Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
75 Jahre im Dienst für die Gemeinschaft
Der DRK-Kreisverband Herford-Land hat allen Grund zu feiern. Wenn Menschen Unterstützung brauchen, sind die Mitglieder zur Stelle. Vor rund 20 Jahren stand der Verein allerdings kurz vor dem Aus.
Enger/Spenge/Bünde. Beinahe wäre der 6. April 2024 kein Feiertag für die hiesigen Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) geworden: Anfang der 2000er-Jahre steht es um den Kreisverband Herford-Land wirtschaftlich gar nicht gut. Mehrere Jahre in Folge werden mit einem dicken Minus beendet. Im Jahr 2007 droht den Rotkreuzlern gar die Insolvenz.
Doch die Mitglieder, die sonst immer zuerst anderen Menschen helfen, helfen sich diesmal auch selbst. Unter der Führung des damaligen Vorsitzenden und ehemaligen Spenger Bürgermeisters Christian Manz kämpfen sie sich durch die finanzielle Talsohle. Als Manz Anfang 2014 den Vorsitz an den ehemaligen Bünder Bürgermeister Wolfgang Koch übergibt, steht der Kreisverband wieder auf gesunden Füßen.
„Das waren schwierige Zeiten, aber die liegen glücklicherweise hinter uns“, erinnert sich Sven Kampeter, der damals wie heute im Vorstand ist, zurück. Heute engagieren sich rund 600 ehrenamtliche und 300 hauptamtliche Mitglieder im DRK-Kreisverband Herford-Land. Dieser besteht aus den sechs Ortsvereinen Bünde, Enger, Löhne, Rödinghausen, Spenge und Vlotho.
Dazu kommen etwa 3.000 Fördermitglieder, die den Verband mit Spenden unterstützen. „Als ich vor 15 Jahren angefangen habe, waren es noch über 10.000“, sagt Kreisgeschäftsführerin Sandra Weidlich. Der Schwund an Fördermitgliedern hat wohl auch etwas mit dem Versterben der unmittelbaren Nachkriegsgenerationen zu tun. „Damals nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der ganzen Flüchtlingssituation, war das Bewusstsein in der Bevölkerung für das DRK größer“, vermutet Kreisvorsitzender Wolfgang Koch.
Die ersten Aufgaben, auf die sich die Mitglieder des am 6. April 1949 gegründeten Kreisverbandes konzentrieren, sind daher auch eng mit den Fol
gen des Zweiten Weltkrieges verbunden. Eine Schwesternschaft, die sich ursprünglich um die Versorgung von Kriegsverwundeten kümmert, wird aufgebaut. Ebenso wie eine Sanitätskolonne und ein Suchdienst. Der Suchdienst unterstützt damals wie heute Menschen, die durch Krieg, Flucht oder Vertreibung von ihren Angehörigen getrennt worden sind. Erster Vorsitzender ist Eduard Wellensiek. Der Enkel von Tönnies Wellensiek und Chefarzt des Bünder Kranken
hauses führt den Verband bis 1956. Damals ist die Geschäftsstelle noch an der Wittekindstraße beheimatet. Später folgt der Umzug an die Eschstraße und seit 1984 liegt die Kreisgeschäftsstelle schließlich an der Sachsenstraße.
Auch wenn der Dienst für die Gemeinschaft nach wie vor im Zentrum des Engagements steht, hat sich das Aufgabenspektrum des DRK in all den Jahren gewandelt und erweitert. „Viele Menschen verbinden mit dem DRK nur Erste
Hilfe-Kurse, Blutspende oder Kleidersammlung. Aber wir machen viel mehr“, sagt Sandra Weidlich.
So kommen vor knapp 30 Jahren Kindertagesstätten (Kita) als Betätigungsfeld hinzu. Im August 1994 wird mit der Kita Sommerwiese in Vlotho die erste derartige DRKEinrichtung im Kreis Herford in Betrieb genommen. Mittlerweile betreut das DRK sechs Kitas, vier Offene Ganztagsschulen und fünf Randstundenbetreuungen für rund 1.700 Kinder im Kreis.
Als im Oktober 2020 die Bünder DRK-Kita Krempoli an einem Wochenende ausbrennt, zeigt sich die ganze Schlagkraft der Rotkreuzler. Innerhalb von zwei Tagen schafft es das DRK, neue Räume zu finden und einzurichten, sodass am Montag eine reguläre Kinderbetreuung stattfinden kann. Auch sonst schlägt im Katastrophenfall oder bei sogenannten Sonderlagen die Stunde des DRK. Zuletzt beim Hochwasser rund um Weihnachten. „Während Corona haben wir außerdem die Test- und Impfzentren mit 100 Leuten unterstützt. Die Be
treuung von Flüchtlingen aus der Ukraine oder anderen Ländern leisten wir auch“, sagt Wolfgang Koch. Sven Kampeter erinnert daran, dass in Bünde nicht zum ersten Mal viele Flüchtlinge ankommen. „Anfang der 1990er Jahre kamen Züge mit Kriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien hier am Bahnhof an. Die haben wir mit Wasser versorgt und waren auch sonst für sie da“, sagt Kampeter, der bereits den kommenden Aufgaben entgegenblickt. Denn bei der Fußball-Europameisterschaft vom 14. Juni bis zum 14. Juli werden Mitglieder des Kreisverbandes den Sanitätsdienst rund um die Stadien in Köln, Gelsenkirchen und Dortmund unterstützen.
Erst danach wird das 75-jährige Jubiläum gefeiert. Am 24. August steigt die große Party in der Tanzschule Marks. Schon jetzt gibt es in der Bäckerei Vollmer ein Jubiläumsbrot zu kaufen. Von jedem Brot gehen 50 Cent an das Rote Kreuz. Und Anfang November pflanzt das DRK schließlich noch eine Rotbuche im Bünder Bürgerwald Habighorst.