Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Juwel französischer Kirchenmusik
Die Abdinghofkantorei singt ihr Chorkonzert dieses Mal in der Kirche St. Hedwig. Der wegen Sanierungsarbeiten in der Abdinghofkirche notwendige Umzug entpuppt sich als Volltreffer.
Paderborn. Es gibt in Paderborn eine Kirche, die nicht so sehr im Licht der Öffentlichkeit steht, aber gleichwohl ein kleines Juwel in sich birgt: St. Hedwig, gelegen im Zentrum der Lieth. Das Juwel ist die Orgel, ein historisches Instrument, erbaut 1897 in Sheffield in England. Sie wurde 2010 restauriert und nach Deutschland gebracht.
Und nun erklingt sie also in dem oktogonalen Kirchenraum und ist in ihrer romantischen Mensur (reichhaltige Zungenregister) ein ideales Instrument, um die sakrale Musik der Romantik und die des französischen Stils zu interpretieren.
So war es auch ein kluger Schachzug von Tim Gärtner, Kreiskantor und Leiter der Abdinghofkantorei Paderborn, das zur Passionszeit am letzten Sonntag vor Ostern fällige Chorkonzert nach St. Hedwig zu verlegen, weil die Abdinghofkirche wegen Bauarbeiten derzeit nicht zur Verfügung steht. Denn Gärtner stellte das Konzert komplett unter den Klangbereich der französischen Kirchenmusik. Er wählte dazu zwei französische Komponisten: Gabriel Fauré (1845 bis 1924) und Maurice Duruflé (1902 bis 1986).
Zu Beginn des einstündigen, sehr gut besuchten Konzertes erklang das letzte (veröffentlichte) Chorwerk von Maurice Duruflé: „Notre pére, op. 14“, eine geistliche Motette. Die Abdinghofkantorei sang dieses vierstimmige, sowohl romantisch als auch in der Melodiefindung gregorianisch anklingende, kurze Stück mit weicher, sauberer Intonation, etwas verhalten im Tempo.
Gabriel Fouré steuerte anschließend sein „Cantique de Jean Racine, op. 11“in der Fassung für Chor und Orgel bei. Diese Ode an den großen Tragödiendichter
Racine (1639 bis 1699) ist dessen Nachdichtung eines ambrosianischen Hymnus.
Daniel Tappe gestaltete die schwierige Orgelbegleitung sicher und zuverlässig virtuos. Der Chor agierte beinahe makellos. Im Anschluss daran spielten die Cellistin Minja Spasic und Daniel Tappe an der Orgel die berühmte „Elegie, op. 24“von Gabriel Fauré – ein Traumstück für alle Streicher, traumhaft gespielt.
Das Hauptwerk nun wieder von Maurice Duruflé: „Requiem op. 9“. Die beiden Gesangssolisten Anna Padalko (Mezzosopran) und Ferdinand Regel (Bariton) gestalteten ihre kurzen Parts wunderbar eindrücklich, sogar dramatisch (Regel in VIII. Libera me). Geradezu verblüffend die Kraft und Ausdrucksfähigkeit der Stimme von Anna Padalko, von höchster Verzweiflung bis zum Ersterben ist alles möglich. (V. Pie Jesu).
Das Requiem von Duruflé gilt als Meisterwerk der französischen Kirchenmusik. Die ursprüngliche Besetzung dieser Totenmesse sieht neben Chor und Solisten noch ein Orchester vor. Dessen Part übernahm wieder Daniel Tappe an der Orgel. Wer schon einmal Duruflé gespielt hat, weiß um die meisterlichen Fähigkeiten, die hier notwendig sind. Der Komponist begann noch während des Zweiten Weltkrieges mit der Komposition, konnte das Werk jedoch erst danach beenden.
Tim Gärtner dirigierte verhalten und sehr sicher, er führte seinen Chor und die Solisten durch alle Klippen des rhythmisch anspruchsvollen Notentextes. Sympathisch seine Fähigkeit, sich selbst ganz zurückzunehmen, beispielsweise da, wo der Dirigent nicht unbedingt ein Trio dirigieren muss. Fazit: ein kurzes, aber beglückendes Konzert in einer interessanten Kirche.