Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Stoltenberg kämpft gegen Risse in der NATO
Sven Christian Schulz
Brüssel. Gleich zwei Militärorchester waren am Donnerstag nötig, um die riesige gläserne Agora im Herzen des Brüsseler Hauptquartiers mit den Klängen der NATO-HYMNE zu füllen. Wo sonst Natooffiziere hektisch von Büro zu Büro eilen, feiert das Bündnis mit der Band der belgischen Luftwaffe und der niederländischen Marinekapelle das 75jährige Bestehen der NATO.
Der heimliche Star des Tages liegt in einer kleinen Glasvitrine, wenige Meter vom Rednerpult entfernt: die Gründungsurkunde der NATO, der Nordatlantikvertrag. Als am 4. April 1949 zwölf Staaten mit ihrer Unterschrift eine 20-jährige Partnerschaft besiegelten, ahnte wohl niemand, dass dies der Beginn eines mindestens 75 Jahre währenden Verteidigungsbündnisses sein würde.
Für den Festakt am Donnerstag wurde das Original eigens aus Washington nach Brüssel geflogen und bei der Zeremonie feierlich präsentiert. „Ich mag den Nordatlantikvertrag – nicht nur weil ersokurzist“,sagtenato-generalsekretär Jens Stoltenberg und erntete damit einige Lacher. Noch nie habe ein Dokument mit so wenigen Worten so viel für die Menschen bedeutet. „So viel Sicherheit, so viel Wohlstand, so viel Frieden.“
Tatsächlichumfasstdervertrag nur 14 Punkte, „Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit“sind darin in Artikel 1 als Ziele festgeschrieben. „Heute haben wir 32 Mitglieder – wir müssen also irgendetwas richtig gemacht haben“, sagte Stoltenberg. Rund eine Milliarde Menschen schützt die NATO heute, sie hat eine gemeinsame Truppenstärke von 3,5 Millionen Soldatinnen und Soldaten. „Die NATO hat sich erfolgreich an das veränderte Sicherheitsumfeld angepasst, auf neue Bedrohungen und Herausforderungen reagiert und bleibt ein Bollwerk der Stabilität und Sicherheit für die europäischen Staaten und andere Länder an ihren südlichen und östlichen Grenzen“, sagte Nato-general a. D. Gordon B. „Skip“Davis.
Doch 75 Jahre nach Gründung der NATO wächst die Sorge, dass Russland das Verteidigungsbündnis auf die Probe stellen könnte. Bei einem Machtwechsel im Weißen Haus im Herbst könnte die Einheit der NATO bröckeln, solltedonaldtrumpernstmachen und sich die USA weitgehend aus dem Bündnis herausziehen.„europabrauchtdie USA für seine Sicherheit“, beschwor Stoltenberg die Einheit. Gleichzeitig seien auch die USA auf Europa angewiesen. Europa bringe Weltklassemilitär, wichtige Geheimdiensterkenntnisse und diplomatischeneinflussindienatoein.