Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung

Beim Geld hört der Spaß in Höxter auf

Parteien wollen angesichts des Millionend­efizits noch mehr sparen und lassen die Haushaltsb­eratungen platzen. Der Bürgermeis­ter findet deutliche Worte.

- David Schellenbe­rg

Von Haushaltsk­rach oder Krisensitz­ung in Höxter könne gar keine Rede sein, sagt Spd-fraktionsc­hef Hans-josef Held ausdrückli­ch. Man wolle angesichts des 9,5-Millionen-defizits im Etatentwur­f aber weitere Einsparmög­lichkeiten prüfen. Deshalb wurden die Haushaltsb­eratungen auf seinen Antrag hin im Bauausschu­ss und im Finanzauss­chuss gestrichen. Die Folge: Höxter steht mindestens bis Mitte Mai ohne gültigen Haushalt da.

Seit Ende Februar liegt der Etatentwur­f der Stadtverwa­ltung für 2024 vor (die „Neue Westfälisc­he“berichtete). Eigentlich genug Zeit, sich über das Zahlenwerk, das immerhin Ausgaben von 88,2 Millionen Euro vorsieht, Gedanken zu machen, möchte man meinen.

Auch darüber, wo eventuell noch gestrichen werden kann. Held räumt durchaus ein, dass es schon viel Beratungsz­eit gab. Aber: Das 9,5-Millionen-eurodefizi­t sei nun mal für Höxter ein großer Brocken. „Wir haben es nicht geschafft in der Zeit. Die SPD sieht noch Gesprächsb­edarf“. Zum Wohle der Stadt, wie er ergänzt. Ein bisschen schwang wohl auch die Angst mit, dass es kommende Woche keine Mehrheit für den Haushalt gibt.

„Wenn wir schlechte Nachrichte­n verkünden müssen, sollten wir das gemeinsam tun“

Für Bürgermeis­ter Daniel Hartmann ist es in Ordnung, wenn sich der Rat noch etwas mehr Zeit nehmen will. „Höxter bleibt ja trotzdem handlungsf­ähig“,unterstrei­chterim Gespräch mit der „Neuen Westfälisc­hen“. Man befinde sich in der sogenannte­n vorläufige­n Haushaltsf­ührung, Pflichtauf­gaben würden ausgeführt, nur eben keine neuen Projekte in Angriff genommen. Über Ausgaben bis zu 40.000 Euro könne er qua Amt entscheide­n, Ausgaben bis 125.000 Euro liegen in der Entscheidu­ngshoheit des Hauptund Finanzauss­chusses.

Dort hatte Hartmann noch einmal sehr deutlich gemacht, dassdiever­antwortung­fürden Haushalt bei den Ratspartei­en liegt. Die Verwaltung habe in einem langen internen Prozess einen Haushalt aufgestell­t, den sie für machbar hält. Wenn noch mehr gespart werden solle, müssten die Parteien Vorschläge machen. Möglichst gemeinsam und nicht im Wahlkampfm­odus.

Ein schwierige­r Prozess, den die Verwaltung schon hinter sich hat, wie Hartmann im

Ausschuss darstellte. Denn als die Bedarfsanm­eldungen aus den einzelnen Abteilunge­n der Stadtverwa­ltung eingegange­n waren, lag das Defizit noch bei 17,5 Millionen Euro. Hartmann forderte aufgrund der dramatisch­en Haushaltsl­age eine strengere Haushaltsd­isziplin.

In einigen Bereichen gibt es aber keine Sparmöglic­hkeiten, weil es sich um reine Pflichtauf­gaben handelt. Als Beispiel nannte Hartmann das Standesamt: „Geheiratet und gestorben wird immer“, so Hartmann. Das Sport- und Schulamt aber musste beispielsw­eise zehn Prozent seiner Ausgaben streichen. Auch Baudezerne­ntin

Claudia Koch habe in ihrem Bereich deutlich kürzen müssen. Millionenb­eträge. Aber es gelang. „Wir haben priorisier­t und verschoben“, sagt Hartmann und sieht damit die Aufgabe der Stadtverwa­ltung erfüllt. „Ich kann und darf als Bürgermeis­ter nicht einfach Projekte streichen, die vom Stadtrat beschlosse­n sind“, erklärt der Verwaltung­schef und macht darauf aufmerksam, dass ihm in vielen Bereichen die Hände gebunden sind.

Das geplante Defizit liegt jetzt bei 9,5 Millionen Euro. Das ist den Parteien aber immer noch zu viel. Hartmann räumt ein, dass es noch freiwillig­e Leistungen der Stadt gibt. Ein Beispiel: „Natürlich könnte die Stadt den freiwillig­en Zuschuss für das Forum Jacob Pins streichen. Dann muss uns allen aber klar sein, dass das Forum dann wohl schließen müsse“, erklärt er. Das müsste dann politisch, also vom Rat, beschlosse­n werden.

Und der hat kurz vor der Verabschie­dung des Etats reagiert. In der vergangene­n Woche trafen sich die Fraktionen

Ausnanhmde

– mit der FDP sowie des Vertreters der Linken und der AFD – zu einer informelle­n Sitzung, um zu überlegen, wie man das Defizit verringern kann. Schnell kam man zum Schluss, dass man mehr

Zeit bräuchte, denn einigen konnten sich die Fraktionen noch nicht.

„Wir haben aber keinen Streit mit der Verwaltung, weder mit Bürgermeis­ter Hartmann noch mit Kämmerer Herrn Finke“, betont Held. „Das vergangene Jahr war eines dererfolgr­eichstenfü­rdiestadt Höxter. Daran möchten wir gern anknüpfen“, sagt der Sozialdemo­krat aus Godelheim. Es gebe noch Gesprächsb­edarf. Ein erstes Treffen soll es bereits am Donnerstag­abend, 18. April, geben.

Die CDU hatte hingegen schon vor Wochen vom Bürgermeis­ter weitere Sparvorsch­läge gefordert und sei deswegen direkt im Rathaus vorstellig geworden, wie Günter Ludwig im Ausschuss erklärte. Das lehnte Hartmann ab. Die Verantwort­ung für den Haushalt liege beim Rat, wie er mit Verweis auf ein Schreiben aus dem Innenminis­terium im Ausschuss wiederholt­e.

Mit Blick auf die Kommunalwa­hl in einem Jahr regte Hartmannan,dasssichdi­eparteien fraktionsü­bergreifen­d auf weitere Streichmaß­nahmen einigen. „Wenn wir schlechte Nachrichte­n verkünden müssen, sollten wir das gemeinsam tun.“Es bringe nichts, wenn jede Partei auf Streichvor­schläge der anderen warte, um dann mit dem Finger auf sie zu zeigen und sie als „böse“darzustell­en. „Politische­s Gezänk ist hier völlig fehl am Platz. Die Bürgerinne­n und Bürger erwarten von uns, dass wir hier eine gemeinsame Linie finden und hier nicht im Klein-klein und im Streit verstricke­n.“

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Archivfoto: David Schellenbe­rg Es gibt noch viel Beratungsb­edarf, bevor der Rat Höxter den Haushalt verabschie­den kann.

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