Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
Einig im Ziel, uneins bei der Frage nach dem besten Weg zur Nachhaltigkeit
Bei einer Podiumsdiskussion in der Recyclingbörse im Vorfeld der Eu-wahlen zum Thema Nachhaltigkeit zeigt sich, dass das Thema bei (fast) allen Parteien angekommen ist und dass ohne die EU nichts mehr geht.
Herford. Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit waren die Themen einer von der Recyclingbörse organisierten Podiumsdiskussion in der Recyclingbörse Herford. Moderiert wurde die Veranstaltung mit den Vertreterinnen und Vertretern der Parteien Anna Lena Zarebski (CDU), Ingo Stuke (SPD), Jan Ovelgönne, (Grüne, Mitglied Eu-parlament), Nick Hachmeister (FDP), Inge Höger (Die Linke, ehemals Bundestag) und Rainer Drees (Die Partei) von Heike Wulf. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Bielefeld beschäftigt sie sich mitdemthemazirkuläre Wertschöpfung.
Der Themenkomplexkreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit, Energie- und Mobilitätswende scheint bei allen Parteien angekommen zu sein und schlägt sich daher, wenn auch unterschiedlich umfangreich, in allen Parteiprogrammen nieder.
Einigkeit herrschte darin, dass diese großen Zukunftsaufgaben von keinem Land allein gelöst werden können.
„Alles greift ineinander“, sagte Zarebski (CDU), die später von Stuke (SPD) für die Überlegungenin dercduzum Thema Wiedereinstieg in die Atomenergie kritisiert wurde. „Wenn Atom- und Rüstungsindustrie als nachhaltig gelten, stimmt etwas mit den Kategorien nicht“, sagte er. „Spätestens wenn das Flächen- und Agrarland Ukraine Mitglied der EU werden sollte, müssten andere Subventionskriterien, etwa ökologische, greifen.“Damit dürfte er nah bei Höger gewesen sein, die sich Veränderungen der EU-VERgabeverordnung wünschte, die es ermöglichen würden, neben dem Preis auch soziale und ökologische Standards oder Regionalität bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen.
Fast alle waren sich einig, dass die EU eine wichtige Rolle spielen muss, etwa bei der Schaffung einer Energieinfrastruktur oder eines europaweiten Stromnetzes, um den bei derstromerzeugungmit regenerativen Energien zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten anfallenden Strom auch zu verteilen.
Hachmeister setzt auf Freiwilligkeit und Technologieoffenheit und den Abbau von Vorschriften und Dokumentationspflichten, da sie die ökologische Produktion derart verteuerten, dass die Firmen lieber bei der mit weniger Aufwand verbundenen alten Produktionsweise bleiben würden: „Wir sehen Klimaschutz nicht als Strafe, sondern als
Chance.“
Ressourceneffizienz durch Wiederverwertung oder die Pflicht zur Reparierbarkeit seien Schritte in die richtige Richtung. Die „Partei“gehe mit gutembeispiel voran, sagte Drees: sie verwende die alten Wahlplakate. Da sich Europa nur langsam bewege, sei das auch gut möglich. Stuke wies auf einen anderen Aspekt hin: „Oft kommen seltene Rohstoffe aus Ländern mit autokratischen Herrschern. Schon deswegen ist es gut, sich möglichst unabhängig zu machen und die Wiederverwertung zu stärken.“
Immer, wenn es konkret wurde, etwa bei der Frage, ob das von der Wissenschaft kritisierte, aber selbst von Grünen zumindest als Übergangslösung akzeptierte unterirdische Einlagern von klimaschädlichem CO2 (CCS) sinnvoll ist, fehlten auf dem Podium die Fachpolitikerinnen und -politiker. Deutlich wurde aber, dass die EU einen wichtigen Rahmen bildet, in dem solche Fragen diskutiert werden können und dass es daher gelte, die Demokratie zu schützen.
Eher enttäuschend war die Resonanz: nur etwa ein Dutzende Zusehende verfolgten die Diskussion vor Ort, etwa noch einmal so viele im Stream. Dabei zeigte sich, dass auch beim Themenkomplex „Ressourcen“nichts mehr ohne die EU geht. Viele Projekte im Bereich Abfallvermeidung seien von der EU angeschoben, sagte Hans Engels von der Recyclingbörse. Ovelgönne hat inzwischen einen Eindruck von der Langwierigkeit der Entscheidungsprozesse, bei denen Richtlinien und Verordnungen dereuin 27 Ländernin nationales Recht, in Deutschland auf Bundes-, Landes- oder Kommunaler Ebene, umgesetzt werden müssen. Daher war Höger auch nicht die einzige, die sich mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten und eine Eunäher an den Interessen der Menschen wünschte.
Einig waren sich die Parteienvertreterinnen– und-vertreter – inklusive „Die Partei“– darin, dass es wichtig sei, im Juni eine Stimme abzugeben, um der europaweit erstarkenden Rechten zu begegnen.