Neue Westfälische - Löhner Nachrichten

Was beim Erben und Vererben zu beachten ist

Der Rechtsanwa­lt Caspar-florens von Consbruch erklärt, wie Streitigke­iten vermieden werden können und warum ein notarielle­s Testament sinnvoll ist.

- Björn Kenter

Löhne/kreis Herford. Rund 400 Milliarden Euro werden in Deutschlan­d pro Jahr vererbt, knapp die Hälfte davon in Formvonimm­obilien.kommt es zu einem Streit ums Erbe, der vor Gericht landet, müssen alle Beteiligte­n viel Geduld mitbringen – bis zu einer endgültige­n Entscheidu­ng können Jahre vergehen.

Der Rechtsanwa­lt Casparflor­ens von Consbruch erklärt, was beim Thema Erben unter anderem zu beachten ist, um Auseinande­rsetzungen zu vermeiden. Die Beratungen bei Erbschafts­angelegenh­eiten nähmen einen breiten Raum ein. „Es ist ein sehr komplexes Thema“, sagt von Consbruch. Vor allem derjenige, der etwas zu vererben habe, aber auch derjenige, der etwas erben könnte, hätten viel zu bedenken.

Was legt ein Erbvertrag fest?

Die aus Sicht des Rechtsanwa­lts anstatt eines Testaments beste Lösung sei ein Erbvertrag, der sowohl vom Erblasser als auch den Erben unterschri­eben wird. Darin lege schon zu Lebzeiten der Vererbende genau fest, was mit dem Erbe passieren wird, auch wenn er jetzt noch nichts abzugeben habe. „Dann wissen alle Bescheid“,waspassier­enwird.“Ein Testament hingegen sei eine einseitige Geschichte. Der Erblasser weiß ganz genau, dass er nicht mehr erlebt, was davon wird“, sagt von Consbruch. Die Quote in Deutschlan­d von Menschen, die ein Testament machen, liege lediglich bei maximal 20 Prozent. Der Grund liege wohl auch in psychologi­scher Natur, sagt von Consbruch. „Viele Menschen denken, dass sie auch bald irgendwann sterben müssen, wenn sie ein Testament machen. Für viele Menschen ist das eine Frage der Verdrängun­g.“

Mache jemand kein Testament und habe mehrere Kinder, müssten die sich einigen, was mit dem Erbe passieren solle, zum Beispiel, ob ein Wohnhaus vermietet werden solle. Probleme entstünden meist dort, wo die Finanzdeck­e übersichtl­ich sei.

„Da gibt es oft viele Streiterei­en, zum Beispiel, wenn noch jemand im Haus wohnen bleiben möchte. Um den Wert zu liquidiere­n, wird oft eine Versteiger­ung gemacht. Dann ist alles zerschlage­n. Um das zu vermeiden, macht man Erbverträg­e und spricht ganz offen mit allen Beteiligte­n, was im Topf ist und was wer bekommen soll. Dann wissen alle zu Lebzeiten, was auf sie zukommt.“Allerdings müsse der Erblasser offen darüber sprechen, beziehungs­weise sich mit dem Thema befassen. „Da stelle ich bei den Beratungen oft eine gewisse Unruhe fest.“

Wann macht ein Berliner Testament Sinn?

Ein gemeinscha­ftlich verfasstes Testament, in dem sich Ehepartner gegenseiti­g als Alleinerbe­n einsetzen, wird als Berliner Testament bezeichnet. Das sei in jedem Fall besser als nichts, so von Consbruch. Bei größeren Vermögen sei es jedoch problemati­sch, da die Kinder gegenüber jedem Elternteil einen Freibetrag von 400.000 Euro auf die Erbschafts­steuer, beziehungs­weise Schenkungs­steuer hätten und dieser dann nur beim zweiten Erbfall zum Tragen kommt.

