Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
Herfords Amtsgerichtsdirektor Bernd Kahre geht in den Ruhestand
Länger als der Bad Oeynhausener hat bisher kein Richter das heimische Gericht geleitet. Seit 2001 stand er an der Spitze. Ein Rechtsgebiet hat es ihm angetan.
Herford/bielefeld. Nach 23 Jahren verlässt Herfordsamtsgerichtsdirektor Bernd Kahre das Gerichtsgebäude an der Straße „Auf der Freiheit“und geht in den Ruhestand. Am Freitagnachmittag erhielt der 63-Jährige in Bielefeld seine Ruhestandsurkunde von Landgerichtspräsident Klaus Petermann – nach fast einem Vierteljahrhundert ander Spitze des heimischen Gerichts.
„Es gibt niemanden, der länger das Herforder Amtsgericht geleitet hat“, so der Landgerichtspräsident bei der Verabschiedung des Bad Oeynhauseners.
Der Ostwestfale ist seiner Region treu geblieben. In Bad Oeynhausen ist er aufgewachsen, hat sein Abitur gemacht. „Jura habe ich in Bielefeld studiert und lebe heute noch in demhaus, indemichauchaufgewachsen bin“, erklärt Kahre, der jetzt gerade 63 Jahre alt wurde. Nach den beiden Staatsexamina wurde er Richter.
1995 wechselte er zur sogenannten Erprobung zum Oberlandesgericht Hamm, kehrte dann nach Bielefeld zurück und war wiederum Richter am Landgericht der Leineweberstadt – zuletzt als sogenannter Präsidial-richter, zuständig unter anderem für die Personalverwaltung des Landgerichts.
Mit demwechsel nachherford habe er für sich neue herausfordernde Aufgaben gesehen, so Kahre, der imjahr 2001 als Amtsgerichtsdirektor seine Arbeit aufnahm. Das Gericht mit seinen derzeit 80 Mitarbeitern, davon 16 Richterinnen und Richter, ist für Strafsachen, aber auch für Zivil-streitigkeiten und Familiensachen zuständig.
Bernd Kahre selbst war über Jahre Vorsitzender des Schöffengerichts – und damit auch zuständig für seine Heimatstadt Bad Oeynhausen, die zwar einamtsgericht aber kein Schöffengericht hat. Als hauptamtlicher Richter, unterstützt vonzweilaienrichtern, densogenannten Schöffen, musste Kahre sich mit schwereren Straftaten befassen, bei denen im Fall einer Verurteilung einen Angeklagten zwischen zwei und vier Jahren Freiheitsstrafe erwarten.
Strafrecht statt Zivilrecht
Zivilrecht, also Nachbarschafts-, Firmen- oder Mietstreitigkeiten, sagt er, sei nicht seine Sache gewesen. „Ich hätte nie die Geduld gehabt, mich mit Nebenkostenabrechnungen zu beschäftigen.“Er würde sich immer wieder für das
Strafrecht entscheiden, so Kahre. An besondere Fälle erinnere er sich inherfordnicht, wohl aber in Bielefeld an einen Fall, bei dem es um den MillionenBetrug mit Campingplätzen ging. Ein Kaufmann aus dem Münsterland hatte sichein Anlagemodell ausgedacht, bei dem Tausende Anleger ohne eigenes Geld zu Immobilienbesitzern werden sollten. Der Mann schuf damit ein Schneeball-system.
Mit dem
Ruhestand wird sich der Richter a.d. nun verstärkt um seine Ehefrau kümmern können, sie ist pflegebedürftig.
Wer die Nachfolge Kahres an der Spitze des Gerichts antritt, ist noch unklar. „Das Bewerbungsverfahren läuft noch“, so Landgerichtspräsident Petermann. Bis zu einer Entscheidung wird die stellvertretende Amtsgerichtsdirektorin Tanja SchwöppeFunk das Herforder Amtsgericht kommissarisch leiten.