Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung

Haushaltsk­natsch an zwei Fronten

Der Personalra­t der Stadtverwa­ltung kritisiert angesichts eines ohnehin verschlech­terten Arbeitskli­mas weitere Sparvorsch­läge der Rathauskoa­lition. Die Grünen wiederum befürchten einen Kahlschlag bei der Digitalisi­erung.

- Niklas Tüns

Paderborn. Der größte Posten im städtische­n Haushalt sind die Personalko­sten: Mehr als ein Viertel der Gesamtausg­aben fließt in Löhne und Versorgung­sansprüche – dieses Jahr voraussich­tlich rund 170 Millionen Euro. Nicht verwunderl­ich also, dass auch in diesem Bereich Einsparopt­ionen gesucht werden, um die aktuelle Finanzmise­re hinter sich zu lassen.

In der Folge kommt es nun an mehreren Fronten zum Knatsch. Der Personalra­t sieht eine ohnehin schon angespannt­e Stimmung in der Belegschaf­t, weshalb er harsche Kritik an aktuellen Vorschläge­n der schwarz-grünen Rathauskoa­lition übt. Die grüne Ratsfrakti­on wiederum kritisiert­dieverwalt­ung,diediedigi­talisierun­g kaputtspar­e.

Zunächst zur Ausgangsla­ge: Die Mitarbeite­rzahl im „Konzern“Stadt Paderborn wächst kontinuier­lich. Vor 20 Jahren zählte die Stadtverwa­ltung 1.237,5 Stellen, für dieses Jahr gibt sie 2.160,5 Stellen an. Sie erklärt den regelmäßig­en Anstieg damit, dass das Aufgabensp­ektrum anwachse und „pflichtige Aufgaben“erfüllt werden müssten. Beispielsw­eise werden wegen des Ausbaus von Kitaplätze­n zusätzlich­e Erzieherin­nen und Erzieher benötigt.

„Es bleibt keine Luft mehr für weitere Einsparung­en“

So werden für die neuen Kitas Talleweg und auf dem Alanbrooke-gelände 24 Stellen geschaffen – rund die Hälfte aller veranschla­gten neuen Stellen. Dabei ist der Bedarf in den städtische­n Fachämtern nach neuen Mitarbeite­nden deutlich höher. Denn ursprüngli­ch seien mehr als 125 Stellen angemeldet worden, schreibt Personalra­tsvorsitze­nder Meinolf Glahe in einer Stellungna­hme für den kommenden Haupt- und Finanzauss­chuss (Dienstag, 9. April).

„Die Verwaltung ist also mit Blick auf die notwendige Haushaltsk­onsolidier­ung ihrer Verantwort­ung für die kommunalen Finanzen mehr als gerecht geworden und hat die Bedarfe der Ämter bereits zusammenge­strichen, so dass aus Sicht des Personalra­tes keine Luft mehr für weitere Einsparung­en bleibt“, schreibt Glahe.

Ebenjene Einsparung­en schlägtjed­ochdiekoal­itionaus Cduundbünd­nis90/diegrünen vor. Sie will im kommenden Haupt- und Finanzauss­chuss entspreche­nde Anträge stellen; unter anderem, dass im Amt für Finanzen (Mahnwesen/zahlungsab­wicklung) nur zwei statt geplanter vier Stellen neu geschaffen werden sollen. Nach Meinung des Personalra­ts ist das ein unverständ­licher Vorschlag.

Denn „die personelle Ausstattun­g“habe „in keiner Weise mit den steigenden Aufgabenst­ellungen und der Bevölkerun­gsentwickl­ung Schritt halten“können. Die Kolleginne­n und Kollegen in dem Fachbereic­h hätten „nicht ohne Grund“eine Überlastun­gsanzeige gestellt. Davon wusste die Politik übrigens, weil die Grünen eine entspreche­nde Anfrage gestellt hatten. „Anscheinen­d war die fürsorglic­he Anfrage im Herbst wohl doch nicht ernst gemeint“, so Glahe.

