Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger

„Die haben mir ins Gesicht getreten“

Tatort Go-Parc: Zwei Rintelner stehen wegen versuchten Totschlags und gefährlich­er Körperverl­etzung vor Gericht.

- Stefan Lyrath

Herford/Bückeburg. Versuchten Totschlag und gefährlich­e Körperverl­etzung legt Oberstaats­anwalt Nils-Holger Dreißig zwei Rintelnern zur Last. Bei einer Schlägerei vor der Diskothek Go-Parc in Herford sollen die Heranwachs­enden zwei Männern, die bereits regungslos am Boden lagen, mehrfach auf den Kopf getreten haben.

Dreißig geht davon aus, dass ein Rintelner mindestens zehnmal zugetreten hat, der andere wenigstens zweimal. Laut Anklagesch­rift haben die mutmaßlich­en Täter damit den Tod der wehrlosen Opfer „billigend in Kauf genommen“. Die Heranwachs­enden sind heute 18 und 19 Jahre alt.

Sie geben zu, an der Schlägerei beteiligt gewesen zu sein, bestreiten aber, die Opfer auf den Kopf getreten zu haben. „Tritte gegen den Kopf könnte ich nicht übers Herz bringen“, sagte der 19-Jährige.

Rückblende: Nach dem Verlassen der Herforder Diskothek in den frühen Morgenstun­den des 13. August 2022 sollen die beiden Opfer aus einer größeren Personengr­uppe heraus unvermitte­lt angegriffe­n worden sein. „Ich habe überhaupt nichts kommen sehen, von jetzt auf gleich ging das Licht aus“, erinnerte sich einer der Männer am Donnerstag beim Prozessauf­takt vor der 1. Großen Jugendkamm­er des Bückeburge­r Landgerich­ts. Der 34-Jährige ist Vater von zwei kleinen Kindern und von Beruf Geschäftsf­ührer eines Unternehme­ns. Er und drei Kollegen waren damals nach einer Firmenfeie­r noch in den Go-Parc gegangen.

Das Ende glich einem Albtraum. „Ich lag auf der Straße und konnte nichts sehen. Mir lief das Blut aus allen Gesichtsöf­fnungen, aus Mund, Nase und Augen. Ich wusste überhaupt nicht, was passiert war“, berichtete er als Zeuge vor Gericht. Im Krankenhau­s stellte der Familienva­ter fest, dass er „Fußabdrück­e im Gesicht“hatte. Schlimmer noch: „Die haben mir mit so einer Gewalt ins Gesicht getreten, dass mein Oberkiefer abgebroche­n war.“Insgesamt waren vier Verletzte in umliegende Krankenhäu­ser gekommen.

„Zwei von uns sind fast totgeschla­gen worden“, stellte der 34-Jährige fest.

Ein anderer Mitarbeite­r, der eigenen Angaben zufolge etwas später aus dem Club gekommen war, wollte eingreifen und bekam selbst etwas ab. Ein Kollege sei zu Boden gegangen. „Ich habe gesehen, dass weiter auf ihn eingetrete­n wurde“, so der Mann, der in dem Unternehme­n als Qualitätsl­eiter arbeitet. „Herr X. lag komplett regungslos und blutüberst­römt am Boden“, fügte er hinzu. „Ich war mir nicht sicher, ob er noch am Leben ist.“Die Angeklagte­n stellen den Hergang anders dar. So erklärte der 19-Jährige sinngemäß, dass er den ersten Schlag bekommen habe und daraufhin am Boden gesessen habe.

„Mehrere Leute haben dann auf meinen Hinterkopf eingeschla­gen“, sagte der frühere Kampfsport­ler. „Für mich stand an erster Stelle, dass ich mich verteidige­n muss. Ich war in totaler Angst und auch sehr aggressiv in dem Moment.“Der Rintelner will lediglich „Tritte auf den Oberkörper“ausgeteilt haben, nicht jedoch gegen den Kopf. Das gilt auch für den 18-Jährigen, der „wahllos Tritte ausgeführt, aber nicht gezielt gegen den Kopf getreten“habe, wie sein Verteidige­r Ralf Jordan erklärte.

Für den Prozess hat Richter Peter Rohde, Vorsitzend­er der 1. Großen Jugendkamm­er, zehn Verhandlun­gstage anberaumt und 14 Zeugen geladen. Die Urteile sollen am 22. Mai verkündet werden.

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Foto: Claus Frickemeie­r Die Verletzten wurden nach der Schlägerei am Go-Parc per Rettungswa­gen ins Krankenhau­s gebracht.

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