Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger

Erinnerung an einen großen Kosmopolit­en

Schiller-gedenken mit Straßenthe­ater der Friederizi­anerinnen und Friederizi­aner, Tanz, Musik – und leisen Misstönen im Nachklang.

- Ralf Bittner

Herford. „Gluckgluck, weg war er“– mit der extremen Kurzfassun­g des Gedichtes „Der Taucher“von Friedrich von Schiller hatten die Schülerinn­en und Schüler des Differenzi­erungskurs­es Deutsch/theater des Friedrichs-gymnasiums (FGH) unter Leitung Regina Dievernich­s die Lacher auf ihrer Seite. So begann das vom Verein Kulturbeut­el organisier­te Schiller-gedenken am Schillerde­nkmal.

Anlass waren der 200. Jahrestags der Uraufführu­ng der neunten Sinfonie Ludwig van Beethovens­am7. Mai 1824 mit der berühmten „Ode an die Freude“und des Todestages Friedrich von Schillers am 9. Mai 1805, aus dessen Feder der Text stammt.

Zum Auftakt der Veranstalt­ung erinnerte Ronald Scheibe-hopmann, ehemals Lehrer am FGH, an die Geschichte des am 9. Mai 1905 eingeweiht­en Schillerde­nkmals, das im Zweiten Weltkrieg demontiert worden, aber knapp dem Einschmelz­en entgangen war. 1951 wurde es auf einem Schrottpla­tz entdeckt, vom Verschöner­ungsverein angekauft und 1956 am Wilhelmspl­atz aufgestell­t. Nach dessen Umgestaltu­ng hat die Büste am „Schillerba­lkon“ihren neuen Standort gefunden.

Zwar formuliert­e ScheibeHop­mann vorsichtig­e Zweifel, ob Schillers revolution­ärer Geist heute noch „schocken“könnte, aber ein großer Kosmopolit, der alle Menschen als gleichwert­ig ansah, sei er sicherlich bis heute. Gefallen hätte Schiller dievomexFr­iederizian­er Andreas Gorsler angestoßen­e Veranstalt­ung sicherlich.

In gut zwei Monaten hatten sich die Schülerinn­en und Schüler ihren Zugang zu einigen ausgewählt­en Texten erarbeitet, darunter eine selbstverf­asste Fassung der Ballade „der Handschuh“und der Königinnen-dialog aus dem Drama „Maria Stuart“.

Im „Handschuh“erkämpft ein Ritter gegen Löwen und Leoparden den Handschuh als Ehrenpreis, lehnt die Gunst von „Fräulein Kunigunde“jedoch dankend ab. Undder Unversöhnl­ichkeits-dialog aus dem Schiller-drama „Maria Stuart“der Königinnen Elisabeth und Maria verfehlte auch in der Straßenthe­aterfassun­g seine zeitlose Wirkung nicht.

Ganz ohne Worte zog Butoh-tänzerin Marina Epp mit ihrer Interpreta­tion des Gedichtes „Das Mädchen aus der Fremde“dagegen die Zusehenden in ihren Bann, bevor ein Bläserquar­tett der Nordwestde­utschen Philharmon­ie die „Ode an die Freude“erklingen lies.

Entstanden in den Wirren nach der Französisc­hen Revolution und den folgenden Napoleonis­chen Kriegen ist sie bis heute populär als Ausdruck der Hoffnung auf ein friedliche­s Miteinande­r der Menschen und bekannt als Europa-hymne.

In den Applaus am Ende des Schiller-gedenkens mischte sich am Ende allerdings missmutige­s Geraune. Grund dafür war aber nicht das Dargeboten­e, sondern die Tatsache, dass die städtische Serviceges­ellschaft SWK dem ausrichten­den Verein Kulturbeut­el für eine ehrenamtli­ch organisier­te Veranstalt­ung ohne Eintritt 720 Euro Tagesmiete für die Absperrgit­ter in Rechnung stellt – bei Selbstabho­lung durch den Verein. „Das kann nicht sein. Da kommt noch was“, deutete Gorsler, auch Cdu-ratsherr, am Rande der Veranstalt­ung an.

 ?? Fotos: Ralf Bittner ?? Der Ritter hat den Handschuh erkämpft, verzichtet aber auf Kunigunde und ihren Dank. Schiller (hi.) dürfte es freuen.
Fotos: Ralf Bittner Der Ritter hat den Handschuh erkämpft, verzichtet aber auf Kunigunde und ihren Dank. Schiller (hi.) dürfte es freuen.
 ?? ?? Etwas mehr als 100 Zusehende verfolgen das Schiller-gedenken am Schillerba­lkon.
Etwas mehr als 100 Zusehende verfolgen das Schiller-gedenken am Schillerba­lkon.
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Königin Maria bittet Königin Elisabeth vergebens um Gnade.

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