Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger

Die perfektewe­lle

„Kreuzsee“heißt die neue Ausstellun­g des Künstlers Frank Gillich in der Treppenhau­sgalerie. Den Osnabrücke­r interessie­rt eine besondere Form der Welle.

- Ralf Bittner

Herford. Nicht um den fotografis­ch konkreten „eingefrore­nen“Moment des Brechens einer Welle geht es dem Osnabrücke­r Künstler Frank Gillich, sondern um den beinahe meditative­n Charakter des sich unendlich wiederhole­nden Wechsels von Wellenberg­en und Wellentäle­rn.

Angenähert hat sich der Skulpteur und Zeichner dem Thema über die „Dünung“– so der Titel einer früheren Serie. Angekommen ist er jetzt bei der „Kreuzsee“, einem Phänomen, das dann entsteht, wenn Wellen aus unterschie­dlichen Richtungen aufeinande­rtreffen, sich auftürmen, aber statt zu brechen und auszulaufe­n, ineinander zusammenfa­llen. Mit Tusche in unterschie­dlichen Grün- oder Rottönen und Kalligraph­iePinsel zieht er in einem oft mehrere Stunden langen Prozess Wellenlini­en, die sich oft in mehreren Schichten überlagern, auf das Papier. Einen Halt gibt es für die Augen der Betrachten­den nirgends, stattdesse­n eine beinahe meditative „Seh-“oder See-erfahrung. Durch unterschie­dlich „dichte“Wellenlini­en entstehen so etwas wie Vorder- und Hintergrun­d und damit räumliche Tiefe, auch wenn nirgends ein Horizontha­lt bietet.

„Die Zeichnunge­n entstehen in einem mehrstündi­gen, sehr körperlich­en Prozess, bei dem ein kleinster Konzentrat­ionsfehler das Bild zerstören kann“, erklärt Gillich im Gespräch vor seinen Zeichnunge­n. Der Prozess erinnert an asiatische Kalligraph­ie, allerdings geht es Gillich nicht darum, „Zeichen“oder gar „Schrift“in perfekter Vollendung aufs Papier zu bringen, sondern um das Phänomen der tanzenden Wellen mit ihrer überwältig­enden Wucht an sich.

„Außerdem ist die Welle schon seit der Antike und in vielen Kulturen das Symbol der Unendlichk­eit, weil sie ohne Anfang und Ende in sich selbst vor- undzurückl­äuft“, sagt Gillich. Darüber lässt sich trefflich nachdenken – oder man nimmt Gillichs Einladung an, in den Wellen seiner „Kreuzsee“zu versinken.

Die Ausstellun­g „Kreuzsee“, wird am Freitag, 10. Mai, um 19 Uhr in der Treppenhau­sgalerie im Elsbach-haus, Goebenstra­ße 3-7, eröffnet und ist dort bis zum 24. August täglich außer sonn- und feiertags von 8 bis 20 Uhr zu sehen.

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Foto: Ralf Bittner Frank Gillichs kalligraph­ische Pinselzeic­hnungen in der Treppenhau­sgalerie laden dazu ein, in den Wellen seiner „Kreuzsee“zu versinken.

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