Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
Die Legende Ayrton Senna lebt– auch nach 30 Jahren
Der König der Rennfahrer stirbt am 1. Mai 1994, an jenem schwarzen Wochenende in Imola mit einem weiteren Todesopfer.
Köln. Es gibt an diesem schicksalhaften Wochenende in Imola Momente, in denen Ayrton Senna darüber nachdenkt, auf den Start zu verzichten. Momente, in denen er gedankenverloren an seinem Williams lehnt und ins Leere starrt.
Schon im Freitagstraining überlebt Sennas brasilianischer Landsmannrubens Barrichello einen schweren Unfall mit viel Glück, er ist kurzzeitig bewusstlos. 24 Stunden später stirbt der Österreicher Roland Ratzenberger. An seinemautohat sich bei300stundenkilometern der Frontflügel gelöst, das unlenkbare Wrack bohrt sich in der VilleneuveKurve in die Mauer.
Eine Tragödie, die Senna enorm aufwühlt und ihn am Sinn seines Tuns erheblich zweifeln lässt. Hinzu kommt, dass er selbst in seinem ersten Jahr bei Williams mit dem modifizierten und schwer steuerbaren Auto schon etliche Dreher hinter sich hat und noch ohne Wm-punkt nach Imola gekommen ist. Am Ende entscheidet er sich für den Start.
Und dann auf einmal liegt er da, lang ausgestreckt aufdem Asphalt. Er liegt einfach dort, vollkommen reglos, während um ihn herum das Treiben immer hektischer, immer atemloser, immer verzweifelter wird. Ärzte, Sanitäter, Streckenposten scharen sich um ihn, doch Ayrton Senna ist nicht mehr da. Leise gleitet er hinüberin die anderewelt. Der König der Rennfahrer ist tot.
An jenem 1. Mai 1994 endet in Imola das Leben eines Mannes, für den der Begriff Superstar neu definiert werden musste. Ayrton Senna da Silva war nicht einfach ein Rennfahrer. Der Brasilianer, Sohn aus gutem und reichem Hause, war der Prototyp eines Menschen, dem das Leben sein ganzes Füllhorn gönnte. Senna war belesen, musikalisch, weltoffen, er spielte Klavier, sammelte Kunst, zitierte altgriechische Philosophen, las Shakespeare und Freud. Und er fuhr Autorennen. Besser, schneller, spektakulärer, gewagter als andere.
Diesen jungen Deutschen namens Michael Schumacher hatte Senna auf der Uhr, es versprach 1994 ein grandiosesduell um die Wmzu werden. Die ersten beiden Rennen gewann Schumacher. Senna, 34 Jahre alt, Weltmeistervon1988,1990 und 1991, hatte sein Auto nach dem Wechsel von Mclaren zu Williams noch nicht so recht unter Kontrolle.
Und dann jener fatale 1. Mai 1994. Um 14.17 Uhr schießt Sennas Williams FW16 mit
Tempo 330 aus der langgezogenen Tamburello-kurve geradeaus, dasautozerschelltwie ein Spielzeugflieger an der Betonmauer. Ein Teil der Radaufhängung durchschlägt Sennas Helm und bohrt sich in seinen Kopf, er hat nicht den Hauch einer Chance. Die Maggiore-klinik in Bologna gibt 18.40 Uhr als offiziellen Todeszeitpunkt an, doch als er vier Stunden zuvor reglos auf dem Asphalt liegt, ahnt jeder bereits, dass es vorbei ist.
In den 30 Jahren nach Sennas Tod hat die Formel 1 ihr Gesicht komplett verändert, der Tod an der Betonmauer ist ein Mythos aus längst vergangenen Zeiten. Aus jenen Zeiten, als Ayrton Senna die Formel 1 prägte. Sennas Tod, sagte sein enger Freund und früherer Teamkollege Gerhard Berger einst dem „Spiegel“, „war so, als sei die Sonne vom Himmel gefallen“.
Die Legende ist unsterblich. Sie lebt weiter – auch nach 30 Jahren.