Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung

Höxter, „eigentlich ein Insolvenzf­all“

Die von vielen bereits befürchtet­e Haushaltss­icherung kann die Kreisstadt noch einmal abwenden – an mancher Stelle werden die Höxteraner den Sparkurs aber schon zu spüren bekommen.

- Svenja Ludwig

¥ Höxter. Den Haushaltsp­lan der Stadt Höxter gibt es erstmals nur in digitaler Form. „Das kostet viel Geld“, kommentier­t Höxters Bürgermeis­ter Daniel Hartmann und setzt damit den Ton für den Haushaltse­ntwurf, den die Verwaltung am Donnerstag eingebrach­that.denngeldha­thöxter keines. Unter der Rechnung für 2024 steht laut dem Haushaltsk­onzept ein Minus von 9,5 Millionen Euro. Und selbst das ist schon ein geschöntes Ergebnis. Ohne diverse legale „Buchungstr­icks“, die auf klangvolle Namen wie „globale Mindereinn­ahmen“oder „Verlustvor­trag“hören, stünden zwei rote Ziffern unterm Strich. Doch immerhin lässt sich die Haushaltss­icherung wohl noch einmal abwenden.

Was für die meisten Kommunen im Kreis Höxter gilt, muss wohl auch für die Kreisstadt gelten. Wenn sich nichts ändert – und Daniel Hartmann hält auch gar nicht damit hinterm Berg, was sich ändern müsste: Die Kommunen bräuchten „frisches Geld“statt neuer Buchungstr­icks – dann hätte die Stadt Höxter bis 2027 etwa 75 Prozent ihres Eigenkapit­als verbraucht. Höxter sei „eigentlich ein Insolvenzf­all“, sagt Kämmerer Martin Finke, „wenn man das mit der Privatwirt­schaft vergleicht“.

Und Insolvenze­n ziehen gewisse Unbequemli­chkeiten nach sich. Wer zahlungsun­fähig ist, muss sich einschränk­en. Es geht eigentlich nur noch das, was notwendig ist. Auf alles Spaßige muss verzichtet werden. Auch wenn die Haushaltss­icherung in Höxter noch nicht Realität ist, scheint die Verwaltung die Bürgerinne­nundbürger­mitihremet­atentwurf schon einmal auf finstere Zeiten einzustimm­en. „Der Haushalt beinhaltet im Wesentlich­en bereits beschlosse­ne Projekte“, sagt Hartmann, indes kaum etwas Neues. Nur solche Aufgaben, „denen wir uns nicht entziehen können“. Die Pflicht ruft und will bezahlt werden.

Zum Beispiel im Bereich Bildung. Insgesamt 6,9 Millionen

Euro will die Stadt in ihre Schulen beziehungs­weise deren Digitalisi­erung investiere­n.

Auch in Sachen Sicherheit und Brandschut­z muss nachgebess­ert werden. Die Löschgrupp­en in Lüchtringe­n und Lütmarsen brauchen neue Feuerwehrg­erätehäuse­r – wobei Letzteres, dem Tornado sei Dank, in weiten Teilen vom Land finanziert werden wird. Das Feuerwehrg­erätehaus in der Kernstadt brauche laut Hartmann dringend einen neuen Sanitärtra­kt. Macht in Summe 2,9 Millionen Euro.

Der größte Batzen bei den Investitio­nen fließt in die Verkehrsin­frastruktu­r, oder, wie es so griffig heißt, ins Straßen-, Rad-, Wander- und Wirtschaft­swegenetz. Insgesamt 9,7 Millionen Euro sollen verbaut und verasphalt­iert werden. Prominente­ste Maßnahme ist laut Rathausche­f Hartmann der Fahrradweg zwischen den Ortsteilen Ovenhausen und Bosseborn.

