Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung
Eine lange Kaufmanns-ära geht zu Ende
Dieter Rademacher übergibt nach langen Jahren im Job seinen Rewe-markt an Oliver Rößling und verabschiedet sich in den Ruhestand. Bei der Staffelstabübergabe fließt das ein und andere Tränchen.
¥ Warburg. Unbestritten gehört er, wie es an diesem Donnerstag das Plakat am Eingang ausweist, zu den Legenden in der Warburger Einzelhandelslandschaft: Jetzt verlässt Dieter Rademacher seinen Rewe-supermarkt am Paderborner Tor und verabschiedet sich in Richtung Ruhestand. Nach 31 Jahren als selbstständiger Kaufmann in der Hansestadt ein bewegender Tag für den 59-Jährigen.
Nach 47 Jahren Tätigkeit im Einzelhandel, wie Dieter Rademacher rückblickend sagt. Gelernt bei den Hildebrands im ehemaligen Scherfeder Sparmarkt, selbstständig seit 1999, zählt er auf. Zuvor habe er auch in den Rewe-märkten Scherfede und Lichtenau gearbeitet. 1993 eröffnet Rademacher in Eigenregie eine Rewe-filiale in Warburg an der Unterstraße. Mit den Jahren wird der Markt zu klein, vor den Türen mangelt es an Parkplätzen. Im Mai 2009 zieht der Unternehmer aus der Innenstadt hinauf ans Paderborner Tor 165.
„Ein gewagtes Spiel“, sagt der scheidende Marktleiter. Denn die Markthalle, in der sich Kombi, Koop, Euro-spar, Intermarché und Minipreis in den Jahren zuvor nach kurzen Gastspielen abwechselten, habe vier Jahre lang gänzlich leer gestanden. Eine Immobilie mit einer mehr als 1.900 Quadratmeter großen Verkaufsfläche.
„Die Gesundheit steht jetzt im Vordergrund“, atmet Rademacher nun bei einer Tasse Kaffee im Markt-café in all dem morgendlichen Einkaufstrubel durch. Schon ewig sei er nicht mehr im Urlaub und auf Reisen gewesen. Das möchte er jetzt nachholen. Ebenso wie manch bisher ausgefallener Besuch im den Stadien der Dortmunder Borussen, deren treuer Fan er ist, und des Paderborner Sportclubs. Auch das Fahrradfahren gehöre zu seinen Leidenschaften, bemerkt jemand auf den Stühlen in der Runde.
„Jeder Tag wie im Kino“, fasst Rademacher seine Erfahrungen und Erlebnisse als nimmermüder Supermarkt-chef markant und knapp zusammen. „Eine schöne Zeit“, in der er vieles erlebt habe.
Überwältigt von einer ganz besonderen Überraschung
Dass sein Team, ebenso wie er, auch weit nach Ladenschluss arbeitet, erfuhr er an diesem Morgen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten in der Nacht die Kassengassen schmuck mit Luftballons dekoriert, sprachen dem Chef ihren Dank auf gelben Plakatpappen in großen roten Lettern aus. Mächtig gerührt habe ihn auch schon die Überraschung am Nachmittag zuvor, sagt Rademacher.
Da hatte ihn seine Tochter unter einem Vorwand nach Germete gelockt. Nichts ahnend dann das unerwartete freudige Wiedersehen mit langjährigen Weggefährten in der Deele. Selbst vom Königssee war ein Kollege zum Landgasthof gereist, der vor mehr alsdreijahrzehntenbeiihmzur Einarbeitung weilte. Der Kontaktwarnieabgerissen,sagtrademacher. Dass er zur Verabschiedung „diesen Ritt auf sich genommen hat“, das mache ihn stolz. Momente, die zu Herzen gehen und dem gestandenen Warburger Kaufmann selbst das eine oder andere Tränchen abnötigen.
Der letzte Tag an den Regalen und im Büro: Ein langer Tag, der daheim bereits um vier Uhr in der Früh begann. Wie so oft im langen Berufsleben Rademachers. Das Geschäft habe er „mit viel Herzblut geführt“, sagt Rewe-vertriebsleiter Detlef Scholz, zuständig für die Märkte unter anderem im Kreis Höxter. Eine Floskel, die bei diesem Marktleiter jedoch stimme. „Der Markt ist sein Ein und Alles“, betont Scholz. „Einer unserer besten Kaufleute“, hält er mit weiterem Lob nicht hinterm Berg zurück. Rademacher habe den Warburger Standort äußerst erfolgreich weiterentwickelt.
