Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
So süß war es früher zu Ostern
Jürgen Niewöhner arbeitet seit 70 Jahren im Einzelhandel. Im Gespräch mit der NW berichtet er, welche Ostersüßigkeiten früher beliebt waren – und warum die letzten Hasen erst kurz vor dem Fest weggehen.
Enger. Vollmilch, weiße Schokolade, Brownie-style, Smarties-geschmack – die beliebten Oster-schokohasen gibt es mittlerweile in den verschiedensten Sorten. Doch das war nicht immer so. Einzelhandels-experte Jürgen Niewöhner hat mit dernwdarüber gesprochen, wie sich der Süßigkeiten-konsum zum Osterfest vonder Nachkriegszeit bis heute entwickelt hat – und warum die letzten Hasen erst kurz vorm Fest verkauft werden.
Jürgen Niewöhner blickt in diesem auf Jahr 70 Jahre Erfahrung im Einzelhandel zurück. Der Engeraner hat die historische Entwicklung von Supermärkten in der Widukindstadtnichtnurmitbekommen, sondern maßgeblich mitgeprägt. Los ging alles in den Jahren 1954 bis 1957. Damals machte Niewöhner seine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel bei der Konsumgenossenschaft Bünde-lübbecke. Das Sortiment war aus heutiger Sichtnochüberschaubar.
Niewöhner erinnert sich, dass es in den Nachkriegsjahren zunächst nur „ein paar bunt-gefärbte, gekochte Eier“zu Ostern gab. Erst in den 50er-jahren habe es dann die „Liliputeier“gegeben, mit Zuckerwasser gefüllte Zuckereier. „Weil das so schön knackte, haben wir die immer zerbissen“, sagt Niewöhner. Obwohl die Süßigkeiten eigentlich zum Lutschen gedacht waren. „Nach und nach kamen dann auch Marzipaneier und Waffeleier dazu“, sagt Niewöhner.
1967 eröffnete Niewöhner dann den allerersten Supermarktin Enger überhaupt: Den „Coop Supermarkt“am Barmeierplatz, wo heute das Delikatessgeschäft Degrassi seinen Sitz hat. Dort gab es für damals rekordverdächtige 2.000 Artikel im Sortiment. Nun erhielten auch die „gefüllten Schokoeier“ihren Eingang ins Sortiment. „Vor allem mit Eierlikör“seien diese Eier gefüllt gewesen, sagt Niewöhner.
„Das Sortiment wurde immer breiter. Die Firmen waren ja erfinderisch“, sagt Niewöhner. Vor allem seien neue Süßigkeiten über den großen Teich aus Amerika nach Deutschland gekommen. Mit dabei: Die ersten Hohlfiguren aus Schokolade. Die seien zunächst aber noch sehr dünn und zerbrechlich gewesen, erinnert sich Niewöhner. „So mancher Hase ging zu Bruch.“
Bei dem ein oder anderen Schokohasen sei auch schonmal nachgeholfen worden. Denn von den beschädigten Hasen darf auch heute noch die Belegschaft naschen.
Mit dem Triumphzug von bekannten Markenartikeln wie Coca-cola sei der Trend auch zu höherwertigen Artikeln gegangen. „Kinder fanden den Lindt-osterhasen wesentlich besser“, sagt Niewöhner. Die „markenlosen“Schoko-hoppeltiere werden im Laden vermehrt zur Deko genutzt.
Nachdem der Engeraner Supermarktinden70ernschon einmal den Standort wechseln musste, gab es 1986 erneut einen Standortwechsel und einen neuen Namen: Das „Allfrisch Center“bietet ab 1986 auch allerlei Süßes auf über 1.000 Quadratmetern.
1999 geht Niewöhner in den Ruhestand. Doch schon im Folgejahr ist er wieder als Kundenberater im Edeka Wehrmann in Enger tätig. Mittlerweile gibt es dort rund 35.000 Artikel im Angebot.
Seit der Jahrtausendwende hätten sich weitere bekannte Marken wie Milka und Ferrero größerer Beliebtheit erfreut, sagt Niewöhner. Trotz einem immer weiter ausgeweitetensortimentbleibt derkundenliebling in Enger nach wie vor der Schokohase, sagt Henryk Kronsbein vom MarktTeam des Edeka in Enger. „Die Tradition bleibt bestehen.“Es gebe jedoch immer neue Geschmäcker, so wie dieses Jahr zum Beispiel Hasen in den Geschmacksrichtungen „Brownie Style“oder „White Crisp“. Auch Überraschungseier – in allen Größen– werden von den Kunden gekauft.
In den letzten Jahren sei der Trend immer mehr dahin gegangen, dass die Süßigkeiten, die der Osterhase und seine elterlichen Helfer verstecken, immer später eingekauft werden. Denn „Viele fahren [über das Osterwochenende] in den Urlaub“, sagt Niewöhner. Das geschehe mittlerweile sehr spontan und wetterabhängig.
Der umsatzstärkste Tag für Supermärkte, sei deswegen schon seit Jahren der Gründonnerstag, sagt Niewöhner. Da gehen dann noch einmal einige Süßigkeiten über die Kasse. Niewöhner schätzt, dass er in seinem Leben bestimmt mehr als 10.000 Schokohasen verkauft hat. Dieses Wochenende werden es sicherlich noch einmal einige mehr werden.