Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger
SG FA Herringhausen-Eickum feiert nach dem Drama von Dreyen
Fußball: Der Titelverteidiger im Kreispokal wiederholt den Erfolg aus dem Vorjahr, erneut im Elfmeterschießen. Das nimmt epische Züge an, ehe ein Torhüter pariert und trifft.
Andreas Gerth
Kreis Herford. Das Münchner Malheur in Madrid – ein fußballerischer Kindergeburtstag im Vergleich zum Drama von Dreyen! Das hatte alles zu bieten: ein gefühlter Sieger, der mit 2:0 führt, ein totgesagter Gegner, der wiederaufersteht und in der Nachspielzeit ausgleicht. Und dann dieses Elfmeterschießen mit 20 Schützen, von denen nicht weniger als elf verschießen, ehe die Torhüter diesem Nervenspiel ein gefeiertes sowie tragisches Ende bereiten: Das Kreispokalendspiel zwischen der wie schon im Vorjahr im Elfmeterschießen triumphierenden SG FA HerringhausenEickum und einem geknickten Verlierer BV Stift Quernheim wird ein eigenes Kapitel im Gesichtsbuch des Fußballkreises Herford erhalten.
Den Titel „Man of the Match“dieses denkwürdigen Finals vor gut 550 Zuschauern auf dem neuen Kunstrasenplatz des TSV Rot-Weiß Dreyen verdiente sich Lennart Rottmann. Wie viele Schüsse der Torwart des Siegerteams insgesamt abwehrte? „Ich habe nicht mitgewählt, vielleicht vier“, grinste der 28-Jährige. Rottmann war auch in der richtigen Ecke, als die Stift Quernheimer in Person von Luca Picker selbst einen Matchball hatten. Dem Ganzen die Krone setzte „Lenny“auf, als er in der zehnten (!) Elfmeterrunde gegen Stift-Torwart Lukas Heller parierte und anschließend selbst den Ball auf den Punkt legte – und versenkte. „Einfach geil, dass wir den Titel verteidigt haben. Ansprüche, dass wir im Westfalenpokal jetzt wieder ein Duell gegen Arminia Bielefeld bekommen, stellen wir aber nicht“, so der Matchwinner.
Auch sein Mitspieler Tim Tramer musste sich erst einmal sammeln. „Eine Achterbahn der Gefühle. Wir sind die bessere Mannschaft und hatten eigentlich schon gewonnen. Und dann dieses Elfmeterschießen“. Dass der Verteidiger während seines Kommentars eine Bierdusche von einem Frisch-Auf-Anhänger verpasst bekam – geschenkt.
Für das Siegerteam samt Anhang ging es nach den ersten Feierlichkeiten auf dem Platz zurück zum eigenen Vereinsheim, doch der dritten werde noch eine vierte „Halbzeit“folgen, kündigte Marvin Hoffmeier an: „Alle haben frei und die Klubs sind offen. Das wird ein langer Abend.“
„Spannender geht es ja nicht, zum Glück ist morgen Feiertag“, grinste auch Yannick Greitschus. Sein abgefälschter Freistoß bescherte den überlegenen Herringhausern die 1:0-Führung (65.). Als Aziz Cakmak in der 82. Minute das 2:0 nachlegte, schien das Endspiel durch zu sein. „Ab diesem Zeitpunkt müssen wir es abgezockter herunterspielen. So, wie es dann gelaufen ist, tun mir die Quernheimer schon leid. Aber unter dem Strich muss man festhalten, dass meine Mannschaft der verdiente Sieger ist“, betonte Ümüt Gözlükcü. Der FAH-Coach hatte Mut bewiesen und den A-Jugendlichen Max Schröder in die Startelf berufen, später den gleichaltrigen Max Krüger als Elfmeterschützen benannt – beide Maßnahmen gingen auf.
Mit Levin Güzelel, Aziz Cakmak sowie Tugay und Altan Dincdemir werden vier Spieler in der nächsten Saison nicht mehr dabei sein, wenn die SG den Fußballkreis Herford zusammen mit Bezirksliga-Meister SC Herford im Westfalenpokal vertritt. „Das ist jetzt alles ganz schön emotional. Einen schöneren Abschluss hätte ich mir nicht vorstellen können. Dieses Gefühl nehme mit“, so Levin Güzelel stellvertretend für die vier Abgänge.
Das Spiel noch einmal scharf gemacht hatte Stift-Stürmer Tibor Sander, der in der 85. Minute auf 1:2 verkürzte, sich dabei verletzte und ausgewechselt werden musste. In der langen Nachspielzeit sah Andre Kottkamp gelb-rot, trotzdem ließen die Quernheimer nicht locker und schafften in der 94. Minute mit dem 2:2 durch Marvin Babienek das gefühlt
Unmögliche. „Uns hat lange etwas der Mut gefehlt, die 2:0Führung für Herringhausen war verdient. Wie wir dann noch einmal zurück ins Spiel gekommen sind und es auch für Zuschauer spannend gemacht haben, darauf können wir sicherlich trotz des bitteren Endes stolz sein“, erklärte Stift-Routinier Manuel Vette.
Trainer Sebastian Numrich konnte mit ein paar Minuten Abstand zum Spiel auch schon wieder das Positive herausfiltern: „Wir haben einige Schulterklopfer von den Zuschauern bekommen, die können wir nach diesem Verlauf gut gebrauchen. Kein Vorwurf an die Jungs, die geschossen haben, der Druck in dieser Situation ist ein ganz anderer als in einem normalen Spiel.“Für ihn und seine Mannen sowie natürlich die vielen Anhänger ging es anschließend zurück ins Friedenstal, wo ein gemeinsamer Abschluss geplant war. Den hatte sich der BV Stift Quernheim nach diesem denkwürdigen Finale ebenfalls verdient.