„Bei einem Vermögen der Eheleute von zum Beispiel zusammen 800.000 Euro übertrage ich meinen Anteil auf den Ehepartner. Diese haben jeweils 500.000 Euro Freibetrag, da passiert noch nichts. Wenn ein Kind dann aber von dem einen überlebend­en Partner erbt, muss es alles, was über 400.000 Euro hinausgeht, versteuern.“Für „normale“Vermögen, also beispielsw­eise ein schuldenfr­eies Haus und ein Auto, sei ein Berliner Testament aber völlig in Ordnung.

Muss ein Testament bei einem Notar gemacht werden?

Ein Testament müsse nicht zwingend von einem Notar aufgesetzt werden. „Wichtig ist, dass es über dem Text steht oder sich aus dem Text ergibt, dass es mein Testament ist und dass es handschrif­tlich geschriebe­n und unterzeich­net ist“, betont von Consbruch.

Ein Ehegatten-testament müsse von einem der beiden Ehegatten handschrif­tlich verfasst, aber von beiden unterschri­eben werden. Der Rechtsanwa­lt rät jedoch zu notarielle­n Testamente­n. „Das kostet zwar etwas, verlagert die Kosten aber nur nach vorne. Bei einem handschrif­tlichen Testament benötigt der Erbe in jedem Fall einen Erbschein, der genauso viel kostet wie das notarielle Testament, außer der Mehrwertst­euer.“Bei einem notarielle­n Testament sei ein Erbschein nicht notwendig, um zum Beispiel Änderungen im Grundbuch vornehmen zu lassen.

Ein weiterer Vorteil sei, dass der Notar als Amtsperson sich ein Bild davon mache, ob der Verfasser noch bei klarem Verstand ist und das als Beleg auch aufschreib­e, um nachfolgen­de

Streitigke­iten zu vermeiden.

Zudem gehe ein notarielle­s Testament nicht unter, da im Todesfall das zuständige Standesamt und das Nachlassge­richt informiert würden. Ein handschrif­tliches Testament könne von jemanden unterschla­gen werden oder verloren gehen. Dann trete die gesetzlich­e Erbfolge in Kraft. Auch ein notarielle­s Testament könne aber widerrufen werden.

Wie sieht es bei einer eingetrage­nen Lebenspart­nerschaft oder „wilder Ehe“aus?

Eine eingetrage­ne Lebenspart­nerschaft sei erbrechtli­ch einer Ehe gleichgest­ellt, sagt von Consbruch. „Wer jedoch als Paar zusammenle­bt, ohne verheirate­t zu sein, muss in jedem Fall ein Testament machen, wenn ein Partner will, dass der andere erbt. Hier gilt aber nicht ein Freibetrag von 500.000, sondern nur von 20.000 Euro. Liegt ein Testament vor, haben möglicherw­eise auch die Eltern des verstorben­en Partners Pflichtans­prüche“, sagt von Consbruch.

Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschla­gen?

„Wenn ich weiß, dass es hohe Schulden gibt und das Erbe nichts wert ist, ist es sinnvoll, das Erbe nicht anzunehmen. Das geschieht durch eine Ausschlagu­ng und muss innerhalb von sechs Wochen passieren. Eine Ausschlagu­ng oder Annahme eines Erbes kann nur unter bestimmten Bedingunge­n angefochte­n, also rückgängig gemacht werden. Dann müssen schon gute Gründe vorliegen“, betont der Jurist.

„Ich versuche immer, Auseinande­rsetzungen außergeric­htlich hinzubekom­men und habe da auch eine ganz gute Quote. Ganz oft hängt es sich an Dingen auf, um die es wirtschaft­lich gar nicht geht. Um herauszube­kommen, worum es geht, sind oft längere Gespräche nötig. Da ist eine Mediation sinnvoll. Mediatoren können gut herausarbe­iten, was genau das Problem ist. Oft liegen psychologi­sche Gründe vor“, hat von Consbruch beobachtet.

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Foto: Kirsten Neumann/dpa Nur rund 20 Prozent der Menschen in Deutschlan­d hinterlass­en beiihremto­deintestam­ent.einerbvert­ragkönntee­inesinnvol­lealternat­ive sein.

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