Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
„Ich habe in Gütersloh Yoga-kurse gemacht“
Interview: Comedian Meltem Kaplan über ihre Karriere als Schauspielerin, die Rolle des Humors für ihre Karriereplanung und die unterschiedlichen Facetten ihres Schaffens, zu der auch die Malerei gehört.
Frau Kaplan, vor zwei Jahren haben Sie den Preis als beste Schauspielerin für Ihre Hauptrolle in „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“gewonnen. Wie sehr hat sich Ihr Leben seitdem verändert?
Meltem Kaplan: Es ist tatsächlich so, dass jetzt viele Drehbücher hereinkommen. Auch eigene Projekte versuche ich gerade im filmischen umzusetzen. Dabei muss ich entscheiden, welche Rollen ich überhaupt spielen möchte.
Das ist gerade ganz spannend: Wie kann ich für mich selbst Entscheidungen treffen, zu denen ichamende auch stehen kann?
Fielen Ihnen vorher Entscheidungen schwer?
Ich bin wirklich kein Entscheidungsmensch – ganz schlimm. Eigentlich ein Alptraum. Es ist das schwierigste inmeinemberuf, immer wieder Entscheidungen treffen zu müssen. Manchen geht es damit leichter. Ich muss immer eine Nacht darüber schlafen, mit Leuten sprechen. Es sind viele Prozesse, die da laufen.
Wie schwer fiel Ihnen die Entscheidung, als das Angebot kam, bei der neuen Staffel von Last One Laughing auf Amazon Prime mitzumachen? Für mich stand fest: Das musst du machen. Aber zugleich kam eine Panik hoch. Ich bin als Grinsekatze bekannt. Egal wo ich bin, ich grinse immer. Da hatte ich Sorgen, das anatomisch, physiognomisch überhaupt hinzukriegen. Das Gesicht so zu domestizieren, dass ich nicht lachen muss – unvorstellbar. Aber ich liebe Herausforderungen.
Gab gen?
Als ich den Cast erfuhr, habe ichmichsofort gefragt: Wiesoll ich das bitte schön überleben? Ich meine: Otto begleitet mich schonseit meiner Kindheitund ist für mich der Inbegriff des Komischen. Aber auch die Anderen sind absolute Humorprofis und wissen genau, wie sie dich aus der Fassung bringen können.
es Bammel
vor
Kolle
Das Grinsen, die Freude am Leben kommt ja nicht von irgendwo. Woherhabensie diese Art?
Das hat meine Mutti mir immer so vorgelebt. Ich war nie die Wendy-leserin mit Pony, ich bin anders aufgefallen: Mit meinem Lachen und meiner vorlauten Art.
Inzwischen leben Sie in Köln. Welche Erinnerungen haben Sie an die Kindheit in Gütersloh?
Man sagt ja, wenn man einmal im Herzen eines Ostwestfalen drin ist, kommt man da nicht mehr raus. Das kann ich nur bestätigen. Ich habe immer noch Kontakt zu meinen Sandkastenfreundinnen. Das sind wirklich meine Herzensmenschen. Meine Eltern leben auch noch in Ostwestfalen, deshalb bin ich immer wieder dort und treffe auch regelmäßigmeinefreunde. Auch wenn man sich etwas länger nicht sieht, es ist immer noch sehr intensiv. Harsewinkel und Gütersloh ist für mich immer noch Heimat.
Den Ostwestfalen sagt man nach, dass sie nicht so witzig seien. Stimmt das?
Das stimmt ja so nicht.
Oliver Welke alleine.
Wir haben auch Ralf Ruthe aus Bielefeld – ein toller Comiczeichner. Und Ingolf Lück kommt auch aus Bielefeld. Viele lustige Kolleg:innen kommen aus Ostwestfalen.
Sie sind unfassbar vielseitig. Sie können malen, singen, schauspielen und sind witzig. Was macht meisten Spaß?
In alle Richtungen ausflippen in der Comedy macht mir Spaß. Aber ich mag auch den Wechsel. So kann man sich gut vom Wahnsinn der einen Branche erholen, wenn man dann kurz zur anderen wechselt. Den Wechsel finde ich toll, er hält frisch. Man kann Dinge hinterfragen, hat Abstand. Ich möchte gar nichts anders machen.
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Um noch mal auf L.O.L zurückzukommen. Man darf ja nicht lachen, es ist Teil der Show. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Ja, dieser Gedanke hat mir am Anfang schon den Schlaf geraubt. Ummeinewiderstandsfähigkeit zu testen, habe ich mit meinem Mann lustige Filme geguckt, als Challenge. Er saß da mit versteinerter Miene, ich lag vor Lachen auf dem Boden. Fürchterlich! Am Ende habe ich einfach gesagt; Augen zu und durch! Was bleibt einem anderes übrig?
Gab es in der Kindheit in Güterslohmomente, wosienicht lachen durfte, dann aber doch gelacht haben?
Ich habe in Gütersloh YogaKurse gemacht. Da bin ich damals mit meinen Freundinnen hin und in der Meditationszeit, als alle still waren, fing ich an zu kichern. Wenn plötzlich in einem Raum voller Leute niemand sprechen darf, komme ich damit nicht klar. Das Lachen wurde damals immer lauter, und ich musste den Raum verlassen. Und auch heute ist das noch so. Gruppenmeditation ist nicht meins.
Wir leben in sehr angespannten Zeiten. Wie wichtig ist Lachen für Sie? Überlebenswichtig! Ich glaube, für viele schon fast eine Überlebensstrategie. Für mich zumindest ist es das. Ich glaube wir brauchen das Lachen mehr denn je, um in unserer Kraft zu bleiben.
Wir müssen uns auch mal frei tanzen, frei lachen, frei feiern, damit wir nicht in eine Starre verfallen und handlungsfähig bleiben.
Das Gespräch führte Simon Schulz