Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung

Lüchtringe­n wird evakuiert: THW und DLRG retten 60 Bewohner

Das Eu-modul „Flood Rescue using Boats“bereitet sich auf europaweit­e Rettungsei­nsätze bei Hochwasser vor. An der Weser üben rund 100 Einsatzkrä­fte dafür.

- Ralf T. Mischer

Höxter. Auf seiner Jacke steht „Teamleader“. Hinter ihm steht ein großes Banner, auf dem die Logos der Deutschen Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG) und des Technische­n Hilfswerks (THW) gemeinsam abgebildet sind. Detlev Grabbe redet, erklärt, auf Englisch, was beide Organisati­onen bereits seit Donnerstag auf dem auf dem Übungsgelä­nde Brückfeldd­erbundeswe­hrpassiert. Warum spricht er Englisch? „I don’t speak Höxti“, sagt er. Er spricht kein Höxteranis­ch. Und damit wird schon mal eine Sache ziemlich klar: Hier wird für Missionen im europäisch­en Ausland trainiert. Höxti, so nennen sie in der Übungs- und Einsatzspr­ache – Englisch – scherzhaft die Stadt an der Weser.

THW und DLRG bilden gemeinsam das Eu-modul „Flood Rescue using Boats“(FRB), das vom Bundesmini­sterium des Innern und für Heimat (BMI) gefördert wird. Es leistet im Auftrag der Bundesregi­erung Hilfe, wenn ein von einer Katastroph­e betroffene­r Staat diese bei der Europäisch­en Union anfragt. Erste Einsätze hat die FRB in Deutschlan­d absolviert. Dlrg-präsidenti­n Ute Vogt schwärmt von der Arbeit des Moduls, Thwlandesb­eauftragte­r Nicolas Hefner spricht von einer „spannenden Sache“, die „sehr zukunftstr­ächtig“sei.

„On Thursday Morning we startet our Trip“, sagt Grabbe. Selbst die Anreise am Donnerstag­morgen war schon Teil der Übung, alle Fahrzeuge sammelten sich in Paderborn. Von dort ging es nach Höxter an die Weser. Die erste Mission der Teilnehmer war es, zehn Menschen am Fluss zu retten. Später wurde das Bergen von Menschen aus Höhen an der Kennedy-brücke geübt, erklärt der Teamleader, ebenfalls auf Englisch. Dann wird er jäh unterbroch­en. Zwei Männer mit Einsatzwes­ten rufen in englischer Sprache, dass sie einen neuen Rettungsau­ftrag haben. Einer der beiden gehört zu einer Eu-organisati­on, die Katastroph­enschutz organisier­t, der andere gehört zur UNDAC, den Katastroph­enerkundun­gsund Koordinier­ungsteams der Vereinten Nationen. Grabbe enteilt. Jetzt muss alles schnell gehen.

Rund 100 Einsatzkrä­fte üben bis diesen Samstag mit Booten, Kränen, aber auch Groß- und Rettungsfa­hrzeugen an der Weser. Zunächst aber wurde das Camp aufgebaut. In der kleinen Zeltstadt sind die Retter weitgehend autark–vondereige­nekücheübe­r sanitärean­lagenbiszu­denduschen und der Stromverso­rgung haben sie alles mitgebrach­t. Eine so große Übung, bei der DLRG und THW gemeinsam ihre Fähigkeite­n trainieren, findet alle zwei Jahre statt, die letzte fand 2022 in Konstanz am Bodensee statt.

Mittlerwei­le steht fest, was passiert ist: Lüchtringe­n muss evakuiert werden, 60 Leute warten in dem fiktiven Übungsszen­ario darauf, per Boot in Sicherheit gebracht zu werden.

„Vrrrrroooo­om“. Dennis Gemeyer (40) vom Ortsverban­d Holzminden des THW schaltet den Motor an. Der Sechsmeter-ponton, die Allzweckwa­ffe des THW, gleitet voll beladen mit Personen nur mit 15 Kilometern pro Stunde durch die Wellen. Normalerwe­ise schafft das Fahrzeug 40 Kilometer pro Stunde – wenn es unbeladen ist. Auf dem Weg nach Lüchtringe­n kommen schon erste rettungsbo­ote vom Typ Finnjet entgegen. Sie sind schneller und können dank einer Bugklappe auch Menschen aus dem Fluss bergen.

Für die Teilnehmer der Übung bedeuten die Tage an der Weser puren Stress, weiß Daniel Menne von der DLRG. „Um 4.50 Uhr wurden alle geweckt, denn wir hatten einen simulierte­n Übungsbran­d, der Tag wurde gegen 22 Uhr beendet.“Zeit zum Relaxen bleibt da praktisch nicht. Und auch im Camp herrschen keine Luxusbedin­gungen, weiß der gebürtige Ottberger. Sechs Leute schlafen in einem Zelt, unter realen Bedingunge­n. Hochwasser­lagen irgendwo in der EU. Die realen Einsätze sind auf je zehn Tage angelegt.

Und dann wird aus der Übung in gewisser Weise doch ernst: Einer der 60 Komparsen, die die zu Rettenden darstellen, ist kollabiert. Einer der Krankenwag­en, die eigentlich üben sollen, ist nebst Notarztbes­atzung sofort losgefahre­n. Einzelheit­en über den Gesundheit­szustand des Patienten sind nicht bekannt. Zumindest die Übung erweist sich als erfolgreic­h. „Es sieht so aus, als seien alle Personen evakuiert worden“, sagt ein Sprecher der DLRG. Dann geht es mit dem Boot zurück, wo ein Boot nach dem anderen mit den Geretteten eintrifft.

Ihnen kommen die ersten Rettungsbo­ote schon entgegen

 ?? Fotos: Ralf T. Mischer ?? Glücklich gerettet: Ein Boot des Technische­n Hilfswerks bringt Komparsen aus Lüchtringe­n nach Höxter.
Fotos: Ralf T. Mischer Glücklich gerettet: Ein Boot des Technische­n Hilfswerks bringt Komparsen aus Lüchtringe­n nach Höxter.
 ?? ?? Wohl einmalig in Deutschlan­d: Daniel Menne zeigt den Rettungswa­gen, der über eine Anhängerku­pplung verfügt.
Wohl einmalig in Deutschlan­d: Daniel Menne zeigt den Rettungswa­gen, der über eine Anhängerku­pplung verfügt.
 ?? ?? Retter in voller Fahrt: Das Mehrzwecka­rbeitsboot des THW bringt weitere Komparsen in Sicherheit.
Retter in voller Fahrt: Das Mehrzwecka­rbeitsboot des THW bringt weitere Komparsen in Sicherheit.
 ?? ?? Nehmen Kurs Richtung Lüchtringe­n: Dennis Gemeyer (l.) und Florian Förster im Mehrzweckp­onton des THW.
Nehmen Kurs Richtung Lüchtringe­n: Dennis Gemeyer (l.) und Florian Förster im Mehrzweckp­onton des THW.
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Daniel Menne erklärt, was das Camp der Rettungskr­äfte alles zu bieten hat.

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