Zur heimischen Rewe-familie gehören Fleischer Bartoldus und die Bäckerei Lange. „Sie gaben dem Markt so richtig Schub“, bedankt sich Rademacher bei den beiden Unternehmen. Seit 2009 lagen Waren aus des Borgentreicher Betrieb zunächst im Sb-sortiment aus, fünf Jahre später bedienen Fachverkäuferinnen und -verkäufer an der Frischfleischtheke. Bäcker Lange aus Salzkotten ist seit 2013 im Bereich vor den Kassen mit seinem Backwaren-angebot vertreten.
Kaufmann Rößling setzt künftig vermehrt auf Services
Draußen vor der Tür wechseln Handwerker die Schilder. Imrewe-marktendeteineära, eine neue beginnt. Dieter Rademacher hat seinen Markt an Rewe-kaufmann Oliver Rößling übergeben. „Einen, den du kennst“als Nachfolger zu begrüßen, freue ihn ungemein, sagt er. Rößling werde sicher das beste aus dem Standort machen und ihn zukunftsfit weiter entwickeln.
Für den Warburger ist es nach dem Rewe in Scherfede bereits der zweite Markt, den er leitet. „Ich freue mich darauf, eigene Akzente zu setzen“, sagt der zweifache Familienvater. Die 30 Mitarbeitenden werden komplett bleiben und den neuen Marktchef unterstützen. Auch die Öffnungszeiten montags bis samstags von 6 bis 22 Uhr werden bestehen bleiben.
Rößling blickt bereits auf eine lange Karriere bei Rewe zurück: Ab 2003 absolvierte der heute 42-Jährige seine Ausbildung in Salzkotten, dann folgten Stationen als stellvertretender Marktmanager in Warburg und als Marktmanager in Göttingen. 2009 wagte er mit seinem Supermarkt am Kasseler Tor in Scherfede den Schritt in die Selbstständigkeit. Angeln entspanne ihn, sagt Rößling. Mit seiner Familie wohnt er in der Nachbarschaft der Rewe-markthalle. Und er bringt frische Ideen mit.
Das breite Angebot der der Obst- und Gemüseabteilung „vom exotischen Leckerbissen über Bio-artikel bis zu Lebensmitteln aus der Region“möchte Rößling weiter ausbauen. Dabei liege der Fokus vor allem auf Produkten aus dem Kulturland Kreis Höxter, sagt er. An der Salatbar könne sich die Kundschaft eine individuelle Mahlzeit zusammenzustellen. In den Frischetruhen gebe es aber auch jede Menge fix und fertig zubereiteter Snacks aus der hauseigenen Schnibbelküche.
Auch will der neue Kaufmann am Paderborner Tor künftig vermehrt auf Services setzen. Der Abholservice: Kundinnen und Kunden stellen ihren Einkauf online zusammen, wählen ein gewünschtes Zeitfenster aus und holen den Einkauf fertig gepackt im Supermarkt ab. „Scan&go“: Kundinnen und Kunden scanne ihre Artikel mittels Handscanner beim Gang entlang der Regale ein und brauchen an der Kasse nur noch bezahlen, ohne die Ware aufs Kassenband legen zu müssen. „Diesen Service möchten wir in naher Zukunft gerne etablieren“, kündigt Rößling an.
Ihm sei aber auch das sozialeengagementvorortwichtig, hält der Kaufmann fest. Unter anderem beteilige er sich am Eu-schulprogramm im Land und beliefere derzeit die Petrus-damian-schule an der Landfurt kostenlos mit frischem Obst. Auch werde sich Rewe Rößling für Vereine und die Feuerwehr engagieren.
Mit dem Siegel „Familienfreundliches Unternehmen“ausgezeichnet sucht der neue Chef Verstärkung für sein Team und fordert auf, sich zu bewerben: „Für einige Bereiche wie Convenience, Bake-off oder im Verkauf“.