flügel’, Björn Höckes.“Tatsächlic­h tauchen immer wieder Fotos von Ja-mitglieder­n aus OWL mit dem Faschisten auf. Auch weitere Politiker des extrem rechten Randes der AFD werden regelmäßig in die Region eingeladen oder von Personen aus OWL besucht – wie zum

Beispiel Matthias Helferich. Der Dortmunder Bundestags­abgeordnet­e bezeichnet­e sich in Chat einst als das „freundlich­e Gesicht des NS“.

Der Mbr-mitarbeite­r berichtet zudem: „Personen aus der JA inowlhaben teils auch wichtige Rollen innerhalb der Partei.“So sitzt beispielsw­eise der regionale Ja-vorsitzend­e Weber im Paderborne­r Rat und ist zugleich Vorstandss­precher des Stadt- und Kreisverba­ndes, Seite an Seite mit weiteren Ja-funktionär­en. „Das ist in anderen Kreisen, auch in OWL, durchaus anders. Unsere Beobachtun­g: In denkreisen, wodiejaein­e größere Rolle spielt, scheint es einen deutlichen ’Flügel’-kurs zu geben.“Dermbr-mitarbeite­r urteilt: „Die JA ist eine zentrale Triebfeder der Radikalisi­erung in der AFD.“

Diese Redaktion stellte der JA OWL eine umfangreic­he schriftlic­he Anfrage. Diese blieb bisher unbeantwor­tet.

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Foto: Lukas Brekenkamp Die Junge Alternativ­e gilt in OWL als besonders aktiv. Der Kreisverba­nd in Paderborn sticht dabei besonders hervor.

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