Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
„Die haben mir ins Gesicht getreten“
Tatort Go-Parc: Zwei Rintelner stehen wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht.
Herford/Bückeburg. Versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung legt Oberstaatsanwalt Nils-Holger Dreißig zwei Rintelnern zur Last. Bei einer Schlägerei vor der Diskothek Go-Parc in Herford sollen die Heranwachsenden zwei Männern, die bereits regungslos am Boden lagen, mehrfach auf den Kopf getreten haben.
Dreißig geht davon aus, dass ein Rintelner mindestens zehnmal zugetreten hat, der andere wenigstens zweimal. Laut Anklageschrift haben die mutmaßlichen Täter damit den Tod der wehrlosen Opfer „billigend in Kauf genommen“. Die Heranwachsenden sind heute 18 und 19 Jahre alt.
Sie geben zu, an der Schlägerei beteiligt gewesen zu sein, bestreiten aber, die Opfer auf den Kopf getreten zu haben. „Tritte gegen den Kopf könnte ich nicht übers Herz bringen“, sagte der 19-Jährige.
Rückblende: Nach dem Verlassen der Herforder Diskothek in den frühen Morgenstunden des 13. August 2022 sollen die beiden Opfer aus einer größeren Personengruppe heraus unvermittelt angegriffen worden sein. „Ich habe überhaupt nichts kommen sehen, von jetzt auf gleich ging das Licht aus“, erinnerte sich einer der Männer am Donnerstag beim Prozessauftakt vor der 1. Großen Jugendkammer des Bückeburger Landgerichts. Der 34-Jährige ist Vater von zwei kleinen Kindern und von Beruf Geschäftsführer eines Unternehmens. Er und drei Kollegen waren damals nach einer Firmenfeier noch in den Go-Parc gegangen.
Das Ende glich einem Albtraum. „Ich lag auf der Straße und konnte nichts sehen. Mir lief das Blut aus allen Gesichtsöffnungen, aus Mund, Nase und Augen. Ich wusste überhaupt nicht, was passiert war“, berichtete er als Zeuge vor Gericht. Im Krankenhaus stellte der Familienvater fest, dass er „Fußabdrücke im Gesicht“hatte. Schlimmer noch: „Die haben mir mit so einer Gewalt ins Gesicht getreten, dass mein Oberkiefer abgebrochen war.“Insgesamt waren vier Verletzte in umliegende Krankenhäuser gekommen.
„Zwei von uns sind fast totgeschlagen worden“, stellte der 34-Jährige fest.
Ein anderer Mitarbeiter, der eigenen Angaben zufolge etwas später aus dem Club gekommen war, wollte eingreifen und bekam selbst etwas ab. Ein Kollege sei zu Boden gegangen. „Ich habe gesehen, dass weiter auf ihn eingetreten wurde“, so der Mann, der in dem Unternehmen als Qualitätsleiter arbeitet. „Herr X. lag komplett regungslos und blutüberströmt am Boden“, fügte er hinzu. „Ich war mir nicht sicher, ob er noch am Leben ist.“Die Angeklagten stellen den Hergang anders dar. So erklärte der 19-Jährige sinngemäß, dass er den ersten Schlag bekommen habe und daraufhin am Boden gesessen habe.
„Mehrere Leute haben dann auf meinen Hinterkopf eingeschlagen“, sagte der frühere Kampfsportler. „Für mich stand an erster Stelle, dass ich mich verteidigen muss. Ich war in totaler Angst und auch sehr aggressiv in dem Moment.“Der Rintelner will lediglich „Tritte auf den Oberkörper“ausgeteilt haben, nicht jedoch gegen den Kopf. Das gilt auch für den 18-Jährigen, der „wahllos Tritte ausgeführt, aber nicht gezielt gegen den Kopf getreten“habe, wie sein Verteidiger Ralf Jordan erklärte.
Für den Prozess hat Richter Peter Rohde, Vorsitzender der 1. Großen Jugendkammer, zehn Verhandlungstage anberaumt und 14 Zeugen geladen. Die Urteile sollen am 22. Mai verkündet werden.