Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung
Lüchtringen wird evakuiert: THW und DLRG retten 60 Bewohner
Das Eu-modul „Flood Rescue using Boats“bereitet sich auf europaweite Rettungseinsätze bei Hochwasser vor. An der Weser üben rund 100 Einsatzkräfte dafür.
Höxter. Auf seiner Jacke steht „Teamleader“. Hinter ihm steht ein großes Banner, auf dem die Logos der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) und des Technischen Hilfswerks (THW) gemeinsam abgebildet sind. Detlev Grabbe redet, erklärt, auf Englisch, was beide Organisationen bereits seit Donnerstag auf dem auf dem Übungsgelände Brückfeldderbundeswehrpassiert. Warum spricht er Englisch? „I don’t speak Höxti“, sagt er. Er spricht kein Höxteranisch. Und damit wird schon mal eine Sache ziemlich klar: Hier wird für Missionen im europäischen Ausland trainiert. Höxti, so nennen sie in der Übungs- und Einsatzsprache – Englisch – scherzhaft die Stadt an der Weser.
THW und DLRG bilden gemeinsam das Eu-modul „Flood Rescue using Boats“(FRB), das vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) gefördert wird. Es leistet im Auftrag der Bundesregierung Hilfe, wenn ein von einer Katastrophe betroffener Staat diese bei der Europäischen Union anfragt. Erste Einsätze hat die FRB in Deutschland absolviert. Dlrg-präsidentin Ute Vogt schwärmt von der Arbeit des Moduls, Thwlandesbeauftragter Nicolas Hefner spricht von einer „spannenden Sache“, die „sehr zukunftsträchtig“sei.
„On Thursday Morning we startet our Trip“, sagt Grabbe. Selbst die Anreise am Donnerstagmorgen war schon Teil der Übung, alle Fahrzeuge sammelten sich in Paderborn. Von dort ging es nach Höxter an die Weser. Die erste Mission der Teilnehmer war es, zehn Menschen am Fluss zu retten. Später wurde das Bergen von Menschen aus Höhen an der Kennedy-brücke geübt, erklärt der Teamleader, ebenfalls auf Englisch. Dann wird er jäh unterbrochen. Zwei Männer mit Einsatzwesten rufen in englischer Sprache, dass sie einen neuen Rettungsauftrag haben. Einer der beiden gehört zu einer Eu-organisation, die Katastrophenschutz organisiert, der andere gehört zur UNDAC, den Katastrophenerkundungsund Koordinierungsteams der Vereinten Nationen. Grabbe enteilt. Jetzt muss alles schnell gehen.
Rund 100 Einsatzkräfte üben bis diesen Samstag mit Booten, Kränen, aber auch Groß- und Rettungsfahrzeugen an der Weser. Zunächst aber wurde das Camp aufgebaut. In der kleinen Zeltstadt sind die Retter weitgehend autark–vondereigenekücheüber sanitäreanlagenbiszudenduschen und der Stromversorgung haben sie alles mitgebracht. Eine so große Übung, bei der DLRG und THW gemeinsam ihre Fähigkeiten trainieren, findet alle zwei Jahre statt, die letzte fand 2022 in Konstanz am Bodensee statt.
Mittlerweile steht fest, was passiert ist: Lüchtringen muss evakuiert werden, 60 Leute warten in dem fiktiven Übungsszenario darauf, per Boot in Sicherheit gebracht zu werden.
„Vrrrrrooooom“. Dennis Gemeyer (40) vom Ortsverband Holzminden des THW schaltet den Motor an. Der Sechsmeter-ponton, die Allzweckwaffe des THW, gleitet voll beladen mit Personen nur mit 15 Kilometern pro Stunde durch die Wellen. Normalerweise schafft das Fahrzeug 40 Kilometer pro Stunde – wenn es unbeladen ist. Auf dem Weg nach Lüchtringen kommen schon erste rettungsboote vom Typ Finnjet entgegen. Sie sind schneller und können dank einer Bugklappe auch Menschen aus dem Fluss bergen.
Für die Teilnehmer der Übung bedeuten die Tage an der Weser puren Stress, weiß Daniel Menne von der DLRG. „Um 4.50 Uhr wurden alle geweckt, denn wir hatten einen simulierten Übungsbrand, der Tag wurde gegen 22 Uhr beendet.“Zeit zum Relaxen bleibt da praktisch nicht. Und auch im Camp herrschen keine Luxusbedingungen, weiß der gebürtige Ottberger. Sechs Leute schlafen in einem Zelt, unter realen Bedingungen. Hochwasserlagen irgendwo in der EU. Die realen Einsätze sind auf je zehn Tage angelegt.
Und dann wird aus der Übung in gewisser Weise doch ernst: Einer der 60 Komparsen, die die zu Rettenden darstellen, ist kollabiert. Einer der Krankenwagen, die eigentlich üben sollen, ist nebst Notarztbesatzung sofort losgefahren. Einzelheiten über den Gesundheitszustand des Patienten sind nicht bekannt. Zumindest die Übung erweist sich als erfolgreich. „Es sieht so aus, als seien alle Personen evakuiert worden“, sagt ein Sprecher der DLRG. Dann geht es mit dem Boot zurück, wo ein Boot nach dem anderen mit den Geretteten eintrifft.
Ihnen kommen die ersten Rettungsboote schon entgegen