Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Die Methode Reul
Wie groß Anspruch und Wirklichkeit in der Politik manchmal auseinanderklaffen, zeigt sich aktuell immer mehr am Beispiel von Nrw-innenminister Herbert Reul. Kaum wird bekannt, dass bundesweit gegen 400 Polizeibeamte wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Gesinnung ermittelt wird – schon äußert sich der Cdu-politiker mit dem markigen Satz, dass er „diese Menschen“nicht in der Polizei haben wolle. Wer könnte ihm da widersprechen? Zwar gelingt es Reul auf diese Art oft, die Deutungshoheit über ein Thema zu erlangen. Doch die reinen Fakten und Erfolge halten seinem bundesweit guten Ruf inzwischen immer weniger Stand.
Der „schwarze Sheriff“, wie Reul respektvoll genannt wird, geht bei rechtsextremen Tendenzen innerhalb der Polizei mit hartem Kurs voran, zum Beispiel, indem er verdächtige Beamte zunächst suspendiert. Auch das klingt erst mal gut. Sollte sich der Verdacht jedoch nicht erhärten, entschuldigt sich Reul öffentlich. Thema erledigt. Was das aber für die jeweiligen Beamten und ihren Arbeitsalltag bedeutet, steht auf einem anderen Blatt Papier. Auch muss Reul feststellen, dass eine Dienstenthebung verdächtiger Polizisten in der Praxis juristisch oft gar nicht so einfach ist.
In Düsseldorf musste Reul jetzt das zweite Mal in Folge durchwachsene Kriminalitätszahlen vorstellen. Die Straftaten nehmen in fast allen Bereichen zu. Die Anzahl der Wohnungseinbrüche ist um 15 Prozent gestiegen. Nun muss man differenzieren, dass NRW
im Bundesschnitt noch recht gut abschneidet und dass die Zahlen unter Spd-minister Jäger vor Jahren noch schlechter waren. Auch führen mehr Ermittlungen zu höheren Zahlen. Deren Aussagekraft zweifeln Wissenschaftler ohnehin an und fordern Dunkelfeldstudien.natürlichistreulauch nicht für eine Verrohung in der Gesellschaft verantwortlich, in der Konflikte wachsen und Polizisten fehlen.
Doch wenn Reul an den Ansprüchen der CDU und an seinem populären Ruf gemessen werden will, der ihn als Aufräumer mit einer Null-toleranz-strategie huldigt, dann muss man feststellen, dass dieses Bild immer weniger der Realität entspricht – und nach sieben Jahren nicht zu den Erfolgen geführt hat, wie die Landesregierung mitunter suggerieren will. Dass Reul dennoch in der Bevölkerung und Polizei einen guten Ruf und sein Haus im Griff hat, liegt also weniger an seiner Bilanz als an seinem bemerkenswerten Auftreten – mit klarer und einfacher Sprache. Diese Methode mag dazu führen, dass einige Bürger der Politik wieder mehr vertrauen, was gut ist. Doch sicherer macht sie das Land ganz offensichtlich nicht.
ingo.kalischek@ ihr-kommentar.de