So viel zur Pflicht. Doch was ist mit der Kür? Einiges, was sich die Stadt Höxter gerne leisten würde, lässt sie im laufenden Jahr sein. Beispielsw­eise müsse das Forum Jacob Pins in der Kernstadt die Beleuchtun­g erneuern und habe deswegen um Unterstütz­ung gebeten. „Das würden wir auch gerne machen“, versichert Hartmann. Doch der bereits fünffach umgedrehte Euro im Stadtsäcke­l gebe das nicht her. Ein anderes Beispiel für die Sparmaßnah­men der Stadt sei der Kunstrasen­platz in Brenkhause­n. Ursprüngli­ch für 2024 vorgesehen, werde das Projekt ins kommende Haushaltsj­ahr verschoben. Klar sei gewesen, dass der Bau in Brenkhause­n erst begonnen werden sollte, erläutert Hartmann, wenn der Kunstrasen­platz in Albaxen fertiggest­elltsei.„dasisterab­er noch nicht.“Im kommenden Jahr werden die Albaxer Fußballer schon auf dem neuen künstliche­n Grün kicken können und dann „muss man schauen, ob man sich das in Brenkhause­n erlauben kann“.

Daniel Hartmann betont aber auch, dass keine noch so große Opferberei­tschaft im Bereich der sogenannte­n freiwillig­en Leistungen das Haushaltsm­inus ausgleiche­n könnte. Gleichwohl lädt er alle Fraktionen zu konstrukti­ven Gesprächen darüber ein, wie der Gürtel doch noch etwas enger geschnallt werden könnte.

Aus Sicht der Verwaltung würde es übrigens keinen Sinn ergeben, die Steuern anzuheben. Auf höhere Abgaben müssen sich die Höxteraner­innen und Höxteraner also wohl erst mal nicht einstellen. „Das halte ich auch für richtig“, sagt Hartmann. Inflation, Energiekos­ten – die Bürger seien bereits „an der Belastungs­grenze“. Das 9,5 Millionen Euro große Loch im städtische­n Portemonna­ie würden ein paar Prozentpun­kte mehr ohnehin nicht schließen. Laut Kämmerer Finke müsste da schon eine Vervierfac­hung her, „dann käme man in die Richtung“. Aber das wäre, pardon, wohl Blödsinn. Zumal die Stadt Höxter bereits recht hohe Steuern von ihren Bürgerinne­n und Bürgern einzieht.

Und dann wird die Gemeinscha­ft beschworen. Mehrmals. „Wir können das nur alle gemeinsam schaffen“, appelliert Hartmann an die Ratsmitgli­eder, die im April über den Haushaltse­ntwurf der Stadt Höxter entscheide­n sollen. „Wir haben die LGS gemeinsam gewuppt und werden auch diese Krise gemeinsam wuppen“, gibt sich das Stadtoberh­aupt kämpferisc­h. „Zank, Zwist und parteipoli­tisches Kalkül sind in dieser ernsten Lage nicht angebracht“, stimmt Hartmann weiter auf die kommenden Wochen und Monate ein. Im Blick hat er dabei auch die anstehende Kommunalwa­hl. 2025 werden neue Räte und neue Rathausche­fs gewählt. Hartmann findet aber nicht, dass mit dem Haushalt Wahlkampf gemacht werden sollte. Deswegen bedaure es ihn nach eigener Aussage auch, dass eine Fraktion bereits erklärt habe, den Höxteraner Haushalt ablehnen zu wollen. Ohne ihn überhaupt gelesen zu haben. Um welche Fraktion es sich dabei handeln soll, will Hartmann nicht offiziell sagen. Mehrere Ratsmitgli­eder hätten ihm diese Informatio­n jedoch bestätigt.

 ?? Foto: Svenja Ludwig ?? Kämmerer Martin Finke (l.) und Bürgermeis­ter Daniel Hartmann präsentier­en den Haushaltse­ntwurf der Stadt Höxter, den es erstmals nur noch in digitaler Form gibt.
Foto: Svenja Ludwig Kämmerer Martin Finke (l.) und Bürgermeis­ter Daniel Hartmann präsentier­en den Haushaltse­ntwurf der Stadt Höxter, den es erstmals nur noch in digitaler Form gibt.

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