Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger

Die Kobolde bitten zum Grillen

Mit der Installati­on „A Goblins’ Barbecue“hinterfrag­t der Künstler Uwe Michael Biedermann augenzwink­ernd Machtstruk­turen und Stereotype in Fantastik und Alltag.

- Ralf Bittner

Herford. „A Goblins’ Barbecue“(Barbecue der Kobolde) heißt die Installati­on des Künstlers Uwe Michael Biedermann, die bis Ende April im Kiosk 24, Radewiger Straße 24, zusehen ist.wer denkobold sehen möchte, muss genau hinsehen, denn der steht nicht prominent im Raum, sondern versteckt sich in der Zeichnung „Powersourc­e“(Kraftquell­e) an derwand und auch sonst stellt Biedermann aus Fantastik oder Mythischem Gewohntes auf den Kopf.

Biedermann, der am Institut für Künstleris­che Keramik und Glas der Hochschule Koblenz mit Schwerpunk­t „Glas“studierte, interessie­rt sich für die Schnittste­llen von Fantastik und Alltag. „Schaut man sich die fantastisc­he Literatur genauer an, geht es meistens um Erhalt oder Wiederhers­tellung von Bekanntem – also etwa die Rettung eines Königreich­s.“Im eigentlich­en Sinne des Wortes „fantastisc­h“sei da oft wenig, vielmehr werde Bestehende­s oft romantisch­überhöht reproduzie­rt. Zu diesen Motiven gehört die Jagd, bei der ein Jäger ein Wild oder einen Drachen erlegen muss, um an Kraft zu gelangen. Imwohnzimm­erhaften Ambiente des Kiosk steht aber nicht der Jäger, sondern die Beute – der Kopf eines riesigen, stilisiert­en Bärenaus Keramik – imzentrum. Dem Bären wird obendrein mit einer Topfpflanz­e „das Maul gestopft“. Farblich ist das Ganze wie in frühen Comics oder der mittelalte­rlichen Heraldik auf eine Farbe reduziert. Mehr Dekonstruk­tionvomtie­r und das Symbol, fürdases steht, scheint bei gleichzeit­iger physischer Präsenz kaum denkbar. Auch als Sinnbild für die Unterwerfu­ngdernatur­durchdenme­nschen kann die Arbeit gedeutet werden, ebenso die an einer gelben Hundeleine hängende Plastik einer Hundepfote.

„Ton ist im Gegensatz zu Glas viel freier zu formen und einfacher zu verarbeite­n“, sagt Biedermann, daher seinschrit­t vom Glas zur Keramik. In der großformat­igen Zeichnung an

Je nach Abstand ist der Amor mit dem Totenkopf entweder klar zu erkennen oder er löst sich in den Farbwolken fast auf. der Rückwand wird einem Amor mit Totenschäd­el ein fantastisc­heswesen, eine Grillgabel und Grillfleis­ch haltend, gegenüberg­estellt. Auch im Reich der Mythen geht Liebe durch den (Goblin-)magen. Das Fantastisc­he und das Menschlich­e liegen scheinbar doch näher beieinande­r als oft angenommen.

Technisch ist das Bild eine in klassische­r Schraffurt­echnikausg­eführte Zeichnung, bei der sich die Farben derartig überlagern, dass sich das Bild, aus der Nähe betrachtet, in einer Art dreidimens­ionalem Geflecht aufzulösen scheint, aus der Distanz besehen aber ins Malerische verschwimm­t. Anders als das imstudium von ihm ungeliebte Malen sei das Zeichnen neben dem dreidimens­ionalen Modelliere­n eine Leidenscha­ft, sagt Biedermann. Dass dabei die Grenze zwischen den Techniken verschwimm­t, mache für ihn den Reiz aus.

Nicht nur inhaltlich, sondern auch formal schafft Biedermann in dem fünfeckige­n Kiosk einen Raum für das wahrlich Fantastisc­he – wenn auch nur auf Zeit.

 ?? Fotos: Ralf Bittner ?? Künstler Uwe Michael Biedermann kombiniert für seine Ausstellun­g imkiosk 24 „A Goblins Barbecue“Keramik und Zeichnung. Ihn interessie­rt das Fantastisc­he im Alltag.
Fotos: Ralf Bittner Künstler Uwe Michael Biedermann kombiniert für seine Ausstellun­g imkiosk 24 „A Goblins Barbecue“Keramik und Zeichnung. Ihn interessie­rt das Fantastisc­he im Alltag.
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