Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung
Die Wahrheitsfindung muss vertagt werden
Hat Jörg K. seine Ex-partnerin auf einem Parkplatz in Höxter vergewaltigt? Ein Audiomitschnitt soll Licht ins Dunkel bringen – aber noch nicht jetzt.
Was ist an einem Abend im Januar 2023 passiert? Eine Vergewaltigung in einem Auto auf einem Höxteraner Klinikparkplatz? Oder gab es nur ein Gespräch? Oder haben Jörg K. (alle Namen geändert) und Gabi A. sich im Januar nicht einmal aus der Ferne gesehen? Ein rund 60-minütiger Audiomitschnitt, den die Höxteranerin heimlich an eben jenem Januarabend in eben jenem Auto auf eben jenem Klinikparkplatz erstellt haben will, sollte am Montag im Amtsgericht Höxter Aufschluss geben. Doch wurde die Wahrheitsfindung vertagt. Der Termin wurde aufgehoben. Nach „Nw“-informationen ist eine Schöffin erkrankt. Aufgrund der Terminlage und der anstehenden Urlaubszeit könnte es erst im Juli weitergehen.
Wie berichtet, waren Jörg K. und Gabi A. 28 Jahre lang ein Paar, haben vier Kinder zusammen. Dann jedoch kommt es zur Trennung. Laut dem 52 Jahre alten Angeklagten sei es nicht mehr gegangen, Gabi A. sei „zu aggressiv“gewesen. Zeuginnen vor Gericht ließen jedoch Zweifel an dieser Darstellung zu. Da ist zum Beispiel die Aussage von Karin S., einer guten Freundin des vermeintlichen Opfers. Sie schilderte am ersten Verhandlungstag, dass Jörg K. sehr eifersüchtig war. „Wir haben mal gegrillt“, erzählte die 64-Jährige: „Da kam er um die Ecke gefegt und fragte: Wo isser?“K. habe wohl einen Nebenbuhler am Tisch vermutet. „Nur weil er ein anderes Kennzeichen in der Nachbarschaft gesehen hatte, kam er da wie so ein Kaputter.“Karin S. löste dann auch noch auf, wo das fremde Auto herkam: „Die Nachbarn hatten Besuch.“
Die vermeintliche Vergewaltigung ist nicht der einzige Vorwurf, den das Schöffengericht Höxter dem nach eigener Aussage in der Filmbranche selbstständigen Jörg K. mit sechsstelligem Monatsverdienst macht – wenngleich es der schwerste ist. Er soll außerdem die 40-jährige Julia B. gestalkt und bedroht haben. „Egal wo ich war, er war auch da“, schilderte die Höxteranerin dem Gericht eindrücklich. Ihr Schwager sollte später einen Gps-tracker an ihrem Auto finden.
Und auch der Bruder des angeblichen Vergewaltigungsopfers Gabi A. scheint die Beziehung zu Jörg K. anders erlebt zu haben als der Angeklagte. In einer Verhandlungspause hatte er dem Holzmindener implizit vorgeworfen, Gabi A. misshandelt zu haben.
Während die 47 Jahre alte Gabi A. schilderte, wie ein Gespräch über den Umgang mit den gemeinsamen Kindern in erzwungenem Sex überging, den sie irgendwann, um der Situation zu entkommen, über sich habe ergehen lassen, bestreitet Jörg K., im besagten Januar überhaupt Kontakt zu seiner Ex-partnerin gehabt zu haben. Das vermeintliche Opfer geht zunächst nicht zur Polizei, vertraut sich aber seiner Freundin Karin S. an. „Sie kam zu mir und war ganz anders“, berichtete diese dem Schöffengericht.
Den heimlich erstellten Audiomitschnitt will das Gericht am zweiten Verhandlungstag in Augenschein nehmen. Gabi A. hatte der Polizei die rund 60 Minuten lange Aufnahme auf einem Usb-stick ausgehändigt. Jörg K., der ja die Tat und überhaupt ein Treffen zum Tatzeitpunkt bestreitet, vermutete, seine Ex-freundin habe die Datei aus Tausenden Sprachnachrichten von Messengerdiensten zusammengeschnitten.