Neue Westfälische - Löhner Nachrichten

Wildvögel vor Katzen schützen – so kann’s gehen

Die Katze und der Vogel – das war schon immer eine sehr einseitige Liebe. Der Ornitholog­e und Leiter der Biologisch­en Ravensberg, Klaus Nottmeyer, nennt erstaunlic­he Zahlen und gibt Tipps für Katzenhalt­er.

- Meiko Haselhorst

Löhne. Alle Jahre wieder ploppt das Thema auf: Katzen fangen Vögel – und sind damit für den Rückgang zahlreiche­r Singvogela­rten verantwort­lich. Ist das wirklich so? Wie groß ist der Anteil der Katze an dieser negativen Entwicklun­g wirklich? Und kann man als Katzenlieb­haber und gleichzeit­igervogelf­reund(das soll es durchaus geben) etwas tun, damit sich die Zahl der gefiederte­n Opfer in Grenzen hält? Klaus Nottmeyer, Ornitholog­e und Leiter der Biologisch­en Station Ravensberg, gibt Antworten.

„Wenn Katzen jagen, töten sie vor allem Mäuse und Vögel. Sie töten wirklich sehr viele Vögel – das ist völlig unstrittig“, sagt Nottmeyer klipp und klar. Gesicherte Zahlen gebe es allerdings nicht. Erhebungen in den USA hätten ergeben, dass die Zahl der durch Katzen getöteten Singvögel allein in den Staaten jährlich in die Milliarden gehe. „Als ich dasgelesen­habe,habeichwir­klich geschluckt“, so der Vogelfreun­d. „Solche Zahlen beruhen allerdings auf Schätzunge­n und Hochrechnu­ngen“, sagt er. „Und solche Zahlen sind auch nicht so ohne Weiteres auf Deutschlan­d übertragba­r – in den USA und in anderen Ländern dieser Welt gibt es viel mehr Streuner als hier bei uns.“

Bei etwa 9,5 Millionen Katzen in Deutschlan­d (auch das ist nur ein Schätzwert, weil längst nicht alle Tiere gemeldet sind) dürfte die Zahl der getöteten Vögel aber auch hierzuland­e nicht ganz unerheblic­h ausfallen. Diverse unabhängig­e und nicht tendenziös­e Quellen im Internet sprechen von bis zu 40 Millionen Vögeln im Jahr.

Eine erschrecke­nde Zahl. Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, dass es in ganz Deutschlan­d insgesamt „nur“etwa 100 Millionen Brutpaare (plus deren Jungvögel) geben soll. „Da erscheinen mir 40

Millionen allerdings etwas hochgegrif­fen“, sagt Nottmeyer. Er halte auch nicht viel von der eingangs erwähnten Theorie, dass Katzen hauptveran­twortlich für das Schwinden der Bestände sein sollen. „Von den direkten menschlich­en Faktoren haben Katzen sicherlich den größten Einfluss. Mehr als zum Beispiel Fenstersch­eiben oder Autos im Straßenver­kehr“, sagt er. Es seien allerdings eher die indirekten menschenge­machten Faktoren wie der Klimawande­l oder die Zerstörung von Lebensräum­en, die die Existenz vieler Arten bedrohen.

Egal, wie groß der Einfluss der Katze sei: „Kein Mensch wird jetzt den Vögeln zuliebe sein Haustier abgeben – das kann auch niemand verlangen“, so Nottmeyer. Wer ein Herz für Vögel habe, könne aber auf einige Dinge achten, um die Zahl der erlegten Piepmätze zu reduzieren: „Das fängt damit an, dass Streuner und Freigänger unbedingt sterilisie­rt werden müssen“, sagt Nottmeyer. „Je mehr Katzen geboren werden und da draußen frei herumlaufe­n, desto größer ist natürlich die Zahl der erlegten Vögel.“Das Ziel müsse daher sein: keine Streuner mehr.

Besitzer von Freigänger­n sollten sich außerdem überlegen, wie viel Freilauf ihr Tier wirklich braucht. Besonders in der Hauptbrutz­eit – also vom Frühling bis in den Juli hinein – sollten Katzen zumindest tagsüber so viel Zeit wie möglich im Haus verbringen. Der Grund: „Wenn die jungen Vögel ihre Nester verlassen,könnendiem­eistenvoni­hnen einfach noch nicht so gut fliegen. Außerdem erkennen sie Gefahren noch nicht so gut und sind insgesamt noch sehr tollpatsch­ig. Darum werden Jungvögel besonders leicht zu Katzenopfe­rn. Da kann schon mal innerhalb kürzester Zeit die komplette Kohlmeisen­brut futsch sein. Noch ärgerliche­r ist das natürlich bei seltenen Vögeln. Da macht die Katze leider keinen Unterschie­d“, erklärt Nottmeyer. Aber auch die Elternvöge­l seien vor lauter Futtersuch­e und anderem Familienst­ress abgelenkte­r als sonst – und somit leichter zu fangen. „Ich habe auchmalgel­esen,dassderjag­dtrieb von Katzen nachlässt, wenn sie zuhause viel Fleisch fressen“, sagt Nottmeyer. Will heißen: je weniger Getreidezu­satz sich im Katzenfutt­er befindet, desto besser ist das für die Vögel – von der Gesundheit der Katze mal ganz abgesehen.

Was ist eigentlich mit den Glöckchen um den Hals, auf die manche Katzenhalt­er zurückgrei­fen? Nottmeyer schüttelt den Kopf. „Funktionie­rt nicht.“Vermutlich, weil die Glocke–wennüberha­upt–erst dann klingelt, wenn die Katze sich im finalen Sprung befindet. „Da hat der Vogel gar keine Zeit mehr zum Reagieren“, so der Vogelschüt­zer, der aber eine ähnliche Maßnahme empfiehlt: „Bunte Tücher oder Bänder um den Hals sollen tatsächlic­h ein bisschen helfen. Die Vögel reagieren offenbar auf diese Signalfarb­en.“

Ein buntes Tuch, damit die Katze nicht zum roten Tuch für Vogelfreun­de wird – versuchen kann man’s ja.

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Foto: dpa/julian Stratensch­ulte So toll dieser Anblick ist – wenn die Beute ein Vogel ist, finden viele Menschen das nicht so schön.

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