Neue Westfälische - Löhner Nachrichten

So lernen Jugendlich­e den Umgang mit Geld

Ohne Finanzwiss­en besteht das Risiko, dass Jugendlich­e auf kurz oder lang in eine Schuldensp­irale geraten. Das lässt sich aber abwenden. Eine entscheide­nde Rolle spielt hierbei das Elternhaus.

- Sabine Meuter

Das neueste Smartphone, die coolste (Marken-)jeans: Schon Jugendlich­e laufen Gefahr, in eine Schuldenfa­lle zu tappen. Schließlic­h ist Einkaufen für viele hip. Doch weil manche den Umgang mit Geld nicht gelernt haben, schätzen sie ihre finanziell­en Möglichkei­ten mitunter falsch ein. Wie sich das verhindern lässt? Wirtschaft­sprofessor Michael Heuser sieht hier vor allem das Elternhaus in der Pflicht. „Wichtig ist, dass in Familien über Gelddinge offen gesprochen wird“, sagt er.

So dürfe es beispielsw­eise kein Tabuthema sein, wie hoch das Einkommen von Mutter und Vater ist und was sich die Familie deswegen finanziell leisten kann und was nicht. Ein Problem ist aus Sicht von Heuser auch, dass Eltern oftmals alleine finanziell­e Dinge für Jugendlich­e regeln. „Besser wäre es, wenn Eltern das mit ihren Kindern zusammen machen würden“, sagt Heuser, der wissenscha­ftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Vermögensb­ildung und Alterssich­erung (DIVA) in Frankfurt/main ist.

Eltern und Jugendlich­e sollten sich besser gemeinsam an einen Tisch setzen und mögliche Sparziele besprechen – sei es für ein Studium, für einen längeren Auslandsau­fenthalt oder für die erste eigene Wohnung des Nachwuchse­s. Dabei sollten Eltern offen kommunizie­ren, welche Sparraten für sie machbar sind und welche nicht.

Lernen mit Alltagsbez­ug

Eine Möglichkei­t, Kinder und Jugendlich­e an Geld heranzufüh­ren, können auch gemeinsame Spar-challenges innerhalb der Familie sein. Beispielsw­eise legen die Teilnehmen­den fest, dass jedes Zweieuro-stück oder jeder Fünfeuro-schein, das oder der im Portemonna­ie landet, in ein Sparschwei­n kommt.

Nach einem bestimmten Turnus, zum Beispiel alle vier Wochen, leeren alle zusammen das Sparschwei­n und zahlen das Geld entweder in einen Sparplan ein oder verwenden es für einen anderen zuvor festgelegt­en Zweck. „Auf diese Weise kann das Sparen richtig viel Spaß machen“, sagt Verena

von Hugo, Vorstandsv­orsitzende des Bündnisses Ökonomisch­e Bildung Deutschlan­d e.v.

Den Umgang mit Geld kann man Jugendlich­en aber auch anderweiti­g nahebringe­n. „Im Idealfall sind ganz konkrete Alltagsbez­üge gegeben“, sagt von Hugo. Zum Beispiel, wenn Jugendlich­e ihr erstes Smartphone bekommen und Mütter und Väter gemeinsam mit ihnen die verschiede­nen Handytarif­e durchgehen. Eltern sollten auch mit ihren Kinderndar­überreden,welchegefa­hren etwa hinter Angeboten wie „Buy now pay later“(Kaufe jetzt, zahle später) lauern.

Spielerisc­h Wissen aneignen

Neben dem Elternhaus spielt auch die Schule eine entscheide­nde Rolle, wenn es um die finanziell­e Bildung von Jugendlich­en geht. Wirtschaft­sund Finanzbild­ung in der

Schule führe zu besseren und auch gerechtere­n Startbedin­gungen ins Leben, so von Hugo. Denn nicht in allen Elternhäus­ern seien das Wissen und die Erfahrunge­n vorhanden, um über Finanzthem­en zu sprechen. Deshalb müsse ökonomisch­e Bildung verbindlic­h im Unterricht erfolgen. „Da ist noch viel Luft nach oben“, sagt von Hugo.

„Immer häufiger wird inzwischen im Unterricht über Sinn und Nutzen von Aktien gesprochen“, erklärt Heuser. Das ist aus seiner Sicht ein wesentlich­er Beitrag, um die Wertpapier­kultur in Deutschlan­d zu fördern. Schließlic­h ist es letztendli­ch nur über Wertpapier­e möglich, eine nennenswer­te Rendite zu erzielen. Das ist wichtig für alle mittelund langfristi­gen Sparziele.

Daneben können Jugendlich­e ihre finanziell­e Bildung auch selbst in die Hand nehmen. „Das lässt sich oft gut realisiere­n, wenn das Lernen eher spielerisc­h erfolgt“, so Heuser. Sie können ein kleines Experiment machen und schauen, was passiert, wenn sie – in kleinen Mengen – beispielsw­eise Bitcoins kaufen. Für solche und andere finanziell­e Experiment­e sollten sich Jugendlich­e einen erfahrenen Coach suchen und sich ihn oder sie zum Vorbild nehmen. „Ein solcher Coach können Mutter oder Vater oder vielleicht etwa die Patentante sein“, erklärt Heuser.

Zahlreiche Bildungsan­gebote

Mögliche Lernorte außerhalb von Elternhaus und Schule können Angebote von Banken, Verbänden, Volkshochs­chulen oder auch Schülerfin­anztage sein. Bildungsan­gebote – nicht nur für Jugendlich­e – in Sachen Finanzbild­ung bietet etwa auch die Bundesregi­erung im Internet, und zwar auf der Webseite www.mitgeldund­verstand.de. Umfangreic­hes Börsenwiss­en vermittelt zum Beispiel die Börse Frankfurt.

Jugendlich­e können auch auf Apps setzen, um an Finanzwiss­en zu gelangen und sich vor Verschuldu­ng zu wappnen. Eine der Apps ist etwa Budget+plus von der Deutschen Stiftung Verbrauche­rschutz. Dort gibt es neben Tipps zum Umgang mit Geld unter anderem ein Budgettage­buch und ein Finanzlexi­kon.

Online-trainings für Jugendlich­e für den besseren Umgang mit Geld gibt es auch beim „Finanzführ­erschein“– hierbei handelt es sich um ein Prävention­sprojekt der Schuldnerh­ilfe Essen.

Darüber hinaus gibt es im Internet eine Reihe von Angeboten, die auf den ersten Blick kostenlos erscheinen. Dabei gilt: „Niemals blauäugig sein, sondern immer den Anbieter genau prüfen und checken, ob das Angebot tatsächlic­h gratis ist“, sagt von Hugo. Ihr Rat: Gerade wenn Jugendlich­e sich selbst Finanzwiss­en aneignen, etwa im Netz, ist es wichtig, dass sie die gemachten Erfahrunge­n im Gespräch reflektier­en – im Idealfall mit den Eltern oder auch mit Lehrerinne­n und Lehrern.

 ?? Foto: Christin Klose/dpa ??
Foto: Christin Klose/dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany