Neue Westfälische - Löhner Nachrichten
City-center-pläne lösen gespaltenes Echo aus
Der Eigentümer will den Betonklotz in der Innenstadt neu gestalten. Ein Wohnhochhaus mit Ladenzeile und Gastronomie soll die neue Stadtmitte werden. Nw-leser sind skeptisch.
Der Entwurf zur Wiederbelebung des City Centers als Wohnhochhaus mit Ladenzeile, Büros und Großgastronomie hat bei Nwlesern ein gespaltenes Echo ausgelöst. Der Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft Klaus Keil hatte vergangenen Donnerstag im Ausschuss für Stadtentwicklung seine Pläne für den Teilabriss der Bahnhofseite und zur Neugestaltung der Ladenzeile Herforder Straße vorgestellt.
Die Kommunalpolitiker äußerten sich zurückhaltend bis freundlich, konnten den Entwurf für die „Stadtmitte H78“aber bloß zur Kenntnis nehmen und nicht darüber entscheiden. Die Pläne bleiben im Rahmen der bereits positiv beschiedenen Bauvoranfrage für das beerdigte Projekt des Gesundheitszentrums „Medicampus“. Der Investor wird für die Wiederbelebung des City Centers voraussichtlich eine Baugenehmigung von der Stadtverwaltung bekommen.
Nw-leser haben die beiden Entwurfsansichten aus der Feder des Bad Oeynhausener Architekten Ralf Blase aufmerksam studiert und sich ihre Meinung gebildet. Rolf Wiemers setzt die „neue Stadtmitte“für Bad Oeynhausen in Anführungszeichen und nennt den Entwurf einen „nichtssagenden sechsgeschossigen Häuserblock mit Büros und Wohnungen“. Bernd Schneider schreibt von „Schuhkartonhäusern“und „Trauerkartendesign
(schwarze Balkone, weiße Fassade)“und rät den Verantwortlichen, sich Inspiration in den Niederlanden zu holen: „Fahrt alle mal nach Groningen! Ich weiß, das ist weit weg und liegt auch noch im Ausland.“
„Ideal und besser als der Medicampus“
Ganz anders denkt Julian Schellberg, er nennt die neuen Pläne „ideal und besser als den Medicampus“, weil das neue Projekt nun „alle Generationen“anspreche. Schellberg begrüßt die Abkehr vom Gesundheitszentrum, weil „bereits in unmittelbarer Nähe“sämtlicher medizinischer und ärztlicher Bedarf abgedeckt sei. „Diese Zielgruppe benötigt nicht noch einen zweiten Komplex gleicher Art in bester Innenstadtlage.“
Investor Klaus Keil veröffentlichtebislangbloßzweiansichten des neuen sechsgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses. Beide zeigen den Bau von der Herforder Straße. Wie das Gebäude vom Bahnhof aus wirkt, bleibt bislang der Fantasie der Leser überlassen. Rolf Wiemers vermutet, es sei ganz „im Sinne der Berliner Eigentümerfirma, dass den Lesern der NW eine Rückansicht des hohen Wohnhauses vorenthalten wurde“.
Auch bei der Bewertung des Standorts gehen die Meinungen auseinander. Bei Immobilien zählt bekanntlich nur eins: die Lage. Steht das City Center auf einem Filetstück in der Fußgängerzone? Ulrich Brüggemannhatdaseinezweifel. Das City Center sei „nicht unbedingt der attraktivste Standort“für Wohnungen. Die Pläne des Investors würden bloß „kleine und sicherlich auch hochpreisige Wohneinheiten“vorsehen, „deren Charme sich aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zur Nordbahntrasse auch erst auf den zweiten Blick erschließen wird, wenn überhaupt“.
Der Entwurf sieht derzeit im Untergeschoss eine Parkgarage mit „geräumigen Stellflächen“für bis zu 50 Autos vor. Im Erdgeschoss, an das die Ladenzeile anschließt, sollen Büros und Miet-büros eingerichtet werden, weil es in dieser Etage bloß eine Fensterfront nach Norden zum Bahnhof geben wird. In den Stockwerken darüber sollen aber 40 Wohnungen auf vier Etagen errichtet werden, allesamt mit Südwest-balkonen und Blick bis zum Kurpark. Ulrich Brüggemann findet 50 Parkplätze für 40 Wohnungen zu wenig: „Dass so viele Interessenten plötzlich auf ihr Auto verzichten oder keines haben, erscheint mir eher Wunsch als Wirklichkeit.“
Wer betreibt die neue Großgastronomie?
Rolf Wiemers lenkt den Blick auf die Problemimmobilien in der direkten Nachbarschaft des City Centers und schreibt: „Ich finde, diese Kurstadt, die in der Vergangenheit schon etliche städtebauliche Fehlplanungen in ihrem Zentrum wie zum Beispiel das Lenné-karree erdulden musste, hat etwas Besseres verdient.“Die Stadtentwicklung in Bad Oeynhausen laufe jedoch immer gleich: „Investoren folgen in erster Linie der Spur des Geldes, die Interessen der Stadtgesellschaft (Bürger) sind ihnen egal.“
Julian Schellberg dagegen geht davon aus, dass das neue Projekt „für jedermann die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt erhöht und zum längeren Verweilen einlädt“. Er ist schon jetzt gespannt, welchen Ankermieter der Investor für die Großgastronomie präsentieren wird „und ob die Wohnungen auch für jüngere Menschen interessant werden“.
Ulrich Brüggemann ist skeptisch, ob die neue Großgastronomie angesichts der „vielfältigen, zumeist guten Konkurrenz im direkten Umfeld“bestehen könne. Umgekehrt sei auch fraglich, ob die bestehende Gastronomie „unter dem neuen Wettbewerbsdruck“bestehen könne. Brüggemann: „Eine Win-winsituation will sich mir auf den ersten Blick nicht erschließen.“
Der neue Name des City Centers als „Stadtmitte H78“wird von seiner Adresse an der Herforder Straße 78 abgeleitet. Bei Julian Schellberg stößt dasaufbeifall.diesernameanstelle des Gesundheitszentrums „Medicampus“sorge für „hohe Akzeptanz und weniger Fragezeichen/kopfschütteln in der Bevölkerung“. Er gehe deshalb davon aus, dass das Projekt „sehr gut angenommen wird“und „eine echte Bereicherung“darstellen werde.
Genau das zieht Ulrich Brüggemann in Zweifel. Bad Oeynhausen solle sich die Frage stellen, ob das neue bauliche Projekt des City Centers maßgeblich zur Belebung und Entwicklung beitrage, wirtschaftlich tragfähig sei „oder letztlich doch unterm Strich nur alter Wein in neuen Schläuchen ist“.
„Der Werre-park lässt grüßen“
Die Antwort auf seine Fragegibtbrüggemannselbst:„bei mir überwiegt unter Abwägung von Vor- und Nachteilen eher die Skepsis als der Optimismus. Wir haben in der Innenstadt bekannterweise schon seit Jahren genügend Leerstände der Ladenflächen zu beklagen“, schreibt Brüggemann. Und er glaubt nicht, dass sich viele neue Interessenten für die Verkaufsflächen im neuen City Center finden werden. „Der Werre-park lässt grüßen, in den ja schon vor über 20 Jahren bereits so einige Geschäfts und Filialisten bekannter Modeketten aus der Innenstadt abgewandert sind.“
Die Probleme der Innenstadt sind dem Berliner Immobilienentwickler bekannt. Im Gespräch mit der NW hat Klaus Keil den Bau des Werre-parks als „städtebauliche Fehlentscheidung“bezeichnet, zugleich aber betont, er richte den Blick nach vorn.