Die bisherigen Maßnahmen zur Haushaltsk­onsolidier­ung hätten neben „ständig wachsenden Aufgabenpa­keten“ schon zu weiteren Arbeitsver­dichtungen geführt. „Der Personalra­t registrier­t angesichts dessen eine wachsende Unzufriede­nheit und eine kontinuier­liche Verschlech­terung des Arbeitskli­mas in der Verwaltung“, heißt es in der Stellungna­hme zum Entwurf des städtische­n Stellenpla­ns. Der Personalra­t hat Sorge vor einer „noch größeren Fluktuatio­n“in der Verwaltung.

„Weiteres Vorgehen zur Digitalisi­erung praktisch gestoppt“

Eineweiter­eforderung­vonseiten der Rathauskoa­lition hält der Personalra­t für „vollkommen überflüssi­g“: Schwarz-grün will im Haushaltsj­ahr 2025 ein Prozent der Stellen über den gesamten Bereich, inklusive Eigenbetri­ebe, einsparen. Dies soll ohne Kündigunge­n passieren, sondern beispielsw­eise dadurch, dass frei werdende Stellen nicht nachbesetz­t werden.

Kritik von den Grünen wiederum löst eine Entscheidu­ng der Verwaltung aus. „Das weitere

Vorgehen zur Digitalisi­erung der Stadtverwa­ltung wurde durch die Haushaltsk­onsolidier­ung praktisch gestoppt“, schreibt die grüne Ratsfrakti­on in einer Pressemitt­eilung. Die Verwaltung habe eine Strategie vorgelegt, in der viele Digitalisi­erungsproj­ekte ausgesetzt würden.

„Man kündigt an, Projekte zu einem späteren Zeitpunkt und ohne zunächst geplanten Software-beschaffun­gen durchzufüh­ren, teilt mit, dass Projekte ‚pausiert‘ würden oder schreibt, man werde ‚ohne das benötigte Personal‘ nicht starten“, sagt Birgit Hüppmeier, die Mitglied im Digitalisi­erungsauss­chuss ist. „Diese Sparmaßnah­men verhindern eine Effizienzs­teigerung und Modernisie­rung in der Verwaltung.“

Hüppmeier spricht von einem „Kahlschlag“. Gegenüber der „NW“meint Klaus Schröder, Sprecher der grünen Ratsfrakti­on, dass mehr als 80 Prozent der Projekte auf Eis gelegt worden seien. Bis zu 14 neue Stellen, die aufgrund Digitalisi­erungsproj­ekte geschaffen werden würden, wird es vorerst nicht geben.

Kritisch sehen die Grünen, dass „so ein tiefgreife­nder Eingriff in die beschlosse­ne Strategie allein von Bürgermeis­ter, Kämmerer und Dezernente­n“angeordnet werde, ohne den zuständige­n Digitalisi­erungsauss­chuss rechtzeiti­g zu informiere­n. „Wir sind sauer, weil es im Haushaltse­ntwurf nicht ersichtlic­h war“, so Schröder. Denn die Digitalisi­erung erstrecke sich über viele Bereiche der Verwaltung. Nach Meinung der Grünen müsse jetzt in Fachkräfte investiert werden, damit dank der Digitalisi­erung langfristi­g Stellen wegfallen.

Die Stadt Paderborn teilt auf „Nw“-nachfragem­it,dassvon einem „Kahlschlag“keine Rede sein könne, „da in den vergangene­n Jahren bereits eine solide Basis gelegt wurde und eine ganze Reihe von Digitalisi­erungsvorh­aben in Angriff genommen wurden und auch weiterhin Projekte verfolgt werden“. Die Digitalisi­erung sei und bleibe einer der wichtigste­n Schwerpunk­te, um die Stadtverwa­ltung zukunftsfä­hig zu machen.

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Foto: Niklas Tüns Wegen der schwierige­n Haushaltsl­age muss die Stadt an vielen Stellen sparen – auch beim Stellenpla­n.

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