Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung
Haushaltsknatsch an zwei Fronten
Der Personalrat der Stadtverwaltung kritisiert angesichts eines ohnehin verschlechterten Arbeitsklimas weitere Sparvorschläge der Rathauskoalition. Die Grünen wiederum befürchten einen Kahlschlag bei der Digitalisierung.
Paderborn. Der größte Posten im städtischen Haushalt sind die Personalkosten: Mehr als ein Viertel der Gesamtausgaben fließt in Löhne und Versorgungsansprüche – dieses Jahr voraussichtlich rund 170 Millionen Euro. Nicht verwunderlich also, dass auch in diesem Bereich Einsparoptionen gesucht werden, um die aktuelle Finanzmisere hinter sich zu lassen.
In der Folge kommt es nun an mehreren Fronten zum Knatsch. Der Personalrat sieht eine ohnehin schon angespannte Stimmung in der Belegschaft, weshalb er harsche Kritik an aktuellen Vorschlägen der schwarz-grünen Rathauskoalition übt. Die grüne Ratsfraktion wiederum kritisiertdieverwaltung,diediedigitalisierung kaputtspare.
Zunächst zur Ausgangslage: Die Mitarbeiterzahl im „Konzern“Stadt Paderborn wächst kontinuierlich. Vor 20 Jahren zählte die Stadtverwaltung 1.237,5 Stellen, für dieses Jahr gibt sie 2.160,5 Stellen an. Sie erklärt den regelmäßigen Anstieg damit, dass das Aufgabenspektrum anwachse und „pflichtige Aufgaben“erfüllt werden müssten. Beispielsweise werden wegen des Ausbaus von Kitaplätzen zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher benötigt.
„Es bleibt keine Luft mehr für weitere Einsparungen“
So werden für die neuen Kitas Talleweg und auf dem Alanbrooke-gelände 24 Stellen geschaffen – rund die Hälfte aller veranschlagten neuen Stellen. Dabei ist der Bedarf in den städtischen Fachämtern nach neuen Mitarbeitenden deutlich höher. Denn ursprünglich seien mehr als 125 Stellen angemeldet worden, schreibt Personalratsvorsitzender Meinolf Glahe in einer Stellungnahme für den kommenden Haupt- und Finanzausschuss (Dienstag, 9. April).
„Die Verwaltung ist also mit Blick auf die notwendige Haushaltskonsolidierung ihrer Verantwortung für die kommunalen Finanzen mehr als gerecht geworden und hat die Bedarfe der Ämter bereits zusammengestrichen, so dass aus Sicht des Personalrates keine Luft mehr für weitere Einsparungen bleibt“, schreibt Glahe.
Ebenjene Einsparungen schlägtjedochdiekoalitionaus Cduundbündnis90/diegrünen vor. Sie will im kommenden Haupt- und Finanzausschuss entsprechende Anträge stellen; unter anderem, dass im Amt für Finanzen (Mahnwesen/zahlungsabwicklung) nur zwei statt geplanter vier Stellen neu geschaffen werden sollen. Nach Meinung des Personalrats ist das ein unverständlicher Vorschlag.
Denn „die personelle Ausstattung“habe „in keiner Weise mit den steigenden Aufgabenstellungen und der Bevölkerungsentwicklung Schritt halten“können. Die Kolleginnen und Kollegen in dem Fachbereich hätten „nicht ohne Grund“eine Überlastungsanzeige gestellt. Davon wusste die Politik übrigens, weil die Grünen eine entsprechende Anfrage gestellt hatten. „Anscheinend war die fürsorgliche Anfrage im Herbst wohl doch nicht ernst gemeint“, so Glahe.
Die bisherigen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung hätten neben „ständig wachsenden Aufgabenpaketen“ schon zu weiteren Arbeitsverdichtungen geführt. „Der Personalrat registriert angesichts dessen eine wachsende Unzufriedenheit und eine kontinuierliche Verschlechterung des Arbeitsklimas in der Verwaltung“, heißt es in der Stellungnahme zum Entwurf des städtischen Stellenplans. Der Personalrat hat Sorge vor einer „noch größeren Fluktuation“in der Verwaltung.
„Weiteres Vorgehen zur Digitalisierung praktisch gestoppt“
Eineweitereforderungvonseiten der Rathauskoalition hält der Personalrat für „vollkommen überflüssig“: Schwarz-grün will im Haushaltsjahr 2025 ein Prozent der Stellen über den gesamten Bereich, inklusive Eigenbetriebe, einsparen. Dies soll ohne Kündigungen passieren, sondern beispielsweise dadurch, dass frei werdende Stellen nicht nachbesetzt werden.
Kritik von den Grünen wiederum löst eine Entscheidung der Verwaltung aus. „Das weitere
Vorgehen zur Digitalisierung der Stadtverwaltung wurde durch die Haushaltskonsolidierung praktisch gestoppt“, schreibt die grüne Ratsfraktion in einer Pressemitteilung. Die Verwaltung habe eine Strategie vorgelegt, in der viele Digitalisierungsprojekte ausgesetzt würden.
„Man kündigt an, Projekte zu einem späteren Zeitpunkt und ohne zunächst geplanten Software-beschaffungen durchzuführen, teilt mit, dass Projekte ‚pausiert‘ würden oder schreibt, man werde ‚ohne das benötigte Personal‘ nicht starten“, sagt Birgit Hüppmeier, die Mitglied im Digitalisierungsausschuss ist. „Diese Sparmaßnahmen verhindern eine Effizienzsteigerung und Modernisierung in der Verwaltung.“
Hüppmeier spricht von einem „Kahlschlag“. Gegenüber der „NW“meint Klaus Schröder, Sprecher der grünen Ratsfraktion, dass mehr als 80 Prozent der Projekte auf Eis gelegt worden seien. Bis zu 14 neue Stellen, die aufgrund Digitalisierungsprojekte geschaffen werden würden, wird es vorerst nicht geben.
Kritisch sehen die Grünen, dass „so ein tiefgreifender Eingriff in die beschlossene Strategie allein von Bürgermeister, Kämmerer und Dezernenten“angeordnet werde, ohne den zuständigen Digitalisierungsausschuss rechtzeitig zu informieren. „Wir sind sauer, weil es im Haushaltsentwurf nicht ersichtlich war“, so Schröder. Denn die Digitalisierung erstrecke sich über viele Bereiche der Verwaltung. Nach Meinung der Grünen müsse jetzt in Fachkräfte investiert werden, damit dank der Digitalisierung langfristig Stellen wegfallen.
Die Stadt Paderborn teilt auf „Nw“-nachfragemit,dassvon einem „Kahlschlag“keine Rede sein könne, „da in den vergangenen Jahren bereits eine solide Basis gelegt wurde und eine ganze Reihe von Digitalisierungsvorhaben in Angriff genommen wurden und auch weiterhin Projekte verfolgt werden“. Die Digitalisierung sei und bleibe einer der wichtigsten Schwerpunkte, um die Stadtverwaltung zukunftsfähig zu machen.