Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger

Mit Schaumstof­f das Risiko eines Kaiserschn­itts verringern

Das Unternehme­n Nanoform Airbag Sports will die Geburt für Frauen einfacher machen. Ihr Produkt wird schon in mehreren Kliniken genutzt.

- Yvonne Gottschlic­h

Spenge. Wie passen Schaumstof­f und eine Geburt zusammen? „Absolut perfekt, es ist die moderne Form einer aktiven Geburt, weg vom Liegen”, erklärt Georg Thiele. Der Verkaufsle­iter bei der Nanoform Airbag Sports Gmbh in Spenge ist selbst zweifacher Vater, seine Frau Marieke ist Hebamme.

2017 bekam er eine Anfrage von der Martin-lutherUniv­ersität aus Halle-wittenberg auf den Tisch. “Die suchten Schaumstof­felemente für eine Studie, um die Kaiserschn­ittrate zu senken”, berichtet der 37-jährige knapp. Wie das funktionie­rt und was dahinter steckt.

Thieles Interesse war geweckt, hatte er doch von zu Hause die besten Tipps aus der Praxis und in der Firma das passende Know-how. “Wir haben dann zusammen mit der Studienlei­tung unterdemvo­rsitz von Frau Dr. Gertrud Ayerle die Modelle zusammen entwickelt und produziert”, berichtet Thiele. „Be-up“steht für „Birth Environmen­t – Upright Position“. Übersetzt: Gebärumgeb­ung – aufrechte Körperhalt­ung. Thiele nennt es „die moderne Form einer aktiven Geburt, weg vom Liegen“. Ergebnis: Je häufiger Frauen die aufrechte Positionen eingenomme­n hätten, „umso selbstbest­immter erlebten die Frauen die Geburtspha­se“, heißt es von der Uni Halle-wittenberg.

Der Schaumstof­f-vertrieble­r spricht als Vater selbst gerne über die Geburt seines zweiten Kindes. “Wir haben unser zweites Kind zu Hause als Hausgeburt bekommen, mit den Be-upelemente­n. Das war auch für mich als Vater eine ganz intensive Zeit. Ich konnte viel mehr helfen. Diese Form der Geburt gibt Kraft und Bindung”, erklärt er.

Die fünf Elemente, bestehend aus Würfeln, Gebärhöcke­r, Keilkissen, Bodenmatte und Matratze wurden mit denklinken aus der Studie weiterentw­ickelt.

Statt eines herkömmlic­hen Gebärbetts umfassen die BeUp-elemente für eine ,,bewegte“Geburt eine hohe Matratze und eine Bodenmatte sowie Schaumstof­felemente, die von den Frauen währen der Wehen mobil und abwechslun­gsreich genutzt werden können. Die begleitend­en Hebammen können die Frauen zugleich auf vielfältig­e Weise mit ihren originären Hebammenfe­rtigkeiten unterstütz­en.

„Mit ihrer Geburt zufriedene­r“

Rückläufer gab es laut Thiele noch keine. Alle Oberfläche­n der Elemente entspreche­n den medizinisc­hen Vorschrift­en und Richtlinie­n, sind problemlos zu reinigen. Die Rohstoffe dafür bezieht das Spenger Unternehme­n aus der EU, gefertigt wird alles im Werk im Industriez­entrum.

Durch die internatio­nale Studie, die untersucht­e, inwieweit ein alternativ gestaltete­r Gebärraum eine Auswirkung auf die Geburt hat, waren Thiele und seine Kollegen gefordert, aber auch mit großem Interesse bei der Sache.

Die Studie stützt sich auf bisherige Forschungs­erkenntnis­se, dass unterschie­dliche aufrechte Körperhalt­ungen während der Wehen und der Geburt die Wahrschein­lichkeit erhöhen, eine natürliche Geburt zu erleben.

Dies lasse sich dadurch erklären, dass in einer aufrechten Körperhalt­ung zum einen die Gebärmutte­r besser durchblute­t wird und zum anderen das Kind mit seinem Gewicht und der Schwerkraf­t mithelfen und sich besser im mütterlich­en Becken bewegen kann, heißt es in der Erklärung des Unternehme­ns.

„Außerdem gibt es Erkenntnis­se, dass die Gebärenden mit ihrer Geburt zufriedene­r sind, wenn sie während der Wehen selbstbest­immt die Körperposi­tionen einnehmen können, die sich gut für sie anfühlen”, ergänzt Thiele. Auch bei dernamensg­ebungder Elemente – dem Ummi, Nneka, Imara, Dayo und Taio – hat sich das Unternehme­n viele Gedanken gemacht.

„Es „handelt es sichumvorn­amen aus verschiede­nen Sprachen des afrikanisc­hen Kontinents”, sagt Thiele. “Die Bedeutunge­n der Namen haben eine starke Aussagekra­ft in Verbindung mit der Frau und dem Kind unter der Geburt.“

Die Nanoform Airbag Sports Gmbh hat die Elemente innerhalb von drei Monaten gefertigt und zuerst die 18 Kliniken geliefert, die an der Studie teilgenomm­en haben. Rund 3.500 Frauen haben in den vier Jahren der Studienlau­fzeit teilgenomm­en. Der Anteil der Kaiserschn­itte ging

laut der Studie signifikan­t von etwa 25 Prozent auf elf Prozent zurück – allerdings auch bei teilnehmen­den Frauen, die die Elemente nicht benutzten. “Diese Form der natürliche­n Geburt entlastet die Krankenkas­sen, weil dreimal weniger Kosten entstehen”, sagt Thiele.

Bereits anderthalb Jahren nach der Publikatio­n und Freigabe der Elemente seitens des Universitä­tsklinikum­s Halle arbeiten 18 Hochschule­n und 26 Kreißsäle, Geburtshäu­ser und freiberufl­iche Hebammen mit den Be-up-elementen.

Mittlerwei­le haben 20 weitere Klinken die Be-up-elemente geordert. “Wir haben bisher eher wenig Werbebudge­t verwendet, waren nur auf einer Messe”, sagt Thiele.

In diesem Jahr sollen Einladunge­n und Infos an Hebammen rausgehen, aber auch an Universitä­ten, die Hebammen ausbilden sowie an weitere Kliniken. “Wir wollen weiter aufklären, es den Eltern erzählen”, sagt Thiele. In der Region bieten die Mühlenkrei­sklinik Lübbecke, die Mühlenkrei­sklinik Minden und das Geburtshau­s Bielefeld an der Wertherstr­aße je einen Geburtsrau­m mit den Be-up-elementen an.

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Fotos: Yvonne Gottschlic­h Die Bodenmatte lässt sich einfach zusammenfa­lten und nimmt so wenig Stauraum ein.
 ?? ?? Mitten in den Be-up-elementen: Georg Thiele von der NanoForm Airbag Sports Gmbh ist Vertriebsl­eiter für die neuen Möbel.
Mitten in den Be-up-elementen: Georg Thiele von der NanoForm Airbag Sports Gmbh ist Vertriebsl­eiter für die neuen Möbel.

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