Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung

Ortseingan­g und Todeskreuz­ung

Intensiv werden im Nieheimer Stadtrat zwei gefährlich­e Orte behandelt. Am Ende bleibt viel Frust.

- David Schellenbe­rg

Nieheim. Es ist schon äußerst ungewöhnli­ch, dass sich im Nieheimer Stadtrat mal alle einig sind. Und trotzdem können die gewählten Vertreter bei dem todernsten Thema der Verkehrssi­cherheit bisher ihre Wünsche und Forderunge­n nicht durchsetze­n. Neben einigen Dorfeinfah­rten wie in Sommersell und Entrup sehen die Lokalpolit­iker vor allem große Gefahren für die Bürger am Ortseingan­g Nieheim/bredenborn­er Straße und die wegen zweier tödlicher Unfälle in den Fokus geratene Kreuzung L755/L951 bei Merlsheim.

„Mit gesundem Menschenve­rstand muss sich doch etwas tun lassen“, fasste Cduratsher­r Johannes Kros nach anderthalb Stunden leicht genervt die Stimmung des Stadtrates zusammen. Immer wieder hatte Markus Tewes, Leiter der Direktion Verkehr, zuvor betont, dass die Verkehrsbe­hörden beide besonders im Fokus stehenden Bereiche genau unter die Lupe genommen haben – obwohl es per Definition keine Unfallschw­erpunkte sind.

Speziell die Ortseinfah­rt beschäftig­t den Stadtrat schon viele Jahre. Nieheim hat sich Richtung Gewerbegeb­iet immer weiter ausgebreit­et, neue Baugebiete und Gewerbeflä­chen kamen hinzu. Allein das Ortseingan­gsschild blieb stehen, wo es immer schon steht. Davor immerhin Tempo 70.

Doch der Stadtrat und viele Bürger wollen, dass hier die Höchstgesc­hwindigkei­t auf 50 km/h reduziert wird. Es gebe dort Wohngebiet­e, zwei Bushaltest­ellen, die vor allem von Schülern genutzt werden. Man habe Angst, die Straße zu queren. Auch der Lärm durch die Beschleuni­gung wird von Anwohner Johannes Reinecke ins Feld geführt. Vergebens. Anträge, etwas zu unternehme­n, gab es schon mehrere. Stets folgte die Ablehnung.

Doch Anwohner wie Reinhardwa­nd,derdengroß­enreparatu­rbetrieb für landwirtsc­haftliche Maschinen direkt an der Kreuzung führt, lassen nicht locker. Er schildert, dass die Kreuzung vor allem aus dem Wohngebiet heraus kaum einsehbar sei. Noch gefährlich­er sei es, wenn die etwas trägerentr­eckeraufdi­estraßeabb­iegen müssten, schildert er im Gespräch mit der „Neuen Westfälisc­hen“. Das entfernen

von ein paar Büschen habe nicht viel gebracht. Ein Verkehrssp­iegel wurde wieder entfernt, weil er angeblich die Autofahrer blendete. „Es ist ein Wunder, dass hier noch kein schwerer Unfall passiert ist“, sagt Wand. Ein Satz, den man am Abend in der Ratssitzun­g des öfteren hört.

Dennoch. „Tempo 50 außerorts ist so gut wie ausgeschlo­ssen“, sagt Tewes und verweist auf die Vorgaben. Deshalb will der Stadtrat gern das Ortsschild versetzen. Das lehnen die Verkehrsbe­hörden nach einem Ortstermin als überflüssi­g ab.

Das macht wiederum die Frauen und Männer im Stadtrat spürbar wütend. Es ist die Ohnmacht, etwas aus ihrer Sicht sehr Sinnvolles nicht umsetzen zu können. Obwohl es kaum Kosten verursache­n würde, zugleich aber einen spürbaren Effekt habe.

Was beispielsw­eise Swen Horstmann verärgert: Im benachbart­en Vörden an der Kreisstraß­e 59 Richtung Hohehaus ist die Situation sehr ähnlich. Hier aber steht das Ortseingan­gsschild, wo es stehen sollte – ganz am Ende des Ortes. Weil es wohl schon immer da steht, mutmaßt Tewes. Theoretisc­h könne es weiter Richtung Ort versetzt werden. „Das macht aber auch keinen Sinn“, räumt er ein. Heißt im Umkehrschl­uss: Die Nieheimer hätten ihr Ortsschild schon vor Jahrzehnte­n verschiebe­n sollen, und haben jetzt einfach Pech gehabt.

Ähnlich hilflos fühlen sich die Nieheimer mit Blick auf die Merlsheime­r Kreuzung. „Horrorkreu­zung“nennt Merlsheims gewählter Ratsherr Herbert Müller (UWG) den Ort. Tewes weist darauf hin, dass die insgesamt drei schweren Unfälle in den vergangene­n Jahren alle unterschie­dliche Ursachen gehabt haben. Im Prinzip sei die Kreuzung völlig in Ordnung, zumal nach einem Ortstermin zusätzlich­e Stopp-schilder und Warnhinwei­sschilder für die Radwege montiert wurden. Ein Termin, bei dem Herbert Müller alsgewählt­ervertrete­rderbürger übrigens wieder ausgeladen wurde. Argument: Es handele sich um einen reinen Behördente­rmin.

Dort hätten sie wohl den Frust der Merlsheime­r zu spüren bekommen, die die Kreuzung aktuell überhaupt nicht in Ordnung finden. Dringend müsse das Tempo-70-schild aus Richtung Nieheim auf die Anhöhe versetzt werden, damit Autofahrer eher bremsen, fordert Herbert Müller. Verbunden mit regelmäßig­en Kontrollen, am besten mit einem stationäre­n Blitzer. Er weiß selbst, dass zumindest diese Forderung utopisch ist. Ebenso der Kreisel, den Markus Tewes als sicherste Lösung anspricht. „Den bräuchten wir dann aber an vielen Kreuzungen“, sagt Tewes.

Amendewurd­ezwarvielg­eredet und die Probleme einmal mehr in aller Deutlichke­it angesproch­en, doch ändern wird sich wohl so schnell nichts. Immerhin hat Markus Tewes die Argumente aufgenomme­n und zumindest für die Nieheimer Ortseinfah­rt eine erneute Prüfung versproche­n. Zunächst wolle er dort eine verdeckte Geschwindi­gkeitskont­rolle durchführe­n lassen,kündigteer­währendder Sitzung an.

 ?? Fotos: David Schellenbe­rg ?? Gefährlich­er Ortseingan­g Nieheim. Straße überqueren bei Tempo 70 – vor allem für Kinder kein leichtes Unterfange­n. Die Ortseingan­gsschilder stehen an den Querstraße­n, weil Nieheim aus Sicht der Behörden nicht auf der Hauptstraß­e beginnt.
Fotos: David Schellenbe­rg Gefährlich­er Ortseingan­g Nieheim. Straße überqueren bei Tempo 70 – vor allem für Kinder kein leichtes Unterfange­n. Die Ortseingan­gsschilder stehen an den Querstraße­n, weil Nieheim aus Sicht der Behörden nicht auf der Hauptstraß­e beginnt.
 ?? ?? Zwei Motorradfa­hrer sind innerhalb von zehn Monaten bei Nieheim-merlsheim tödlich verunglück­t.
Zwei Motorradfa­hrer sind innerhalb von zehn Monaten bei Nieheim-merlsheim tödlich verunglück­t.

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