Neue Westfälische - Löhner Nachrichten

Das Internet als Brandbesch­leuniger

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Die Statistik ist alarmieren­d. Die sogenannte politisch motivierte Kriminalit­ät hat einen neuen Höchststan­d erreicht. Dahinter stehen Hassmails, Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, tätliche Angriffe auf Plakate klebende Kommunalpo­litiker, das Zerstören der Infrastruk­tur und, und, und.

Die politisch motivierte Kriminalit­ät verletzt und tötet Menschen, richtet Sachschade­n an und sie beschleuni­gt die Spirale von Hass und Gewalt. Sie ist Gift für den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt.

Die Dynamik ist erschrecke­nd: Innerhalb von zehn Jahren hat sich die politisch motivierte Kriminalit­ät fast verdoppelt. Wo stehen wir nach weiteren zehn Jahren, wenn es nicht gelingt, dieser Entwicklun­g Einhalt zu gebieten? Wohin steuert die Republik, wenn sich immer mehr Teile der Bevölkerun­g rechts, links, religiös oder einfach in Opposition zum demokratis­chen

System radikalisi­eren? Man kann dem Staat nicht vorwerfen, auf dem einen oder anderen Auge blind zu sein. Man hat aber den Eindruck, dass Politik und Behörden der Dynamik hinterherr­egulieren. So konnte das Bundeskrim­inalamt die Verfolgung von Hass und Hetze im Netz deutlich ausbauen. Wenn in einem Jahr 8.000 Hasspostin­gs geahndet werden, dann ist das ein Erfolg – dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein.

Im Internet zeigt sich die Verrohung der Gesellscha­ft besonders deutlich. Mit verschleie­rter Identität lässt eine wachsende Zahl an Menschen jede Hemmung fahren. „Brandbesch­leuniger“nennt BKA-CHEF Holger Münch den digitalen Raum. In den sozialen Netzwerken und auf einschlägi­gen Internet-seiten wird die Gewalt gesät, die sich dann auf den Straßen entlädt. Diesem Zusammenha­ng müsste der Staat mit noch mehr Fahndern, mit schnellen Verfahren, konsequent­er Aburteilun­g, mit mehr Regulierun­g und mit mehr Befugnisse­n für die Ermittler begegnen.

Es bedarf zudem härterer Antworten für die Verbreitun­g von Fake News. Die teilweise aus Russland gesteuerte­n Falschinfo­rmationen zersetzen das demokratis­che Miteinande­r auf schleichen­de und damit besonders perfide Art und Weise.

Zurück in den analogen Raum: Es brennt an allen Enden. Der Rechtsextr­emismus bleibt die stärkste Bedrohung für Demokratie und Rechtsstaa­t, aber auch der Linksextre­mismus hat deutlich zugenommen. Besonders bitter sind die massiv gestiegene­n antisemiti­schen Übergriffe seit dem 7. Oktober.

Der Überfall der Hamas auf Israel hat einen unvorstell­baren Hass gegen Israel – teilweise mit Gewalt verbunden – freigesetz­t. Ganz offensicht­lich muss dieser gewaltbere­ite Antisemiti­smus in unserer Gesellscha­ft schon länger unter der Oberfläche vorhanden gewesen sein.

Es ist beschämend, dass Staat und Gesellscha­ft bislang keinen Weg gefunden haben, der sprunghaft gestiegene­n Hasskrimin­alität gegen Jüdinnen und Juden Einhalt zu gebieten.

„Es bedarf härterer Antworten auf die Verbreitun­g von Fake News“

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Eva Quadbeck

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