Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
Liebeskummer führt beinahe zur Katastrophe
Ein 22-jähriger Herforder legt Feuer in der Wohnung seiner Ex-freundin an der Marienstraße. Eine Tötungsabsicht bejaht das Landgericht jedoch nicht.
Herford/bielefeld. Es war die unheilvolle Mischung aus Liebeskummer, gekränktemstolz, gepaart mit dem Konsum von Cannabis und Medikamenten: Im Oktober des vergangenen Jahres legte ein 22 Jahre alter Mann aus Herford Feuer inder Wohnung seiner ehemaligen Freundin. Das Bielefelder Landgericht hat den Täter nun wegen schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
„Mein Mandant hatte mehr Glück als Verstand, das muss man deutlich so sagen“, sagte Verteidiger Torsten Giesecke in seinem Plädoyer. Nicht auszudenken, was alles hätte geschehen können – doch blieb es glücklicherweise bei einem, wenngleich nicht unerheblichen, Sachschaden.
Was war geschehen? Der 22 Jahre alte Mustafa S. war etwa vier Jahre lang mit Amelie N. liiert gewesen. Im Herbst 2022 trennten sich die beiden, gingen jedoch im Guten auseinander. Doch ganz offenbar hatte S. noch Gefühle für seine Ex. Als ein Telefonat mit Amelie in der Nacht auf den Tatmorgennichtganzsoverlaufenwar, wie es sich S. wohl erhofft hatte, rauchte er Marihuana und warf Tabletten ein.
Fotos mit neuem Partner erzürnen den Mann
Im berauschten Zustand begab er sich morgens zu dem an der Marienstraße gelegenen Zweiparteienhaus, in dem Amelie N. mit ihrem Bruder sowie ihrer Mutter lebte. Auch Mustafa S. hatte dort etwa ein Jahr lang in den Räumen der Familie gelebt, weshalb er die Örtlichkeit bestens kannte.
Und so kam es, dass er morgens– Amelie N. undihremutter befanden sich bereits an ihren jeweiligen Arbeitsstellen – die Terrassentür zu Amelies Zimmer aufhebelte und in das Haus einstieg. Was er genau dort vorhatte, vermag S. heute nicht mehr zu sagen. Möglicherweise wusste er es noch nicht einmal beim Einsteigen in das Haus. Was er dort allerdings vorfand, erzürnte und kränkte ihn zutiefst: Auf einer
Kommode standen Fotos, die seine Ex ganz offenbar mit einem neuen Partner zeigten.
Nun war es wohl gekränkte Eitelkeit, die S. zu den folgenden Aktionen verleitete. Er schickte Amelie mit seinem Handy ein Foto aus der Wohnung, schnappte sich eine Gießkanne und ging zur nächstgelegenen Tankstelle. Dort kaufte er Benzin, welches er in die Kanne abfüllte und kehrtezurück zurwohnungan der Marienstraße, wo er das Benzin insbesondere im Bereich der Kommode verschüttete.
Mehr als 100.000 Euro Sachschaden
Dochplötzlichkamder Bruder von Amelie N. aus seinem Zimmer: Die Frau hatte ihnangerufen und gewarnt, als S. ihr das Bild aus der Wohnung geschickt hatte.
Mustafa S. sagte, dass erdem Bruder nichts antun werde. Er drohte jedoch, dass dies hinsichtlich des neuen Partners von Amelie anders sein werde. In seiner Aussage vor Gericht berichtete der Bruder der Frau, dass S. gewirkt habe, als stünde er ziemlich neben sich. Insbesondere das auffällige Lachen und die großen Pupillen seien auffällig gewesen.
Die beiden Männer gaben sich noch die Hand und Mustafa S. schickte sich an, die Wohnung zu verlassen. Beim Rausgehen setzte er jedoch mit einem Feuerzeug die Kommode in Brand. Aufgrund des zuvor verschütteten Benzins brannte diese schnell. Doch erstarb das Feuer wegen Sauerstoffmangels alsbald wieder, Personen wurden nicht verletzt.
Eine im Obergeschoss lebende Frau war durch die Rauchmelder im Erdgeschoss auf den Brand aufmerksam geworden und hatte das Haus verlassen. Allerdings entstand insbesondere durch Ruß ein Sachschaden von mehr als 100.000Euro. Auch war diebetroffene Wohnung mehrere Monate lang nicht bewohnbar.
Nach kurzer Flucht wurde Mustafa S. am Folgetag festgenommen. Seither sitzt er in Untersuchungshaft. In der mehrtägigen Verhandlung vor der I. Großenstrafkammer des Landgerichts legte er ein Geständnis ab, so weit ihm dies aufgrund seiner rauschbedingten Erinnerungslücken möglich war. Allerdings habe er, so S., niemanden verletzen oder gar töten wollen. Vielmehr sei er davon ausgegangen, dass sich zur Zeit der Brandlegung gegen 9.30 Uhr niemandmehr im Haus befinde.
Dies war dem 22-Jährigen nicht zu widerlegen, weshalb die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Sven-helge Kleine schließlich einen Tötungsvorsatz auch nicht mehr als gegeben sah. Ursprünglich war S. wegen desverdachts des versuchten Totschlags angeklagt gewesen. Die Kammer folgte schließlich dem Antrag von Staatsanwalt Andreas Stefan und verurteilte Mustafa S. wegen schwerer Brandstiftung zu zwei Jahren und zehn Monatengefängnis.