Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung
Über den Uetli zum Everest
Ultralauf: Brakeler Carsten Drilling ist am Hausberg seiner Wahlheimat Zürich in 19:31 Stunden die knapp 9000 Höhenmeter gelaufen und wird nun in der Everesting-liste geführt.
»Eine Runde hat mich meine Tochter Rahel begleitet.«
Carsten Drilling
Brakel/zürich Wenn Carsten Drilling zu Hause auf seinem Balkon steht, hat er den Uetliberg genau im Blick. Am Züricher Hausberg hat der gebürtige Brakeler jetzt eine besondere Challenge erfolgreich gemeistert: ein Everesting.
Nicht aus der Ferne vom Balkon aus, sondern hautnah hat er den Uetliberg dabei erlebt. Für ein Everesting müssen Athleten die Höhe des Mount Everest (8848 Meter über dem Meeresspiegel) auf einer vorher definierten Strecke erklimmen.
Die knappen 370 Höhenmeter vom Start an einer Züricher Tramhaltestelle bis zum Aussichtspunkt des Uetlibergs auf einer Länge von zwei Kilometern mussten also 24 Mal bewältigt werden. Auf dem Laternenweg ging es in 2,3 Kilometern wieder zurück zur Haltestelle. „Eigentlich muss man auf dem gleichen Weg wieder runter laufen. Da das in unserem Fall aber extrem steil und technisch und damit auch gefährlich gewesen wäre, hatten wir vorher die Genehmigung eingeholt, einen anderen Weg bergab zu nehmen“, berichtet Carsten Drilling. Er schwärmt vom steilen Anstieg auf einem Trail mit ein paar Naturstufen.
Je anspruchsvoller, umso reizvoller ist die Aufgabe für den Brakeler, der seit Jahren mit seiner Familie in der Schweiz lebt.
Im Gespräch mit ein paar Freunden kam die Idee zum Everesting vor der Haustür erst vor zwei Monaten auf. Zwei Probeläufe später war klar: „Wir machen das“. 8851 Höhenmeter hatte der 51-Jährige am Ende eines langen Lauftages auf der Uhr - und die Challenge damit erfolgreich gemeistert. 19:31 Stunden benötigte er für die 103 Kilometer. „Dabei ist es egal, wie lang die Strecke ist. Man muss nur die reinen Höhenmeter schaffen“, erklärt Carsten Drilling. Knapp 50 Athleten waren dem spontanen Aufruf der Züricher Lauf-community zum Everesting gefolgt und machten sich morgens um 8 Uhr auf den Weg. Vier von ihnen, darunter auch Carsten Drilling, bewältigten die Herausforderung und werden nun in die offizielle internationale Liste aufgenommen.
„Ich hatte unterwegs natürlich auch die eine oder andere kleine Krise, konnte mich da aber immer wieder schnell herausziehen“, berichtet der Familienvater und freut sich besonders, dass auch Tochter Rahel (17) ihn auf einer der Runden begleitet hat. Die letzten acht Runden leistete ihm Laufkollege Tom Holzweg Gesellschaft. „Er hat mich bis zum Ende immer wieder angespornt und motiviert“, erzählt Carsten Drilling, der schon Events mit weit mehr Höhenmeter erfolgreich absolviert hat. „Da waren allerdings auch die Strecken länger“, betont er und denkt unter anderem an die Tor des Géants im Aostatal, die er im vergangenen Sommer an der Seite seiner Frau Barbara Drews bewältigte. Dort standen 25000 Höhenmeter (!) bei 350 Kilometern auf dem Laufzettel.
Auch für dieses Jahr hat sich der Ultra-athlet besondere Rennen ausgesucht. Im Juni steht der Marathon du Mont Blanc in Chamonix mit 90 Kilometern und 6500 Höhenmetern auf dem Programm. Im Juli ist Carsten Drilling mit Lauffreunden erneut beim UNESCO Jungfrau-aletsch Trail (250 Kilometer/18000 Höhenmeter) dabei und Ende August zusammen mit Barbara Drews beim L ´Echappée Belleultra in Grenoble (150 Kilometer/12000 Höhenmeter). Zudem gehört er aktuell zum Kreis der 15 besten Backyarder der Schweiz und dürfte damit im Oktober bei der Team-weltmeisterschaft für seine Wahlheimat an den Start gehen. „Da wäre ich schon gerne dabei. Allerdings laufe ich vorher keinen Backyard mehr. Es kann also sein, dass mich andere noch überholen und ich dann keinen Platz mehr im Team habe“, setzt Carsten Drilling hier auf die Risiko-karte.
Bei so vielen Projekten dürfte nicht allzu viel Zeit bleiben, den Uetliberg von seinem Balkon aus zu genießen. Aber als begeisterter Ultra-läufer ist Carsten Drilling eh viel lieber auf den Trails unterwegs.