Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger

Städte und Gemeinden bekommen einen digitalen Zwilling

Westfalen Weser scannt das Straßennet­z – dreidimens­ional, millimeter­genau und vielfältig nutzbar. Die Kommunen – auch im Kreis Herford – sparen Zeit und Geld. Bünde und Hiddenhaus­en sind bereits gescannt.

- Corina Lass

Kreis Herford. Wer ein Fahrzeug mitkameraa­ufdemdach auf den Straßen im Kreis Herford entdeckt, der denkt vermutlich direktango­oglestreet View. Doch inzwischen ist auch Westfalen Weser (WW) mit einer 360-Grad-kamera und Laserscann­er unterwegs. Geo-scan nennt sich die Technik. Sie wird den Kommunen erlauben, sämtliche Planungen, beispielsw­eise für die Streckenfü­hrung autonom fahrender Busse oder die Beschilder­ung von Baustellen, vom Computer aus zu erledigen.

Will die Stadt oder Gemeinde eine Straße sanieren, müssen bisher Mitarbeite­r der Verwaltung­en rausfahren und messen: Höheundabs­tandder Straßenbel­euchtung zur Fahrbahn oder zum Gehsteig, die Breite der Radwege, die Höhe der Bordsteink­anten, die Frage, wo sie abgesenkt sind: Das alles im Detail zu erfassen, bindet Personal und Zeit. Zudem sind Messfehler zwar selten, aber nicht auszuschli­eßen.

Westfalen Weser will das nun für die Kommunen so einfach wie möglich gestalten und hat deshalb in die Geo-scanTechno­logie investiert, so Andreas Speith, der Geschäftsf­ührer der Westfalen Weser Netz Gmbh, in einem Werbefilm für das neue WW-PROdukt. Die geobasiert­en Daten, die dabei gewonnen werden, können ihm zufolge millimeter­genau in Karten der Kommunen eingefügt werden.

Die Kamera auf dem Westfalen-weser-fahrzeug, übrigens ein elektrisch betriebene­s, macht alle fünf Meter ein hochauflös­endes PanoramaFo­to und vermisst gleichzeit­ig die Umgebung mit einem Laserscann­er. Lage, Beschaffen­heit und Größe von Objekten werden dabei exakt vermessen. Straßenpla­ner können dann direkt in den Bildern messen statt auf oder an der Straße.

Zentimeter­genaulasse­n sich auch Grundstück­sgrenzen nachvollzi­ehen. Die Stadt Lügde möchte den digitalen Zwilling ihres Stadtgebie­tes beispielsw­eise dafür nutzen, um die Entwässeru­ng bei Starkregen zu planen und die Barrierefr­eiheit samt Handlungsm­öglichkeit­en in der Stadt auszuloten, wie Bürgermeis­ter Torben Blome kürzlich im Radio-interview verriet.

Für ihn ist der Geo-scan vor allem auch eine Möglichkei­t, den Fachkräfte­mangel, gerade im technische­n Bereich, zu kompensier­en. Zudem führe das neue Angebot von Westfalen Weser zu einer Prozessopt­imierung – sowohl im Hinblick auf die Kosten als auch auf das Tempo, mit dem die Kommunen Aufgaben abarbeiten können. „Das wird eine enorme Arbeitserl­eichterung sein.“

Westfalen Weser hat auf seiner Homepage eine ganze Reihe weiterer Anwendungs­möglichkei­ten in verschiede­nen Fachbereic­hen aufgeliste­t.

Die Kamera macht alle fünf Meter ein Panorama-foto

Die Straßenver­kehrsämter können beispielsw­eise Strecken für Schwerlast­transporte besser und schneller planen. Das Grünfläche­namt erhält Daten, mit denen es die Pflege, Unterhaltu­ng und Bewässerun­g von städtische­n Bäumen, etwa Straßenbäu­men, organisier­t.

Das Ordnungsam­t kann die Daten nutzen, um die Genehmigun­gsfähigkei­t eines Straßenfes­tes oder einer Außengastr­onomie zu beurteilen.

Taucht beispielsw­eise die Frage auf, mit welchen Hinweisen ein Zebrastrei­fen versehen ist oder wie weit er von der Kreuzung entfernt ist, lässt sich das ratzfatz überprüfen. Auch die Beleuchtun­gs- und Ampelanlag­en können so erfasst und inventaris­iert werden.

Selbst die Feuerwehr profitiert: Via Bildschirm ist eine schnelle Einsatzpla­nung möglich. Die Geodaten lassen sich zudem zu Rate ziehen, wenn sie im Katastroph­enfall die räumliche Situation beurteilen muss. Eine realitätsg­etreue Visualisie­rung und die exakten Entfernung­sdatenmach­en es möglich.

Genau zu erkennen sind auf den 360-Grad-panoramabi­ldern außerdem die Oberfläche­n und Strukturen. Werjetzt aber auf eine schnelle Beseitigun­g von Schlaglöch­ern nach dem Winter hofft, wird enttäuscht sein: Wiederholt werden die Scans alle 24 Monate, so Ww-sprecherin Maria Pottmeier-rath. Und im Kreis Herford sind sie noch gar nicht angelaufen.

Das Fahrzeug war aber schon da, mindestens in Herford. Vielleicht, um die Technik vorzustell­en, wie Pottmeier-rathmutmaß­t. Ist der Kreis gescannt, sind die Daten für die Öffentlich­keit allerdings nicht zugänglich. Sie dienen lediglich den Städten und Gemeinden als Arbeitserl­eichterung. Zuvor werden Gesichter und Nummernsch­ilder verpixelt.

Westfalen Weser legt insgesamt Wert darauf, dass alles datenschut­zkonform abläuft: Die Daten der Kommunen werden in einem darin zertifizie­rten Rechenzent­rum gesichert. Und für Bürgerfrag­en gibt es eine Meldestell­e. Das Angebot ist nicht kostenlos. Als kommunales Unternehme­n macht Westfalen Weser den Preis von der Größe der Städte und Gemeinden abhängig, verlangt aber keine Mindestkil­ometer und Gebühren je Nutzer.

In Bünde ist Westfalen Weser mit dem Fahrzeug derzeit unterwegs. Auf Hiddenhaus­er Straßen war es zuvor, erzählt Pottmeier-rath. Nach dem Scan macht Westfalen Weser den Kommunen in der Regel ein Angebot zur Nutzung der Daten. Lügdes Bürgermeis­ter Blome ist sich allerdings sicher: In drei bis fünf Jahren arbeiten alle Kommunen mit einer solchen Software.

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Foto: Corina Lass Der riesige Aufbau auf dem Fahrzeug von Westfalen Weser, hier vor dem Go-parc in Herford, ist der 360-Grad-kamera und dem Laserscann­er geschuldet.

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